Mit spektakulären Lichteffekten und faszinierenden Innenräumen will Newcomer Hiphi mit den Modellen X und Z der europäischen Oberklasse die Schau stehlen. Foto: dpa-tmn/CharlieBPhotography

Hiphi ist hierzulande noch nicht besonders bekannt – in China dagegen lehren sie Tesla und den deutschen Herstellern das Fürchten. Nun kommen erste Modelle nach Deutschland.

Kurz vor der IAA kündigt sich eine neue Marke aus China an – mit großen Zielen. Hiphi heißt der jüngste Herausforderer der deutschen Premiumklasse. Und er will noch in diesem Jahr mit einem Gran Turismo namens Z und einer Kreuzung aus Van und Geländewagen mit dem Kürzel X für jeweils über 100 000 Euro im hiesigen Markt durchstarten.

Auf den ersten Blick ist die Marke aus Shanghai nur eine von vielen. Doch zwei Punkte lassen aufmerken: Zum einen der Erfolg. In China hat Hiphi in der Oberklasse Tesla hinter sich gelassen und bereits mehr E-Autos verkauft als Audi, Mercedes, BMW und Porsche zusammen.

Zum anderen ist das die technische Ausstattung der beiden Modelle. Denn Hiphi bietet in Serie so ziemlich alles, was deutsche Premiumhersteller zuletzt allenfalls als Vision und Wunschdenken bei ihren Studien gezeigt haben.

Riesige Displays als Schaltzentrale im Cockpit. Foto: HiPhi/CharlieBPhotography

Spektakuläre Lichteffekte

Außen sind das vor allem spektakuläre Lichtspiele: Sowohl der stolze 5,20 Meter lange X als auch der wie ein Nissan GT-R mit vier Türen gezeichnete Z (5,04 Meter) haben Matrix-Scheinwerfer, mit denen man im Stand sogar eigene Filme auf die Fahrbahn oder die nächste Wand projizieren kann.

Zudem gibt es LED-Flächen an Bug und Heck, auf denen Botschaften an Verkehrsteilnehmer gezeigt werden können. Der Z hat zudem LED-Bänder in den Türen, die sich mit individuellen Texten bespielen lassen. Mehr Show geht in Serie wahrscheinlich kaum.

Mit den Scheinwerfen lassen sich im Stand Bilder auf den Asphalt projizieren. Foto: HiPhi/CharlieBPhotography

Ebenfalls ein Hingucker sind die gegenläufig angeschlagenen Türen. Der X hat obendrein zwei Dachelemente, die sich per Steuerung via App über dem Fond aufstellen lassen. So können auch die hinteren Mitfahrer erhobenen Hauptes zusteigen. Dagegen wirken die Flügeltüren („Falcon Doors“) des Tesla Model X fast irgendwie flügellahm.

Gegenläufig angeschlagene Türen beim Modell X und gummibeschlagene Felgen. Foto: HiPhi/CharlieBPhotography

Auch an kleine, praktische Alltagslösungen haben die Chinesen gedacht: Die Felgen sind mit Gummipolstern ausgelegt, die sich nach einer sonst sehr teuren Reiberei etwa den der Bordsteinkante ganz einfach austauschen lassen.

Hightech und KI

Auch innen inszenieren die Chinesen Hightech-Erlebnisse: In der ersten Reihe locken sie im X mit einem Beifahrerdisplay groß wie mancher Wohnzimmer-Fernseher und lassen so den Hyperscreen von Mercedes gefährlich nach Mäusekino aussehen. Und natürlich ist alles so programmiert, dass die Show auch während der Fahrt funktioniert.

Im Z gibt es stattdessen einen fast frei stehenden Screen vor der Mittelkonsole, der sich automatisch zu jenem Insassen ausrichtet, der gerade den Ton angibt. Und während uns Mercedes für die neue E-Klasse gerade die Kopplung von Musik und Ambientebeleuchtung gerade als letzten Schrei verkaufen will, haben die Chinesen diese Neuinterpretation der Lichtorgel aus den Partykellern der 1980er Jahre längst in Serie.

Die gesamte Software-Architektur ist zusammen mit Microsoft entwickelt worden und soll als künstliche Intelligenz stetig dazulernen.

Antrieb nur gehobener Durchschnitt

So spektakulär das Design der beiden Newcomer ist und so verspielt ihre Ausstattung, ist der Antrieb nur gehobener Durchschnitt. So fährt der X mit einer 97 kWh großen Batterie, die den beiden zusammen 440 kW/598 PS starken Motoren für bis zu 460 Kilometer reicht. Er beschleunigt in 3,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und erreicht maximal 200 km/h.

Beim Z montieren die Chinesen 120 kWh und kommen auch wegen der flacheren Bauform auf 555 Kilometer Normreichweite. Die beiden Motoren haben hier 494 kW/672 PS Leistung, entwickeln 820 Nm und ermöglichen einen Sprint von 3,8 Sekunden. Schluss ist aber auch hier bei 200 km/h. Und was fürs Fahren gilt, das gilt übrigens auch fürs Laden: 11 kW an der Wallbox und für den X bestenfalls 100, für den Z immerhin 150 kW am Gleichstrom - da ist im Ringen mit Tesla & Co nur schwer ein Stich zu machen.

Luxus zum vergleichsweise kleinen Preis

Zumindest verglichen mit ihren westlichen Luxus-Konkurrenten sind sie vergleichsweise günstig. Schließlich kostet der X als Sechssitzer 109 000 und in der Luxusvariante mit nur vier Plätzen 123 000 Euro, und beim Z geht es mit 105 000 Euro los.

Doch auch wenn sie kaum mehr als halb so viel kosten wie ein Porsche Taycan oder ein Mercedes EQS SUV, ist das viel Geld für einen Nobody, dem die Kunden erst einmal das nötige Vertrauen entgegenbringen müssen. Das weiß auch Europachef Kjell-Arne Wold, der deshalb sehr viel bescheidener plant als seine Kollegen in China: Während Hiphi daheim auf fünfstellige Stückzahlen im Jahr kommt, wäre er schon froh, wenn es dieses Jahr in ganz Europa 500 Autos würden.