Maike Becker, die beim VfB Obertürkheim II auf der Sechs spielt, engagiert sich gemeinsam mit vier Freunden in Stuttgart für das Projekt „Hey ALTER!“. Foto: /z

Maike Becker, Spielerin des VfB Obertürkheim, hat ein bundesweites Projekt in Stuttgart initiiert.

Obertürkheim - Dass Bücherlesen bildet, ist hinlänglich bekannt. Dass sie jedoch auch für viel Arbeit sorgen können, wohl eher nicht. Der Spiegel-Bestseller „Das neue Land“ von Verena Pausder hat jedoch indirekt dafür gesorgt, dass Maike Becker und vier Freunde – Kristina Stumpf, Hannah Herzig, Philip Lindheimer, und Mike Fischer – allerhand zu tun haben.

In eben diesem Buch, das die Spielerin des VfB Obertürkheim im Oktober gelesen hat, wurde die Braunschweiger Initiative „Hey ALTER! – Alte Rechner für junge Leute“ erwähnt. Der Gedanke dahinter ist, dass Ehrenamtliche ausrangierte Computer von Unternehmen, Institutionen und privaten Haushalten sammeln, aufarbeiten und sie schließlich an bedürftige Schülerinnen und Schüler verteilen. Ziel ist es, die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen zu fördern, denn ohne internetfähige Geräte können sie in Zeiten von Corona nicht oder nur eingeschränkt am „Homeschooling“ teilnehmen. „Nur wenn digitale Bildung allen ermöglicht wird, kann eine soziale Annäherung gelingen.”

Das Projekt schlug bundesweit hohe Wellen, wurde unter anderem mit dem „Niedersachsenpreis für Bürgerengagement“ ausgezeichnet, außerdem schlossen sich in anderen deutschen Städten etliche Freiwillige an – auch Maike Becker gehört dazu. „Ich bin aus reiner Neugier mal auf die Internetseite von ‚Hey Alter’ gegangen und habe gesehen, dass die Stadt Stuttgart noch nicht vertreten ist.“ Ohne lange zu zögern, habe sie auf den Button „Initiative starten“ geklickt. „Das ist wirklich vollkommen unkompliziert und total gut gemacht“, sagt die 28-Jährige, die kurz nach ihrer Anmeldung in Kontakt mit den Gründern der Initiative, Martin Brettschneider und Moritz Tetzlaff, kam. „Sie sind super motiviert, das steckt richtig an.“ Schnell sei ihr klar gewesen, dass sie auch zum Team gehören wolle.

Datenschutz wichtig

Maike Becker, die an der Universität Hohenheim BWL und VWL studiert hat und derzeit Doktorandin am Lehrstuhl für Innovationsmanagement ist, suchte in ihrem Umfeld nach Verbündeten und wurde schnell fündig. Seit November sind die fünf Freude quasi täglich im Einsatz, bringen im Schnitt rund eineinhalb Stunden am Tag Festrechner und Notebooks auf Vordermann. Mit einmal Drüberwischen und den Staub aus den Tastaturen saugen, ist es nämlich bei Weitem nicht getan. Um dem Datenschutz – vor allem Firmen stellen hier hohe Ansprüche – gerecht zu werden, müssen zunächst die Festplatten „genullt“, also alle Inhalte irreversibel gelöscht werden. Anschließend muss ein Betriebssystem aufgespielt werden. „Wir benutzen das linuxbasierte Ubuntu, weil es kostenlos und anwenderfreundlich ist“, sagt Maike Becker. Darüber hinaus werden noch ein Internetbrowser und eine lizenzfreie Office-Alternative installiert.

Bislang kein Elektroschrott

Bundesweit hat die Initiative rund 1500 Spenden gesammelt. Auch bei der Stuttgarter Gruppe trudeln nach und nach immer mehr Rechner und Zubehör wie Tastaturen und Mäuse ein. Der Großteil komme derzeit noch von Privatpersonen. „Unternehmen haben oft Leasingverträge, geben die Geräte nach einer gewissen Zeit wieder zurück.“ Doch auch hier sei man dran. „In Stuttgart und Umgebung sitzen so viele große Konzerne, die circa alle fünf Jahre ihre Geräte austauschen.“ Das müsse man doch eigentlich nutzen können, um gleich mehrere Spenden zu generieren. Erfreulich sei, dass bislang kein Elektroschrott bei ihnen abgegeben wurde. „Es ist egal, wenn ein Notebook nicht mehr das schnellste ist, funktionieren sollte es aber noch.“

Bislang hat die Stuttgarter Gruppe noch keine Laptops weitergegeben. „Wir sind noch relativ am Anfang. Unser primäres Ziel ist derzeit, einen gewissen Vorrat aufzubauen. Am schlimmsten wäre es für uns, wenn wir Schülerinnen und Schülern konkrete Hoffnungen machen und dann die Nachfrage nicht bedienen können“, so die 28-Jährige, die von befreundeten Lehrern teils schockierende Geschichten zu hören bekommt. „Siebtklässler schicken Hausaufgaben weit nach Mitternacht, weil sie vorher zuhause keine Ruhe hatten oder der PC besetzt war“, sagt Becker, die derzeit nicht nur auf der Suche nach ausgedienter Hardware ist, sondern auch nach neuen Räumen. „Wir lagern unsere Geräte momentan in einem Gebäude in Waiblingen. Dort betreiben Freunde von Mike ein Leistungszentrum für professionelle e-Sportspieler. Das Team dort ist sehr hilfsbereit, langfristig brauchen wir aber unbedingt einen größeren Raum“, so die 28-Jährige. „Das I-Tüpfelchen wäre die Möglichkeit, ab und an irgendwo einen kleinen Sprinter ausleihen zu können. Nicht jeder von uns hat ein Auto und wir müssen doch immer viel transportieren.“

Gesucht werden Laptops, Tablets oder Festrechner, gerne auch mit Kamera und Mikrofon, am besten mit Tastatur und Maus. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.heyalter.com/stuttgart/.