Kampagne beendet: Republikaner Steve Scalise Foto: dpa/Jose Luis Magana

Trotz globaler Krisen und einem drohenden Regierungsstillstand in den USA schaffen es die Republikaner nicht, einen Speaker zu wählen.

Der Texaner Michael McCaul gehört zu einer aussterbenden Art von Konservativen in den USA. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus hat einen Blick, der über den Tellerrand der MAGA-Welt (für „Make Amerika Great Again“) Donald Trumps und seiner Gefolgsleute hinausreicht. Ein Realist, der es für nötig hielt, seiner tief zerstrittenen Fraktion nach dem jüngsten Scheitern der Kür Steve Scalise zum Speaker die Leviten zu lesen. „Wir leben in einer gefährlichen Welt“, erinnerte er an die Kriege in Israel und der Ukraine. Er sehe eine Menge Gefahren. „Eine der größten Gefahren ist in diesem Raum, weil wir uns als Fraktion nicht einigen können, einen Speaker zu wählen.“

Der letzte Anlauf dazu war binnen 24 Stunden gescheitert. Der erzkonservative Mehrheitsführer Scalise hatte sich am Mittwoch in einer internen Abstimmung knapp gegen den von Trump unterstützten Gründer des rechtsradikalen „Freedom Caucus“, Jim Jordan, durchgesetzt. Bei dem Versuch, anschließend 218 Stimmen für die Bestätigung im Plenum des Repräsentantenhauses zu bekommen, scheiterte Scalise an internen Widerständen. Entnervt zog er seine Kandidatur am Donnerstag zurück. Es gebe Leute, die ihre eigene Agenda verfolgten, beklagte Scalise die mangelnde Unterstützung. „Unsere Fraktion muss zum Wohl des Landes zusammenfinden.“ Als die Republikaner am Freitagmorgen zusammenkamen, sah wenig danach aus. Jordan hielt zwar an seiner Kandidatur fest, steht nun aber vor demselben arithmetischen Problem. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse von 221 zu 212 kann sich ein Bewerber nicht mehr als eine Handvoll Abweichler leisten.

Mehr Vollmachten für amtierenden McHenry?

Auf der Suche nach einem Kompromiss-Kandidaten belebte der Abgeordnete Troy Nehls die Fantasie wieder, Trump selbst zum Speaker zu machen. Andere brachten „Whip“ Tom Emmer, den ehemaligen Besitzer mehrerer McDonald-Filialen, Kevin Hern, oder den amtierenden Speaker Patrick McHenry ins Spiel. Der Fliegenträger erklärte dazu unterkühlt: „Ich überlasse das dem Willen der Fraktion“.

Bleiben noch zwei andere Szenarien. Eine Gruppe von Abgeordneten prüft mit dem für die Interpretation der Geschäftsordnung zuständigen „Parlamentarian“, ob der Kongress McHenry für begrenzte Zeit mehr Vollmachten erteilen könnte, als über die Speaker-Wahl zu präsidieren. Das machte es möglich, Israel-Hilfe und einen Nachtragshaushalt zu beschließen, der Mitte des Monats einen Stillstand der Regierung verhinderte.

Tom Cole im Gespräch

Die andere Variante wäre die Wahl eines moderaten Republikaners, der für inhaltliche Zugeständnisse an die Demokraten mit deren Stimmen installiert werden könnte. Im Gespräch ist der Chef des „House Rule“-Komitees, Tom Cole. Minderheitsführer Hakeem Jeffries rechnet nicht mit einem ernsthaften Anlauf, bevor die Republikaner mit allen anderen Versuchen gescheitert seien.

Damit drohen dem Kongress weitere Tage, vielleicht Wochen, an Chaos. „Diese Lähmung ist nicht bloß eine Unannehmlichkeit“, kommentiert der Demokrat Mike Quigley die derzeitige Lage. „Es macht unsere Nation verwundbar. Es zeigt der Welt – Verbündeten und Feinden –, dass wir nicht regieren können.“