Große Pose: Doro Pesch beim Auftritt im Scala Foto: Simon Granville

Die deutsche „Queen of Metal“ ist mit ihrer Band im ausverkauften Scala aufgetreten und hat dabei viel Altbewährtes zum Besten gegeben. Ein Fehler ist das mitnichten, wie auch die Reaktionen des Publikums beweisen.

Von Zebraleggings über Slayer-Kutte bis zum Karohemd ist alles dabei. Doro-Konzerte sind Wohlfühlveranstaltungen für quasi jeden. Wenn die 58-jährige Metal-Sängerin mit ihrer Band die Bühne betritt, gibt’s positive Energie, Mitsingspielchen bei gefühlt jedem zweiten Song, große Posen – das volle Programm. Das Publikum, selbstredend textsicher, nimmt es dankbar auf. Der Altersschnitt am Mittwochabend beim Nachholkonzert im Scala dürfte bei deutlich Ü40 liegen. Und lange Rockermähne tragen im Auditorium allenfalls noch die Frauen. Heavy Metal als Subkultur, gar als Rebellion, die auch mal wehtut, dafür gibt es in der ausverkauften Ludwigsburger Traditionslocation nur wenig Raum.

Viel Platz für Erinnerungen an alte Zeiten

Für viele Erinnerungen ist jedoch genügend Platz. An damals, an die für die Metalmusik glorreichen 1980er-Jahre. Als viele der Anwesenden von ihren Eltern gerügt wurden, was denn da für ein Krach aus ihrem Zimmer dröhne. „Back to the Eighties“, wie Doro Pesch auf der Bühne gern die Songs ihrer einstigen Band Warlock ankündigt.

Mit einem solchen steigt sie auch gleich bei klarem, gutem Sound in ihren 90-minütigen Set ein: „I Rule the Ruins“ vom Warlock-Schwanengesang „Triumph and Agony“ aus dem Jahr 1987. Im Anschluss gibt’s zahlreiches weiteres Material von den vier Warlock-Scheiben, ein Fehler ist das sicher nicht. „Metal Racer“, „East Meets West“, „Burning the Witches“ oder „Earthshaker Rock“ – ein starker Metalsong ist und bleibt ein starker Metalsong, und das Altbewährte wird nicht nur von den ersten Reihen gefeiert. So auch die Ballade „Für immer“, bei der im Publikum die ein oder andere Träne fließt.

Doro Pesch, von Drummer Johnny Dee nach seinem Solo nach gut einer Stunde als „The powerful Frau from Germany“ bezeichnet, ist gut bei Stimme. Das ursprünglich für Mitte November angesetzte Konzert hatte sie aufgrund einer Kehlkopfentzündung kurzfristig absagen müssen.

Die Frontfrau gibt sich vom ersten Ton an publikumsnah. Vor „East Meets West“ unterschreibt sie auf der Bühne eine von einem Fan gereichte „Triumph and Agony“-LP. Es gibt Augenkontakt und viel Kommunikation mit den ersten Reihen, die Powerballade „Love me in Black“ wird quasi auf Zuruf gespielt – nicht ohne sich bei Aushilfsbasser Alex (Doro: „Er hat erst gestern erfahren, dass er einspringen muss.“) zu erkundigen, ob das denn bei ihm hinhaue. Es haut hin, genau wie eine spezielle Version des ollen Judas-Priest-Schinkens „Breaking the Law“, die als Tribut an die allererste Warlock-Tour dargeboten wird, die man im Vorprogramm der britischen Metal-Legende absolvierte.

Apropos Vorprogramm: Den Einheizer geben an diesem Abend Stormhammer aus München mit stabilem, allerdings recht kantenfreien Heavy Metal. Aus dem ziemlich statischen Treiben auf der Bühne sticht eigentlich nur Frontmann Manuel Nox als Aktivposten heraus. Das immerhin schon seit 1993 existente Quintett hatte bereits am Abend des ausgefallenen Doro-Gigs im November für die trotzdem erschienen Fans musiziert.

Um Punkt 22.30 Uhr ist Feierabend, die Zugabe entfällt

So neigt sich das Konzert dem Ende entgegen. Und nach dem ewig kultigen Ohrwurm „All We Are“ – auch hier geben alle Anwesenden noch einmal alles – ist im Ludwigsburger Scala um Punkt 22.30 Uhr Schicht im Schacht. Eine Zugabe muss aufgrund des vergleichsweise strengen Zeitplans entfallen (vermutlich wäre es der Doro-Solosong „All for Metal“ gewesen), wofür sich die Sängerin beim Verlassen der Bühne noch minutenlang entschuldigt.

Es bleibt die Erkenntnis: Vielleicht muss Heavy Metal ja gar nicht immer wehtun oder auf musikalische Weise subversiv sein. Vielleicht kann er zu einem Teil ja auch dazu dienen, sich an manchen Dingen festzuhalten – und wenn es bloß die Erinnerung ist.