Die Dresden-Ultras sind für Provokationen bekannt. Foto: IMAGO/Picture Point/IMAGO/Sven Sonntag

Protest aus den Kurven ist im deutschen Profifußball derzeit gang und gäbe. Drittligist Dynamo Dresden muss nun wegen einer Aktion seiner Fans mit einer Strafe rechnen. Das Plakat, um das es geht, hat eine Vorgeschichte.

Die Partien im deutschen Profifußball können derzeit auch mal etwas länger dauern. Die Partie des VfB Stuttgart vom vergangenen Wochenende beim SC Freiburg wurde erst in der 100. Minute abgepfiffen, dabei war schon in der ersten Halbzeit zehn Minuten länger gespielt worden. Das Zweitligaspiel zwischen Hertha BSC und dem Hamburger Sportverein war eine halb Stunde unterbrochen – weil aus der Ostkurve ein Regen aus Tennisbällen auf den Rasen niederging. Auslöser waren in beiden Fällen Ultragruppen, die ihrem Ärger Luft machen.

Stein des Anstoßes für den Ärger, der seit Wochen unmissverständlich und stimmgewaltig, aber auch anders – mal in Form von güldenen Schokotalern, oder mal als Flummis – aus den Kurven auf das Feld schwappt, ist die Entscheidung der Deutschen Fußball-Liga (DFL), sich einen Investor ins Boot zu holen. Das allein hätte vermutlich gereicht, den Zorn der organisierten Fanszenen und Traditionalisten zu entfachen. Dabei ist noch gar nicht klar, wie das Engagement eines Investors aussehen wird – und was das für die Liga letztlich bedeuten würde.

Ähnliches Plakat schon in Leverkusen

Die Kurven in ganz Deutschland – die sich sonst teils spinnefeind sind – sind sich jedenfalls einig: Der deutsche Profifußball braucht kein Geld von Unternehmen oder Personen, denen es nicht allein um den Fußball geht. Dabei richtet sich die Wut derer, die die Kommerzialisierung ächten, schon länger gegen die Entscheider. Nicht nur bei der DFL, sondern auch beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Beispielsweise ist der Videobeweis seit Längerem in der Kritik.

Im Zuge der Proteste sind nun einige Fans über das Ziel hinaus geschossen und haben Ansichten kundgetan, die überhaupt nichts mit dem Fußball zu tun haben. Fans von Dynamo Dresden zeigten am Wochenende ein Plakat, das sich nicht nur gegen die Entscheider beim DFB und DFL, sondern auch gegen Trans-Menschen richtet. Während der Drittliga-Partie in Ingolstadt (1:2) hielten sie ein Banner hoch, auf dem zu lesen war: „Es gibt nur einen lächerlichen DFB..... und zwei Geschlechter!“

Das Banner hat eine Geschichte: Bereits Ende November war ein ähnlich lautender Schriftzug im Block der Fans von Bayer Leverkusen beim Auswärtsspiel in Bremen zu sehen gewesen („Es gibt viele Musikrichtungen, aber nur zwei Geschlechter.“) Die Aktion der Dresdner kann als Retourkutsche für den DFB verstanden werden.

Die Reaktionen auf die Provokation in Leverkusen hatte nämlich nicht lange auf sich warten lassen. „Diese Aktion war geschmacklos und falsch und sie hat nichts mit Werten wie Offenheit und Toleranz zu tun, für die Bayer 04 als Organisation steht“, sagte der Leverkusener Geschäftsführer Fernando Carro. Der Club bekam vom DFB wegen „eines diskriminierenden unsportlichen Verhaltens“ 18 000 Euro Strafe aufgebrummt; das Plakat wurde als „queerfeindlich“ gewertet. 6000 Euro davon darf dürfen die Leverkusener für „präventive Maßnahmen gegen Diskriminierung verwenden“.

Nicht der erste Vorfall dieser Art

Auch für die Dresdner dürfte das Plakat ein Nachspiel haben. Zumal es der Fancharta des Vereins widerspricht, an der auch Teile der Anhängerschaft mitgewirkt haben. Darin heißt es: „Der Verein SG Dynamo Dresden und die Fans stehen aktiv gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung (aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, religiöser und sexueller Orientierungen sowie körperlicher und geistiger Beeinträchtigung) innerhalb und außerhalb des Stadions ein.“

Im Übrigen ist es nicht das erste Mal, dass die Dynamo-Fans sich offen gegen die LGBTQ-Community stellen. Im März vergangenen Jahres war beim Spiel gegen Erzgebirge Aue im K-Block ein Schmähplakat aufgetaucht. Der Verein entschuldigte sich hinterher. „Im Namen der SG Dynamo Dresden entschuldige ich mich aus tiefstem Herzen bei der LGBTQ-Gemeinde und allen Dynamo-Fans, welche die Grundsätze und Werte unseres Vereins respektieren und sowohl in als auch außerhalb von Fußballstadien leben“, erklärte Geschäftsführer Jürgen Wehlen.