Über 7000 Teilnehmerinnen waren beim Muddy Angel Run am Start. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Beim Muddy Angel Run auf dem Stuttgarter Messegelände haben die 7.400 Starterinnen eine Menge Spaß - und üben sich in weiblicher Selbstbehauptung.

In Scharen strömen sie schon morgens zum Messegelände, und was sie erwartet, können sie schon bei der Anmeldung zum Muddy Angel Run sehen, wenn direkt nebenan bereits die ersten Gruppen sich ins Tauchbecken stürzen und durch die Schlammgrube robben. „O Gott!“, rutscht da einer Mittdreißigerin heraus, womit sie aber die absolute Ausnahme ist. „Bock auf Matsch“ hat dagegen Jasmin (27) aus Wellendingen bei Rottweil, und ihre Freundin Monja (30) versichert: „Wir sind richtig heiß drauf.“ Aufgeheizt durch ihre zuhause gebliebenen Männer: „Die glauben nicht, dass wir das schaffen! Die ganze Familie hat gegen uns gewettet.“

Krankenwagen im Einsatz

„Scheidungsgrund!“, tönt es da vom Trio nebenan, das schon durch ist, entsprechend durchnässt und verschlammt und ein bisschen fröstelnd. Sie waren in der ersten Startergruppe gewesen, haben die Fünf-Kilometer-Schleife mit den 16 Hindernissen in knapp zwei Stunden durchgezogen, nach einer längeren Unterbrechung, weil sie mit der Vierten im Bunde, die sich beim Sprung vom Kletterelement ein Knie verdreht hatte, und auf den Krankenwagen warten mussten. „Matsch-Rosinen“ nennt sich die Gruppe aus Donaueschingen, „weil wir Mamas sind und schrumpelig wie Rosinen“. Sie kriegen sich kaum ein vor Lachen bei so viel Selbstironie. Jetzt aber wollen sie „nur noch eine Dusche und ein Bier“ – und bloß nicht das Souvenir für die verletzte Hanna vergessen! Zwei kleine Flatschen Matsch, von Josephine unterwegs „im BH gesichert“.

„Wir Frauen müssen zusammenstehen“

Es ist die Euphorie der Gruppe, mit der sie sich hier „in die Challenge“ stürzen, den Adrenalin-Kick suchen und zusammen Spaß haben wollen. Einzelkämpferinnen sind nicht zu finden: „Wir Frauen müssen zusammenstehen, darum geht es hier ja auch“, betont Melanie aus Oberensingen, stößt sich aber daran, dass von den 53 Euro Start-Geld „nur ein Euro an den guten Zweck geht“, an Brustkrebs Deutschland e.V. Vor Ort bestätigt Teamleiterin Louisa Rieger den Betrag, betont „volle Transparenz“ und bittet um Verständnis: „Das ist keine Charity-Veranstaltung, wir sind ein Unternehmen“, das „hohe operative Kosten zu stemmen“ habe. Allein die Miete fürs Gelände betrage „eine stolze Summe“. Der Vermutung, dass sei wohl knapp sechsstellig, will sie nicht widersprechen. Dafür verweist sie auf 600.000 Euro Spendengeld insgesamt „für die gute Sache“.

Teilnehmerin bricht in Tränen aus

Die ist auch am Start kurz Thema, wo im 20-Minuten-Takt 300 Frauen „in Wellen“ auf die Strecke gehen. Emotionales Empowerment mit Tanz-Gymnastik zu Musik: „Ihr seid starke Ladies!“, ruft die Animatorin, befähigt, „Krankheit, Schicksalsschläge und Hindernisse zu überwinden“. Und mit der Veranstaltung gehe es auch darum, „das Tabu-Thema Brustkrebs aus der Ecke rauszuholen“. Als einer Betroffenen die Tränen rinnen, geht das über den Lautsprecher. Die Frau wird von Umstehenden umarmt, und lange prasselt der Beifall.

Teils weither kommen die Starterinnen, aus Breisach, Rastatt, Balingen und sogar aus München. Emely ist mit 13 die Jüngste, die Mama an ihrer Seite mit 44 noch lange nicht die Älteste. Eher Jutta, 55, aus dem Murgtal, für die der Run ein Geburtstagsgeschenk der Tochter war: „Das war perfekt! Ich bin sportlich, aber ich will auch, dass wir Frauen Power zeigen.“ Die Atmosphäre ist wie auf einem fröhlichen Festival, und nach der finalen Rutschpartie lassen sich die Frauen feiern. Und feiern sich ausgiebig auch selbst. Frisch geduscht, sortiert auf der Heimfahrt in der S-Bahn ein Quartett aus Bietigheim seine Erlebnisse. Mega-Spaß habe der Matsch-Run gemacht. Ob aber am freien Samstag nicht auch ein anderer Spaß als Schlammbaden denkbar wäre? Da reckt eine Starterin die Faust und zeigt Muckis: „Hey, wir sind keine Tussis! Wir sind alle Mamis, mit deinen Kindern musst du auch mal in den Matsch. Alles klar?“ Selbstverständlich, alles klar!