Die Betreiberin Ahu Akin und OB Matthias Knecht bei der Eröffnung der Papeterie. Foto: Jürgen Bach

Nach Monaten des Wartens hat in der Hauptstraße eine neue Filiale eröffnet. Stadt und Bürgerverein nehmen jetzt auch die Bürger in der Pflicht.

Wer in den vergangenen Monaten in Neckarweihingen zur Post gehen wollte, musste oftmals einiges an Zeit einplanen. Denn eine eigene Postfiliale gab es im Ludwigsburger Stadtteil seit November nicht mehr. Stattdessen mussten die Bürger nach Hoheneck oder Poppenweiler ausweichen – oder eben gleich in die Innenstadt von Ludwigsburg. Nun gibt es eine Lösung: Bereits bei der Stadtteilausschusssitzung Anfang Mai hatte Oberbürgermeister Matthias Knecht angekündigt, dass im Juni wieder eine Postfiliale in der Hauptstraße ihre Türen öffnen solle.

Der Wunsch: Mehr Druck auf die Deutsche Post

Bei der Eröffnung der „Papeterie am Neckar“ am Samstag war der OB sogar selbst vor Ort. Vorangegangen war eine monatelange Suche, insbesondere der Bürgerverein Neckarweihingen hatte der Stadt immer wieder Druck gemacht. Mit dem Ergebnis sind die Bürger zufrieden. „Wir sind froh, dass es jetzt eine Lösung gibt“, sagt Roland Schmierer, der Vorsitzende des Bürgervereins. „Diese weiten Wege waren auf Dauer niemandem zumutbar.“ Das Problem, so Schmierer, sei lange gewesen, dass sich kein Betreiber einer neuen Postagentur gefunden habe.

Im Juni eröffnet nun in den Räumlichkeiten des ehemaligen Jugendcafés also ein neuer Schreibwarenladen, wie ihn die Betreiberfamilie Akin auch schon im Stadtteil Oßweil führt. Es sei ein guter Standort, findet der Vereinsvorsitzende, relativ zentral in der Ortsmitte gelegen.

Schon auf der Mitgliederversammlung des Bürgervereins im April hatte das Thema Poststelle viel Raum eingenommen, beklagt wurde damals vor allem, dass man von Seiten der Stadt so lange nichts gehört habe. „Es hätte schneller gehen können“, so Schmierer auch heute noch. „Die Räume standen ja leer.“ Doch er äußert auch Verständnis für die schwierige Situation der Verwaltung: „Sie kann nicht einfach selber eine Filiale aufmachen.“ Grundsätzlich habe er auch das Gefühl gehabt, dass die Stadt das Anliegen des Bürgervereins verstanden und sich um eine Lösung bemüht hatte. Dennoch hätte die Stadt nach Ansicht des Bürgervereins mehr Druck auf die Deutsche Post machen können, den Prozess zu beschleunigen. „Immerhin geht es um eine Dienstleistung und nicht um einen fehlenden Blumenladen“, formuliert es Schmierer.

Betreiber haben die Neueröffnung gründlich abgewägt

Die Stadt begründet die lange Anlaufzeit mit den Abstimmungen zwischen dem Eigentümer des leer stehenden Ladenlokals und der neuen Betreiberin Ahu Akin. Dass die Filiale erst im Laufe des Junis eröffnen konnte, habe zudem daran gelegen, dass die Deutsche Post eine gewisse Vorlaufzeit beim Einzug in neue Räumlichkeiten brauche.

Familie Akin selbst ließ sich ebenso Zeit mit ihrer Entscheidung: „Ein zusätzliches Geschäft zu eröffnen bringt wirtschaftliche Risiken mit sich“, sagt die Inhaberin. „Wir haben schwierige Zeiten hinter uns, gerade in der Pandemie.“ Am Ende überwog aber die Lust auf eine neue Herausforderung. Und herausfordernd wird die Arbeit gerade für Ahu Akin in Zukunft mit Sicherheit, sie selbst wird zwischen ihren beiden Geschäften in Oßweil und Neckarweihingen pendeln. Zwei Mitarbeiter seien in den Filialen aber immer vor Ort.

„Jetzt müssen die Leute ihre Hausaufgaben machen“

Oberbürgermeister Matthias Knecht zeigte sich in einer Mitteilung „dankbar“ darüber, dass Familie Akin sich der Poststelle annahm. Nun, da sind sich Stadt und Bürgerverein einig, seien auch die Bürger in der Pflicht. Denn Geld verdienen werden die Akins in ihrer neuen Filiale wohl nur mit den Schreibwaren. Auch die Post selbst kommuniziert auf ihrer Webseite, die Einzelhändler würden über „zusätzliche Kundenfrequenz“ von der Einrichtung einer Agentur profitieren.

„Jetzt müssen die Leute ihre Hausaufgaben machen“, findet Roland Schmierer. „Damit die Postfiliale dauerhaft im Ort bleibt, müssen sie das übrige Sortiment des Ladens unterstützen.“