Maske? Im Café Königsbau entscheidet der Gast, nicht mehr die Politik. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Obwohl es erlaubt wäre, bleibt die Maske in vielen Einrichtungen auf der Nase. Viele Menschen wollen nicht auf den Schutz vor einer Corona-Infektion verzichten.

Auf die große Freiheit müssen alle noch ein wenig warten. Auch wenn der Sonntag einen Weg zurück in die Normalität darstellt, Stuttgart lässt seine Masken nicht ganz fallen. Auch das Hausrecht, ob in Kirchen, Museen, Cafés oder Hotels, wird unterschiedlich interpretiert.

Ganz streng gibt sich noch die evangelische Stiftskirche. Dort igelt man sich regelrecht ein. Wer nicht pünktlich zum Gottesdienstbeginn um 10 Uhr da ist, hat Pech gehabt. Die Tür ist verschlossen. Drinnen ertönt die Orgel, draußen herrscht bei manchen Unpünktlichen Fassungslosigkeit. „Das gibt’s doch nicht“, schimpft eine Dame, während Prälatin Gabriele Arnold predigt: „Jetzt bin ich extra aus Zuffenhausen gekommen.“ Auch in der Stiftskirche gibt es keine Lockerungen. Alles ist wie zu den Hochzeiten der Pandemie: Abstand, Maske, Reduzierung der Besucher auf „188 Sitzstellen“, wie es auf einem Schild am Portal heißt. Immerhin: Persönliche Daten oder Nachweise werden für den Besuch nicht verlangt.

Balance zwischen Öffnung sowie Ermöglichung von Teilhabe

Viel offener zeigt sich da die katholische Kirche: Die Tore von St. Eberhard sind weit geöffnet. Jeder, der am Gottesdienst von Stadtdekan Christian Hermes teilnehmen will, ist dazu herzlich eingeladen. Einzig die Maske bleibt auch hier Vorschrift. „Wir haben uns dazu entschieden, die Maske weiterhin zu tragen“, erklärt Hermes seiner Gemeinde, „ich glaube, das ist die richtige Balance zwischen Öffnung sowie Ermöglichung von Teilhabe und dem Schutz aller Teilnehmenden.“ Die Regelung wird klaglos hingenommen. Mehr noch: Es besteht offenbar Konsens darüber, die Maske weiterhin zum Schutze aller zu tragen. „So können wir unbeschwert feiern und sind dennoch geschützt“, sagt eine Katholikin aus Stuttgart nach dem Gottesdienst.

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Einen Steinwurf entfernt scheint man es ebenso zu halten. Auch wenn der Schein zunächst trügt. Der Zerberus im Kunstmuseum trägt zwar selbst eine schwarze Schutzmaske, zwingt aber niemanden, es ihm gleich zu tun. Wer sich in Zukunft der Kunst von Otto Dix nähern will, kann dies frei von Vorschriften tun. Dies wiederum stößt nicht bei allen auf Gegenliebe. Ein Besucher aus Stuttgart findet es „fahrlässig“: „Da hat sich halt wieder eine bestimmte Partei durchgesetzt.“ Wie er denkt auch ein anderer Besucher: „Natürlich ist jeder froh, dass wir nach so langer Zeit wieder ein wenig Normalität haben, aber wir müssen vorsichtig bleiben. Sonst stecken wir bald wieder im Schlamassel.“ Eine andere Besucherin des Kubus sieht es nicht ganz so streng, will aber auch in Zukunft „beim Einkaufen und in allen öffentlichen Innenräumen“ nicht auf den Schutz von FFP (Filtering Face Piece) verzichten.

Nach eigenem Schutzbedürfnis und Verantwortungsgefühl

Damit trifft sie den Nerv eines Passanten, der auf dem Weg ins Café Königsbau ist. „Wir brauchen doch keine Nanny, die uns das Leben wie Kleinkindern erklärt. Jeder soll doch nach seinem eigenen Schutzbedürfnis und gemäß seiner Verantwortung für andere in der Gesellschaft handeln“, sagt er im Unwissen darüber, dass dies die Haltung vieler Gastronomen ist. Eine Tafel im Erdgeschoss des Cafés Königsbau dokumentiert dies: „Liebe Gäste, ab sofort dürfen Sie entscheiden, ob Sie eine Maske tragen oder nicht. Bitte nehmen Sie weiterhin Rücksicht auf Ihre Mitmenschen.“

Auch im Hotel Emilu an der Nadlerstraße bekommen die Gäste ihre Nasenfreiheit zurück: „Wir Angestellten tragen weiterhin Schutzmasken“, sagt die Rezeptionistin, „aber die Gäste müssen keine Maske mehr tragen.“ Fazit: Stuttgart feiert an diesem Sonntag nur einen kleinen „Freiheitstag“.