Der Küstentempel im indischen Mahabalipuram – Fernreisen sind gefragt. Foto: obs/Tamil Nadu Tourism

Gestiegene Preise hin oder her: Die Deutschen geben mehr denn je für Urlaub aus. Die führende Fachmesse ITB Berlin soll die Geschäfte weiter ankurbeln.

Krisen, Konjunkturflaute und Kaufkrafteinbußen, davon lassen sich viele Deutsche den Urlaub offenbar nicht vermiesen. Jetzt erst recht, so scheint das Motto zu lauten. 2023 gaben die Bundesbürger fürs Reisen so viel aus wie nie zuvor, nicht zuletzt wegen teils drastisch höherer Preise für Flüge und Hotels. Auch für die neue Saison rechnet die Branche vor dem Start der führenden Fachmesse ITB Berlin mit guten Geschäften.

Reisepreise sollen nur moderat steigen

Der Deutsche Reiseverband erwartet in diesem Touristikjahr bei Urlaubs- und Privatreisen ab mindestens einer Übernachtung rund vier Prozent Umsatzwachstum. Demnach könnten für Reiseleistungen, die vor Urlaubsantritt gebucht werden, insgesamt 78 Milliarden Euro ausgeben werden. Diese Zahlen umfassen Pauschalreisen von Reiseveranstaltern und individuell zusammengestellten Urlaub.

„Wir sind sehr optimistisch für das laufende Jahr“, betont der Präsident des Deutschen Reiseverbands, Norbert Fiebig. Die Urlaubslaune sei groß und viele Kunden buchten wieder besonders früh. Zwar liege die Zahl der Reisenden noch unter dem Niveau vor Corona. Aber die Nachfrage steige: „Experten sind sich sicher, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht auf aufs Reisen verzichten will und wird.“ Der Branche sei wichtig, dass Urlaub auch für Durchschnittsverdiener mit Familie bezahlbar bleibe. Für dieses Jahr rechne man „wenn überhaupt nur mit moderaten Preiserhöhungen“.

73 Prozent haben feste Urlaubspläne

Der Optimismus wird von der repräsentativen Reiseanalyse gestützt, für die 13 000 Befragungen durchgeführt wurden. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) durchleuchtet seit mehr als 50 Jahren den Markt und sieht „gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Tourismusjahr 2024“. Falls das Geld knapp sei, werde eher anderswo gespart als beim Urlaub. Mindestens eine lange Reise gehöre für die Meisten einfach dazu, so die Forscher. Nur sehr wenige verzichteten am Ende aus finanziellen Gründen darauf. Trotz der trüberen wirtschaftlichen Aussichten planen demnach 73 Prozent der Bevölkerung, in diesem Jahr zu verreisen. Bei 41 Prozent steht auch das Ziel schon fest. „Das sind mehr als vor einem Jahr und ähnliche Werte wie in den Jahren vor Corona“, so die Forscher. Die Analyse untersucht vor allem Urlaubsreisen ab fünf Tagen Dauer. 2023 waren demnach 54,6 Millionen Touristen mindestens einmal länger unterwegs und ihre Gesamtausgaben erreichten den neuen Spitzenwert von fast 87 Milliarden Euro. Weitere 27 Milliarden wurden für 74 Millionen Kurzurlaubsreisen ausgegeben.

Flug- und Autoreisen werden bevorzugt

Viele verwirklichten Pläne, die während Corona vertagt werden mussten und blieben länger. Die Reisedauer stieg von im Schnitt 12,4 auf 13,1 Tage. 78 Prozent der insgesamt 65 Millionen längeren Reisen führten ins Ausland, bevorzugt nach Spanien, Italien, in die Türkei sowie nach Kroatien und Griechenland. Oder noch weiter: „Der Marktanteil der Fernreisen lag bei rekordverdächtigen neun Prozent“, so die Analyse.

Vor allem längere und weitere Reisen werden häufig pauschal oder als Bausteine bei Veranstaltern gebucht, dieser Anteil stieg von 43 auf 48 Prozent. Mit 51 Prozent wird inzwischen die Mehrheit der Reisen online gekauft, 37 Prozent im persönlichen Kontakt zumeist im Reisebüro. Für fast 47 Prozent der längeren Urlaubsreisen stiegen die Deutschen in den Flieger und für weitere 41 Prozent ins Auto. Fünf Prozent nutzten den Bus, der Anteil der Bahnreisen sank von 5,5 auf nur noch 4,7 Prozent.

Heimische Ferienregionen verlieren

Die gute Nachricht für heimische Ferienregionen: Deutschland bleibt mit 22 Prozent der längeren Urlaubsreisen weiter beliebtestes Ziel der Bundesbürger. Allerdings verlor das Inland deutlich an Interesse, nachdem während der Pandemie die deutschen Urlaubsgebiete einen Ansturm erlebt hatten. 14,3 Millionen Reisen führten nach Bayern, Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern. 2022 konnten sich hiesige Gastgeber noch über 3,5 Millionen und im Corona-Jahr 2020 sogar über 8,5 Millionen mehr Reisen freuen.

Der Reisekonzern TUI verzeichnet bisher nach eigenen Angaben ein starkes Frühbuchergeschäft. Die Vorausbuchungen für den Sommer 2024 seien „deutlich im Plus“, betont Stefan Baumert, Chef von TUI Deutschland. Die Reiselust sei ungebrochen und Urlaub stehe beim Konsum „ganz oben auf der Liste“. Dabei bleibe die Pauschalreise die beliebteste Reiseform.

TUI: Hohe Nachfrage für Mallorca

„Sonne, Strand und Meer stehen unangefochten ganz oben auf der Wunschliste“, sagt Baumert. Mallorca habe bei den Buchungen einen hervorragenden Start hingelegt, Griechenland sei auf Rekordniveau und die Türkei nehme an Fahrt auf. „Insgesamt normalisieren sich die Preise in diesem Jahr“, ergänzt der Manager. „Wer nicht mehr ausgeben will als 2023, findet auf jeden Fall etwas.“ Zumindest beim Urlaub auf Mallorca, der sich nach Corona deutlich verteuert hat, sollen die Preise nicht noch weiter anziehen.

ITB

Führend
Die Internationale Tourismus-Börse in Berlin gilt als führende Reisemesse weltweit und findet seit 1966 statt. Auf der ITB Berlin 2023 stellten 5500 Aussteller aus 161 Ländern ihre Produkte und Dienstleistungen vor, es kamen rund 90 000 Besucher.

Geschrumpft
Während der Corona-Jahre fiel die Veranstaltung aus. Die ITB ist inzwischen zur dreitägigen Fachmesse geschrumpft, zuvor gab es auch beliebte Publikumstage und zu Spitzenzeiten nahmen mehr als 11 000 Aussteller teil. wüp