Nach wochenlangen Protesten ist die Ambassador Bridge an der Grenze zwischen Kanada und den USA wieder frei (Archivbild) Foto: AFP/JEFF KOWALSKY

Nach wochenlangen Corona-Protesten inklusive Lkw-Blockaden an der Grenze zwischen Kanada und den USA fließt der Verkehr wieder über die wichtige Ambassador Bridge - aber die Proteste gehen andernorts weiter.

Windsor - Eine wichtige Grenzbrücke zwischen der Stadt Windsor in Kanada und Detroit in den USA ist nach wochenlangen Protesten wieder offen. „Tolle Nachrichten: Die Ambassador Bridge ist wieder geöffnet!“, schrieb Kanadas Verkehrsminister Omar Alghabra am späten Sonntagabend (Ortszeit) auf Twitter. Er dankte Polizei und „allen Regierungsebenen“, die dazu beigetragen hätten. Nach einer einstweiligen Verfügung eines kanadischen Gerichts hatten die Behörden am Wochenende damit begonnen, die Blockaden aufzulösen. Die Regierungen auf beiden Seiten der Grenze hatten zuvor vor den wirtschaftlichen Folgen der Blockade gewarnt.

Der Brückenbetreiber, die Detroit International Bridge Company, bestätigte US-Medienberichten zufolge die Wiederöffnung. Man freue sich, dass „der freie Handelsverkehr zwischen der kanadischen und der US-Wirtschaft wieder möglich ist“, zitierten Medien aus der Mitteilung vom späten Sonntagabend. Der Polizei von Windsor zufolge wurden am Wochenende mehr als zwei Dutzend Menschen festgenommen sowie ein Dutzend Fahrzeuge beschlagnahmt oder abgeschleppt.

Andernorts gehen die Proteste weiter

Andernorts gingen die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der kanadischen Regierung jedoch weiter. Nach Behördenangaben blieb am frühen Montagmorgen noch mindestens ein weiterer Grenzübergang zwischen Coutts in der kanadischen Provinz Alberta und Sweet Grass im US-Bundesstaat Montana geschlossen. Auch in Kanadas Hauptstadt Ottawa harrten Trucker Medienberichten zufolge trotz eisiger Kälte weiter aus. Dort habe es am Wochenende ebenfalls zahlreiche Festnahmen gegeben, teilte die Polizei mit. Die Demonstranten hätten teils „aggressives Verhalten“ gezeigt und Polizisten „überwältigt“. Es kam auch zu Gegenprotesten.

Premierminister Justin Trudeau kam am Wochenende mit seinem Krisenteam zusammen. „Wir werden weiter sicherstellen, dass die zuständigen Behörden auf Stadt-, Provinz- und Landesebene das haben, was sie brauchen, um diese Blockaden zu beenden und die Sicherheit der Bevölkerung zu schützen“, teilte er mit. Bereits zuvor hatte Trudeau angesichts der seit rund drei Wochen anhaltenden Trucker-Proteste die gewaltsame Auflösung von Blockaden nicht ausgeschlossen und die Blockaden illegal genannt. Mit Ontario hat eine der betroffenen Provinzen den Notstand ausgerufen.

Lkws blockieren Teile der Innenstadt Ottawas

Seit Wochen demonstrieren in Kanada Tausende Menschen gegen Corona-Maßnahmen und Impfvorschriften. Mit Lastwagen und anderen Fahrzeugen blockieren sie unter anderem Teile der Innenstadt Ottawas. Gegenstand der Proteste waren zunächst Impfvorschriften für Lastwagenfahrer und danach die staatlichen Pandemiebeschränkungen insgesamt. Im Januar trat eine Verordnung in Kraft, nach der auch Lastwagenfahrer, die aus den USA zurückkehren, einen Impfnachweis vorlegen müssen.

Die Blockade der Ambassador Bridge zwischen Windsor und Detroit sowie weiterer Grenzübergänge führte nach Trudeaus Worten zum Stopp der Autoproduktion von sechs Herstellern wegen fehlender Teile. Über die Brücke fließen 25 Prozent des kanadisch-amerikanischen Güterverkehrs - das entspricht pro Tag einem Warenwert von umgerechnet 275 Millionen Euro. Die Region ist wirtschaftlich über die Grenze hinaus eng verwoben.

Trudeau und Biden sind sich einig

Deshalb hatte Trudeau am Freitag auch mit US-Präsident Joe Biden gesprochen. „Präsident Biden und ich stimmen beide darin überein, dass diese Blockaden aus Gründen der Sicherheit der Menschen und der Wirtschaft nicht fortgesetzt werden können“, hatte Trudeau danach gesagt. Das Weiße Haus äußerte sich ähnlich und teilte am Sonntag mit, dass beide Länder in der Sache weiter eng zusammenarbeiteten. Nach Angaben Trudeaus würden die Demonstranten, von denen viele dem rechten Spektrum zugeordnet werden, durch Spenden unterstützt, die zu etwa 50 Prozent aus den USA kämen.

Weite Teile der Bevölkerung hatten Trudeaus teilweise sehr strikten Anti-Covid-Kurs in den vergangenen zwei Jahren mitgetragen. In jüngsten Studien zeichnet sich allerdings eine mögliche Trendwende ab, auch wenn das Bild noch nicht eindeutig ist. Auch einige Anhänger des 50-Jährigen nahmen der grassierenden Omikron-Variante geschuldete Maßnahmen wie neue Reiseeinschränkungen und von lokalen Regierungen verordnete Schließungen der Innenräume von Bars und Restaurants als übertrieben wahr.