Phillip Ozimek ist Sozialpsychologe an der Ruhr-Universität Bochum. Foto: FH Münster

Influencer sind aus dem Alltag vieler nicht mehr wegzudenken. Ihr Einfluss, vor allem auf Kinder und Jugendliche, ist groß. Das bringt Chancen und Risiken mit sich, erklärt ein Experte und gibt Tipps, wie ein positiver Umgang mit den Meinungsführern gelingt.

Phillip Ozimek ist Sozialpsychologe an der Ruhr-Universität Bochum und spricht im Interview über die Chancen und Risiken, die sich durch Influencer – auch Content Creator genannt – für Kinder und Jugendliche ergeben. Außerdem gibt er Tipps, wie ein positiver Umgang mit den digitalen Meinungsführern und dem, wofür sie stehen und was sie vermitteln, gelingt.

Influencer spielen im Leben von Kindern und Jugendlichen eine große Rolle. Welchen positiven Einfluss können die digitalen Meinungsführer auf sie haben?

Für viele sind Influencer Idole und Vorbilder, denen nachgeeifert wird. Das kann positiv sein, etwa wenn Heranwachsende einem Fitness-Influencer folgen und deswegen ins Fitnessstudio gehen oder sich in einem Sportverein anmelden. Auch zeigen Studien, dass viele junge Menschen Nachrichten nicht mehr über Printmedien konsumieren, sondern hauptsächlich über soziale Medien. Heißt, wenn man diese Zielgruppe erreichen will, dann hier. Etwa Wissenschafts-Influencer wie Mai Thi Nguyen-Kim machen sich das zunutze. So können Kinder und Jugendliche noch viel lernen – eben, weil Influencer sie in ihrer Lebenswelt abholen.

Welche negativen Einflüsse können Influencer auf Kinder und Jugendliche haben?

Der Vorteil ist gleichzeitig auch das Problem. Denn, egal um welches Thema es sich dreht, Heranwachsende lassen sich von Influencern leicht beeinflussen. Ein Beispiel: Eine Zwölfjährige folgt einer Beauty-Influencerin, nimmt sie als Vorbild. Dadurch kann sie ein falsches Körperbild davon vermittelt bekommen, wie man aussehen oder sich schminken muss. Ähnlich ist es bei Fitness-Influencern. Da wird vorgelebt wird, wie ein fitter Körper aussieht, was man essen muss und, dass in jedes selbstgemachte Essen Proteinpulver gehört. Das ist die Lebenswelt, die Influencer auch vorleben. Die Gefahr: Kinder und Jugendliche können das als Realität ansehen.

Aber ist das nicht bei anderen Prominenten auch so, die man als Vorbild ansieht?

Ja, aber wenn Menschen vor 30 Jahren Vorbilder hatten, dann waren das etwa Filmstars, Musiker, Sportler. Da wussten wir: Diese Personen sind weit von uns weg. So wie die leben, leben wir nicht. Man hat Kindern beigebracht, dass Werbung, die im Fernsehen läuft, nur dafür ist, damit man Produkte kauft. Influencer aber wirken nah, so als wären sie echte Freunde. Sie nehmen die Follower ja quasi mit in ihre private Lebenswelt. So haben diese das Gefühl, dass das, was sie vermitteln und vorleben, dem wahren Leben entspringt. Obwohl das nicht der Wahrheit entspricht, glauben viele den Influencern aber – und so dann auch, wenn diese etwa Produkte bewerben.

Wie können Heranwachsende einen positiven Umgang mit Influencern entwickeln?

Mein Ratschlag: Eltern müssen den Medienkonsum begleiten. Welche Inhalte konsumiert mein Kind auf Instagram? Wer sind diese Influencer? Wofür stehen sie? Und das erklären, bestenfalls mit Beispielen. Man könnte also darstellen, warum der Influencer von einem Rabattcode spricht. Das macht er ja, weil er dadurch wieder selbst Geld verdient. Auch ist es hilfreich, Werbung im Fernsehen und im Internet zu vergleichen und zu zeigen, dass das letztlich dasselbe ist.

Und was können Kinder und Jugendlichen selbst tun?

Vor allem als Jugendlicher kann man die Influencer hinterfragen, denen man folgt. Ich interessiere mich für einen Fitness-Riegel, der beworben wird? Dann recherchiere ich selbst. Ist der so gut, wie der Influencer sagt? Ist er nicht zu teuer? Das gleiche gilt für Körper- und Schönheitsideale, die vermittelt werden. Da sollte man sich bewusst machen: So wie der Influencer sich darstellt, das ist nicht sein Privatleben, sondern sein Job. Wir wissen also nicht, wie er sich privat verhält und wie viel vom Gezeigten echt ist.

In Umfragen äußern viele junge Menschen den Berufswunsch Influencer. Was halten Sie davon?

Ich finde das schlimm. Denn man bekommt aufgrund der Influencer, das Gefühl, es sei ganz leicht, mit wenig Einsatz viel Geld zu verdienen. Man muss nur sein Leben filmen, das war’s. Oft übersieht man aber, dass nur ein geringer Anteil der Influencer tatsächlich genug Geld verdient, um davon zu leben. Außerdem vergessen viele: Das ist oft ein Vollzeitjob, der kaum Raum für ein Privatleben lässt.

Zur Person

Beruf
Dr. Phillip Ozimek ist Sozialpsychologe und arbeitet an der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum.

Forschung
Er forscht zu den Auswirkungen der Nutzung von sozialen Medien auf die psychische Gesundheit.