Die Küstenwache rechnet nicht mehr damit, noch Überlebende des Schiffsunglücks zu finden. Foto: AFP/KENT NISHIMURA

Nach dem Einsturz einer Autobahnbrücke in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland haben die Rettungskräfte die Suche nach sechs Vermissten eingestellt. Die Küstenwache rechnet nicht mehr damit, in dem kalten Wasser noch Überlebende zu finden.

Nach dem Einsturz einer Autobahnbrücke in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland haben die Rettungskräfte die Suche nach sechs Vermissten eingestellt. Die Küstenwache teilte am Dienstagabend mit, nach stundenlanger ergebnisloser Suche sei nicht mehr damit zu rechnen, in dem kalten Wasser noch Überlebende zu finden. Der Hafen von Baltimore, einer der größten Frachthäfen der USA, wurde durch das Unglück lahmgelegt.

Die Francis-Scott-Key-Brücke über dem Patapsco-Fluss war am frühen Dienstagmorgen eingestürzt, nachdem ein Containerschiff einen Brückenpfeiler gerammt hatte. Bei den sechs Vermissten handelt es sich um Bauarbeiter, die in der Nacht Schlaglöcher auf der Brücke repariert hatten. Zwei ihrer Kollegen wurden gerettet, einer von ihnen mit schweren Verletzungen.

Zwei der Arbeiter stammten aus Guatemala, wie die Regierung des zentralamerikanischen Landes mitteilte. Das Nachrichten-Portal The Baltimore Banner berichtete, unter den Vermissten seien auch mexikanische, salvadorianische und honduranische Staatsangehörige.

Stundenlange Suche nach Vermissten

Rettungskräfte suchten nach dem Unglück stundenlang vergeblich nach den Vermissten, dabei kamen auch Taucher und Sonar- und Infrarot-Geräte zum Einsatz. Am Abend gab die Küstenwache dann das Ende der Suche bekannt. Angesichts der langen und aufwändigen Suche und der niedrigen Wassertemperatur „glauben wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht, dass wir eine dieser Personen noch lebend finden werden“, sagte der Konteradmiral Shannon Gilreath.

„Wir gehen von einer Such- und Rettungsaktion zu einer Bergungsaktion über“, sagte Roland Butler von der Polizei in Maryland. Die Temperaturen und Strömungen machten es den Tauchern schwer, ihre Arbeit unter Wasser fortzusetzen. Boote sollten jedoch auch über Nacht patrouillieren.

Das unter der Flagge Singapurs fahrende Containerschiff „Dali“ hatte die vierspurige und 2,6 Kilometer lange Autobrücke am Dienstag kurz nach Mitternacht gerammt. Ersten Erkenntnissen zufolge hatte das vollbeladene Schiff, das der Charterfirma Synergy Marine Group aus Singapur gehört, vor dem Unglück technische Probleme. Singapurs Schifffahrtsbehörde erklärte, die „Dali“ habe vor dem Aufprall kurzzeitig Strom und Antrieb und so die Kontrolle verloren.

Crew setzte Notruf ab

Die dänische Reederei Maersk hatte die „Dali“ nach eigenen Angaben für einen Transport von Baltimore nach Colombo in Sri Lanka gechartert. Die Crew setzte noch einen Notruf ab und warf in einem letzten, verzweifelten Versuch, den Aufprall zu verhindern, den Anker. Der Notruf ermöglichte es den Behörden in Baltimore, die Brücke in letzter Minute für den Verkehr zu sperren und so ein noch größeres Unglück zu verhindern. „Diese Leute sind Helden. Sie haben letzte Nacht Leben gerettet“, sagte Marylands Gouverneur Wes Moore.

Die US-Bundespolizei FBI und andere Behörden haben nach eigenen Angaben keinerlei Hinweise auf eine vorsätzliche Tat oder einen Anschlag. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass die Brückenstruktur fehlerhaft gewesen sei, sagte Gouverneur Moore. 

„Die Brücke entsprach voll und ganz den Vorschriften“, versicherte der Politiker von der Demokratischen Partei. Der Bautrupp habe auf der Brücke „Schlaglöcher repariert, nur damit Sie verstehen, dass das überhaupt nichts mit einem strukturellen Problem zu tun hatte“, ergänzte Marylands Verkehrsminister Paul Wiedefeld.

US-Präsident Joe Biden sprach von einem „schrecklichen Unfall“ und sicherte zu, Baltimores Hafen so schnell wie möglich wieder zu öffnen und die Brücke wieder aufzubauen.

Die Francis-Scott-Key-Brücke führte als Teil der Autobahn Interstate 695 südöstlich des Stadtzentrums von Baltimore über den Patapsco-Fluss. Sie wurde 1977 eröffnet und jedes Jahr von mehr als elf Millionen Fahrzeugen genutzt - das sind rund 31.000 am Tag.

Der Hafen von Baltimore ist einer der größten Frachthäfen in den USA. Im vergangenen Jahr wurde dort nach offiziellen Angaben Fracht im Wert von rund 80 Milliarden Dollar (knapp 74 Milliarden Euro) umgeschlagen, darunter sehr viele Fahrzeuge.