Der Hochbunker im Kirschenweg wird wohl auch weiterhin nur als Lager genutzt. Foto: Elke Hauptmann

Wie der nicht mehr für den Zivilschutz benötigte Hochbunker im Kirschenweg genutzt werden könnte, darüber wurde schon mehrfach diskutiert. Den Vorschlag der SPD-Gemeinderatsfraktion, ihn als Probenraum an Musiker zu vermieten, lehnt die Stadt ab.

Wangen - Dicke Mauern aus massivem Stahlbeton, eine fensterlose, zum Großteil mit Gestrüpp zugewucherte Fassade, zwei schwere Eingangstüren: Der Hochbunker im Kirschenweg gleicht einer im Dornröschenschlaf schlummernden Trutzburg. Wie das aus dem Zweiten Weltkrieg stammende Bauwerk in Friedenszeiten genutzt werden könnte, darüber wurde schon mehrfach diskutiert. Doch keine Idee ließ sich bislang umsetzen.

Auch dem jüngsten Vorschlag der SPD-Gemeinderatsfraktion, nicht mehr für den Zivilschutz benötigte Bunker wie dem in Wangen Musikern als Proberäume zur Verfügung zu stellen, erteilt die Stadtverwaltung eine Abfuhr. Denn für eine kulturelle oder sonstige Nutzung „müssten umfangreiche Umbauarbeiten vorgenommen werden“, erläutert Oberbürgermeister Fritz Kuhn in seiner Stellungnahme. Und das wäre eine ziemlich teure Angelegenheit: „Nach unserer Einschätzung würden die Kosten je Bauwerk bei mindestens 200 000 Euro liegen.“

Ideale Probenräume

Die Sozialdemokraten wollten mit ihrem Antrag die hiesige Kulturszene unterstützen. Gerade für junge Musikerinnen und Musiker sei es in Stuttgart „nahezu unmöglich einen gut angebundenen Ort zu finden, an dem man einerseits, ohne andere zu stören, auch abends laut Musik machen darf, der andererseits aber auch bezahlbar ist“, heißt es darin. Gerade die Bunker wären „nicht zuletzt auf Grund der Lärmproblematik und ihrer häufig zentralen Lage bestens als Bandproberäume geeignet“. Die Stadtverwaltung solle daher prüfen, welche der Anlagen für eine solche Nutzung geeignet seien.

Ohne Fluchtweg geht nichts

Kuhns Antwort fällt deutlich aus: „Im jetzigen Zustand kann kein weiterer Bunker zur vorgesehenen Nutzung herangezogen werden.“ Für eine Nutzung als „Kultur-Bunker“ kämen nur Objekte infrage, „bei denen die Möglichkeit der Herstellung eines zweiten Fluchtwegs besteht und die auch gefahrlos betreten werden können.“ Die dafür erforderlichen Baumaßnahmen würden in der Regel die Erneuerung oder Herstellung der Wasser-, Elektro- und Lüftungsinstallationen, Fluchtwegebeschilderung, den Einbau von Brandschutztüren sowie die Herstellung eines zweiten Rettungsweges umfassen. „Weitere Maßnahmen nach Vorgaben des Baurechtsamtes könnten dazukommen“ – zum Beispiel Notbeleuchtung, Ersatzstromversorgung, Rauchmelde- und Entrauchungsanlage. Die Bauwerke müssten jeweils einzeln auf ihre Eignung untersucht werden. „Hierfür sind aber weder Finanzmittel noch personelle Kapazitäten vorhanden.“ Übrigens auch nicht für ein Belegungsmanagement, fügt Kuhn hinzu.

Nur 6 von 22 Bunkern geeignet

In der Verwaltung des Liegenschaftsamts und im Alleineigentum der Stadt Stuttgart befinden sich derzeit 22 Schutzbauwerke, informiert der OB. Für sechs Bunker liege ein Duldungsbescheid des Baurechtsamts vor, welcher die Freigabe als Proberäume für Musiker enthalte und die entsprechend vermietet seien. Die restlichen Bauwerke hingegen seien für diesen Zweck nicht geeignet. Für zwei von ihnen – die Tiefbunker unter dem Untertürkheimer Karl-Benz-Platz und unter dem Wilhelmsplatz in der Stuttgarter City – seien keinerlei Nutzungen möglich. Die anderen Objekte würden sich laut Kuhn allenfalls als Standort für Werbe- oder Mobilfunkanlagen oder als Lagerräume eignen – so wie der Hochbunker im Kirschenweg.

Aktenlager der Stadt

Erbaut wurde er 1941/42. Mit 206 Quadratmeter Grundfläche war das Bauwerk für 1575 Personen ausgelegt, die sich auf insgesamt fünf Geschosse verteilten. Es gab einen Wasseranschluss, elektrischen Strom, eine Lüftungsanlage, Waschtröge und Toiletten. Auch nach Kriegsende blieb der Bunker Schutzraum für den Ernstfall. Noch Anfang der 1990er-Jahre wurde er für diesen Zweck instandgesetzt. Doch die Zivilschutzbindung lief vor einigen Jahren aus, seither wird das Bauwerk nicht mehr benötigt. Ganz leer steht es dennoch nicht: Es wird als Altaktenlager der Stadt Stuttgart genutzt. Ein Verkauf dieser besonderen Immobilie ist derzeit nicht angedacht.