Der tote Sechsjährige war zuvor als vermisst gemeldet worden. (Symbolbild) Foto: David Inderlied/dpa/David Inderlied

Ein kleiner Junge ist in einem Dorf bei Neubrandenburg getötet worden. Die Bewohner sind geschockt und müssen zu Vernehmungen. Die Ermittler suchen nach Hinweisen, mit wem der Erstklässler zum Spielen war – noch ohne Erfolg.

Schreckliches Verbrechen in Mecklenburg-Vorpommern: In Pragsdorf bei Neubrandenburg ist ein sechs Jahre alter Junge erstochen worden. Das ergab die rechtsmedizinische Untersuchung am Freitag, wie eine Polizeisprecherin sagte. Der Leichnam wies mehrere Verletzungen auf, die von einem - noch unbekannten - Stichwerkzeug herrührten.

„Die Polizei ermittelt wegen Totschlags und geht dabei mehreren Ermittlungsansätzen nach“, sagte der Sprecher der Neubrandenburger Staatsanwaltschaft, Tim Wischmann, der Deutschen Presse-Agentur. Bis zum späten Nachmittag sei aber noch kein Tatverdächtiger ermittelt worden. Zuvor hatte „Ostseewelle Hit-Radio Mecklenburg-Vorpommern“ davon berichtet.

Junge am Donnerstagabend gefunden

Der Junge war am Donnerstagabend in einem Gebüsch in der Nähe eines Bolzplatzes an einem See von Feuerwehrleuten mit „massiven Verletzungen am Oberkörper“ gefunden worden. Sofort eingeleitete Wiederbelebungsversuche von Medizinern und ein schneller Transport in eine Klinik blieben erfolglos. Die Ärzte konnten das Leben des Kindes nicht retten.

Die Eltern hatten den Sechsjährigen am Donnerstag wie häufig zum Spielen ins Dorf gelassen. Das Kind wurde dann als vermisst gemeldet, weil er nicht wie vereinbart wieder nach Hause gekommen war und erste Suchaktionen erfolglos geblieben waren. Die Vermisstenmeldung war laut Polizei kurz vor 20.00 Uhr eingegangen. Beamte umliegender Reviere und Bereitschaftspolizisten hätten den Bereich in Pragsdorf sofort durchsucht, sagte eine Polizeisprecherin. Etwa gegen 21.00 Uhr am Donnerstag wurde der leblose Junge von Feuerwehrleuten gefunden.

Ist Fundort auch der Tatort?

In Pragsdorf an der Bundesstraße 104 leben nur 580 Menschen und laut dem Bürgermeister Ralf Opitz vergleichsweise viele Kinder. „Ich hatte mich auch an der Suche beteiligt - bis die Kameraden den schrecklichen Fund gemacht haben“, sagte der 54-Jährige.

Ob der Fundort auch der Tatort ist, da wollte sich Staatsanwalt Wischmann noch nicht festlegen. Anwohner berichteten aber, dass sie am Donnerstag laute Stimmen am Bolzplatz gehört hätten, die möglicherweise von einem Streit herrühren könnten. Am Fundort konnte die Polizei laut Wischmann viele Spuren sichern.

Gelände noch abgesperrt

Das Gelände war noch am Freitag weiträumig mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Polizisten und Helfer suchten nach einer Tatwaffe und anderen Beweisstücken. In der Nähe des Sees kam dabei auch ein Metalldetektor zum Einsatz. Auch Taucher rückten an - bisher aber ohne Erfolg, hieß es. Am Nachmittag wurden Suchketten mit je 25 Beamten gebildet. Sie streiften mit langen Eisenstangen systematisch die Fläche ab, sich langsam vom See entfernend.

Im Dorf waren am Freitag überhaupt viel Bewegung. Etliche Reporter versuchten, die Einwohner zu befragen - was einige als befremdlich empfanden. Aber auch die Bewohner selbst waren unterwegs: Sie wurden von der Polizei in ein Feuerwehr- und Gemeindehaus gebeten, wo sie zu den Ereignissen befragt wurden. Wenn sich Bewohner danach begegneten, tauschten sie sich auch aus.

Anteilnahme und Hilfe ist groß

„Die Anteilnahme und die Aussagebereitschaft sind sehr hoch - das muss nun erst mal aufgeschrieben und verglichen werden“, sagte eine Polizeisprecherin. Sollte man keinen Verdächtigen finden, würden die Ermittlungen am Wochenende fortgesetzt. Auch zum Motiv könne man noch nichts sagen.

Die Gemeinde Pragsdorf hat auf der Internetplattform Facebook ihre Trauer nach dem Tod des Kindes bekundet. „Mit Trauer und Bestürzung haben wir heute früh vom schrecklichen Gewaltverbrechen und dem Tod von J. erfahren. Die Gedanken sind derzeit natürlich vor allem bei der Familie und den Angehörigen“, hieß es. Gleichzeitig bat man darum, brauchbare Hinweise umgehend der Polizei zu melden.

Spendenaktion und Andacht

Auf der Facebook-Seite der Gemeinde wurde auch auf eine Spendenaktion für die Familie des toten Kindes hingewiesen. Innerhalb weniger Stunden waren bereits rund 20 000 Euro gesammelt worden.

Am Freitagabend (18.00 Uhr) sollte es zudem in der Kirche von Pragsdorf eine Andacht geben. „Lasst uns in dieser schweren Stunde Abschied nehmen von einem Menschen, der viel zu früh gehen musste. Die Familie soll wissen, dass sie in dieser Zeit mit ihrem Schmerz nicht alleine ist“, hieß es dazu auf der Internetseite.

Der Junge ist laut Bürgermeister Ralf Opitz erst im August eingeschult worden. Das Schweriner Bildungsministerium teilte mit, dass Psychologen die Mitschülerinnen und Mitschüler in Grundschule in Burg Stargard sowie das Lehrpersonal unterstützen sollen. Zudem sei ein Trauerort in der Schule eingerichtet worden.

Schulpsychologen vor Ort

„Während uns der Todesfall höchst betroffen und sprachlos zurücklässt, ist es unsere Aufgabe und Pflicht, nun die Familien und Freunde, Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrkräfte dabei zu unterstützen, mit der unfassbaren Situation umzugehen“, wurde Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) zitiert. „Ihnen gilt mein tief empfundenes Mitgefühl.“

Ab Montag werde an der betroffenen Schule für eine gesamte Woche auf Leistungskontrollen verzichtet. Schulpsychologinnen seien vor Ort. An Eltern sei ein Brief mit Unterstützungsangeboten verschickt worden. Betroffene sollen auf Wunsch ebenfalls psychologisch begleitet werden.