Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). (Archivbild) Foto: dpa/Britta Pedersen

Die erneute Verurteilung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny zu weiteren 19 Jahren Haft stößt auf heftige Kritik. Außenministerin Annalena Baerbock nennt es ein „blankes Unrecht“.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wirft Russland nach der erneuten Verurteilung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny „Willkürjustiz“ vor. Die Freiheitsstrafe von weiteren 19 Jahren sei „blankes Unrecht“, schrieb die Ministerin am Freitag im Online-Dienst X, der zuvor Twitter hieß. Russlands Präsident Wladimir Putin „fürchtet nichts mehr als Eintreten gegen Krieg und Korruption und für Demokratie - selbst aus der Gefängniszelle heraus“.

„Er wird damit kritische Stimmen nicht zum Schweigen bringen“, fügte sie mit Blick auf Putin hinzu. Nawalny war am Freitag zu weiteren 19 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Dem 47-Jährigen war in dem Prozess vorgeworfen worden, eine „extremistische“ Organisation gegründet und finanziert zu haben. Außerdem soll er zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen und „Nazi-Ideologie wiederbelebt“ haben.

EU missbilligt Urteil scharf

Auch die Europäische Union hat die erneute Verurteilung von Alexej Nawalny zu 19 Jahren Haft scharf missbilligt. In einer Stellungnahme am Freitag in Brüssel kritisierte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zugleich, dass das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einer Strafkolonie außerhalb Moskaus stattfand, wo der Kreml-Kritiker bereits eine elfeinhalbjährige Strafe verbüßt. Dies sei ein klarer Hinweis, dass das russische Justizsystem weiter gegen Nawalny instrumentalisiert werde.

„Es zeigt auch, wie sehr die russischen Behörden ihn fürchten“, sagte Borrell. Nawalny sei „ein weiteres Beispiel für die anhaltende systematische Unterdrückung durch die russischen Behörden und deren Missachtung der Menschenrechte ihrer eigenen Bürger“, so der EU-Chefdiplomat.

Besorgnis über Berichte zu Misshandlungen

Borrell bekräftigte die Besorgnis der EU über Berichte, nach denen der 47-jährige Nawalny immer wieder misshandelt werde. Dies sowie ungerechtfertigte Disziplinarmaßnahmen und Schikanen kämen „körperlicher und psychischer Folter“ gleich, sagte der Außenbeauftragte. Die politische Führung Russlands sei für Nawalnys Sicherheit und Gesundheit verantwortlich und werde dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Zugleich verlangte Borrell unverzügliche und umfassende Aufklärung des Anschlags mit dem Nervengift Nowitschok auf Nawalny. Bei dem Attentat mit dem international verbotenen Chemiekampfstoff am 20. August 2020 war der Oppositionspolitiker nur dank einer Behandlung in Deutschland knapp dem Tod entgangen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hatte am 6. Juni in einem Urteil festgestellt, dass Russland mit der Weigerung, den Vorfall strafrechtlich zu untersuchen, gegen die Menschenrechtskonvention verstoße.