Die leere Königstraße in Stuttgart in der Silvesternacht. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Der Start in 2021 ist friedlich gewesen: Mit Verstößen gegen Ausgangsbeschränkung oder Böllerverbot hatte die Stuttgart Polizei in Silvesternacht kaum zu tun; aber mit Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen.

Stuttgart - Sein Gesang ist deutlich zu hören! „Ein Vogel – und das um ein Uhr nachts auf dem Stuttgarter Schlossplatz!“, freut sich Monika Ackermann, Sprecherin des Polizeipräsidiums Stuttgart. Dort, vor Königsbau, Neuem und Altem Schloss sei es komplett leer. „So etwas hatten wir noch nie – wenn man nicht auf den Kalender schauen würde, man wüsste nicht, dass Silvester ist. An den Beginn des Jahres 2021 werden wir uns lange erinnern.“

Fünf Demos in der Stadt

Wo sonst mitunter schon spätnachmittags geböllert wurde, war es ruhig. Ob Königstraße, Theodor-Heuss, Marktplatz oder andere Wege und Plätze der Innenstadt: Leere. Polizistinnen und Polizisten patrouillierten in Bussen und zu Fuß, um die Ausgangssperre zwischen 20 Uhr und fünf Uhr früh sowie das Feuerwerks- und Alkoholverbot in der Öffentlichkeit zu kontrollieren.

Fazit: Kaum Fußgänger seien im gesamten Stadtgebiet unterwegs gewesen, nur sporadisch habe man an Kontrollstellen Fahrzeuge angehalten, lediglich vereinzelt Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkung aufgenommen, so Ackermann. Das Gros der Stuttgarter habe sich an die coronabedingten Regeln gehalten. Gegen 1.30 Uhr seien die Einsatzmaßnahmen reduziert und an die Revierkräfte übergeben worden. Zusätzlich zu diesen waren in der Silvesternacht rund 500 Beamtinnen und Beamten im Einsatz.

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Die beschäftigten sich mit – für diesen Tag – Unüblichem. „Früher war es eine Party- und Alkohollage, nun hatten wir eine Lage mit Demonstration“, hieß es. Insgesamt fünf fanden verteilt über den Tag bis in die Nacht statt – gegen die Corona-Politik der Bundes- und Landesregierung, etwa für „ein Silvester ohne Corona-Maßnahmen“ und „die sterbende Gastronomie“.

Polizei löste den Aufzug auf

Die erste begann um 16 Uhr auf dem Cannstatter Wilhelmsplatz, die letzte endete 00.25 Uhr auf dem Karlsplatz. Dort – und zuvor am Charlottenplatz – gab es Zwischenfälle: Die Polizei löste den Aufzug respektive die Versammlung auf, weil einige der etwa 100 Teilnehmenden gegen Vorgaben verstießen. Der Mindestabend von 1,5 Metern wurde unterschritten, der dann – von der Versammlungsbehörde Stuttgart zusätzlich angeordneten – Auflage, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, nicht nachgekommen. Auf dem Karlsplatz schaukelte sich die Stimmung etwas auf, als gegen 23.45 Uhr eine 55-Jährige ohne Mund-Nasen-Schutz sich weigerte, ihre Personalien anzugeben. Gegen sie wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.

Erlaubt waren die Demonstrationen in der Stuttgarter Innenstadt, weil gemäß Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg derartige Versammlungen einen „triftigen Grund“ für eine Ausnahme von der nächtlichen Ausgangsbeschränkung darstellten, hieß es bei der Stadt.

Feuerwerkskörper im öffentlichen Raum verboten

Zurück zum Böllerverbot: Zwar waren um Mitternacht von den Hügeln um den Stuttgarter Kessel Knaller zu hören, ein paar Raketen flitzten in den Himmel, aber es war nur ein kleines, kurzes Spektakel. „Wir gehen davon aus, dass das Bestände waren und in privatem Raum losgelassen wurden“, so Ackermann. Waren Feuerwerkskörper im öffentlichen Raum verboten, durften jene vom Vorjahr auf Terrasse, Balkon, Vorgarten oder dem Gartenanteil am Wohnhaus gezündet werden.

Dass dort mehr geböllert werden würde, hatte man daher etwa beim Bund für Umwelt und Naturschutz oder der Feuerwehr befürchtet. Doch gemäß Integrierter Leitstelle (ILS) der Feuerwehr Stuttgart und des Deutschen Roten Kreuzes sei das Jahr 2020 „mit einem außergewöhnlichen ruhigen Silvester zu Ende gegangen“. Weder beim Rettungsdienst noch der Feuerwehr gab es besondere Vorkommnisse. Letztere hatte in 24 Stunden insgesamt 15 Einsätze, „an Silvester selbst wurde nur eine brennende Hecke gemeldet“ und durch die alarmierten Kräfte gelöscht.

In Möhringen wurde „ziemlich geballert“

Gemächlichkeit bestimmte en gros die Höhenlagen, wo sich sonst an Silvester lange vor Mitternacht Menschen mit Raketen, Wunderkerzen und Sekt in Stellung bringen. Eugensplatz: Mann mit Hund. Haussmannstraße: vereinsamt. Auf der Karlshöhe im Stuttgarter Süden genossen wenige Jugendliche die feinstaubfreie Aussicht, auf dem Haigst blickte ein Pärchen versonnen in klare Ferne. Auch Polizeisprecherin Ackermann bestätigte, im Präsidium auf dem Pragsattel habe man das Stadtgebiet bestens gesehen. „Sonst versinkt es in kürzester Zeit in Nebelschwaden durch das Feuerwerk.“

Und in den äußeren Bezirken? Aus Möhringen meldeten Anwohner an die Redaktion, dass um 19 Uhr herum „ziemlich geballert“ worden sei, auch ab 23.55 Uhr bis etwa kurz vor ein Uhr. Im Fasanenhof und im Hallschlag wiederum erleuchteten vor allem blinkende Balkon-LEDs oder Lichtorgeln aus Privatfenstern die Nacht, auf den Straßen beziehungsweise Plätzen waren keine Reste von Feuerwerkskörpern auszumachen – wie ein Neujahrsgeschenk für die Beschäftigten der Abfallwirtschaft.