Eine Mondfinsternis diente als Anhaltspunkt für die genaue Längengradbestimmung. Foto: imago/A. Held

Es gibt Menschen, die mit ihren Erfindungen die Welt verändert haben. Zu ihnen zählt Tobias Mayer. Der Astronom ist vor 300 Jahren in Marbach geboren worden.

Mit Marbach verbinden die meisten den dort 1759 geborenen Friedrich Schiller. Der Dichter ist fast der ganze Stolz der 16 000-Einwohner-Stadt am Neckar. Aber auch nur fast: Der andere Superstar heißt Tobias Mayer – und der könnte zumindest in diesem Jahr dem genialen Dichter an Popularität gefährlich nahe kommen, denn am 17.  Februar jährt zum 300. Mal sein Geburtstag. Grund zu fragen: Wer war der Mann, dank dessen Forschungen Schiffe auf den Weltmeeren sicheren Kurs halten konnten?

Die Gründung des Mayer-Vereins führte zur Renaissance des Astronomen

Die Spurensuche führt mitten in die Marbacher Altstadt. Hier steht das Haus, das Mayers Vater, der auch den Vornamen Tobias trug, im Jahr 1711 baute. Der Brunnenbaumeister zog mit der Familie allerdings 1724 ein Jahr nach der Geburt des Sohnes arbeitsbedingt nach Esslingen um. Der kleine Tobias eiferte dem Vater nach, der viel skizzieren musste. „Das überragende zeichnerische Talent ist neben der schnellen Auffassungsgabe und einem guten Gedächtnis die Keimzelle, mit dem Mayer der Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen gelang“, sagt Armin Hüttermann, langjähriger Vorsitzender des Tobias-Mayer-Vereins in Marbach und einer der Macher, die im Geburtshaus jahrzehntelang ein kaum beachtetes Mini-Museum betrieben. „Man kann sagen: Tobias Mayer geriet in Marbach nahezu in Vergessenheit – das änderte sich erst 1981 mit der Gründung des Mayer-Vereins.“

Der Stern des Astronomen ging in einer Art Renaissance wieder auf und erreichte 2018 einen Höhepunkt. Dank eines Mäzens und eines für den symbolischen Preis von einem Euro erworbenen Nachbarhauses entstand ein mondäner Museumsneubau.

In Esslingen zeichnete der 16-Jährige den ersten Stadtplan

Aus dem Staub zu den Sternen, das gilt auch für den gesamten Lebensweg des jungen Tobias Mayer. Kaum ist er acht Jahre alt, reißt ihm der Tod den Vater aus dem Leben – mit 14 Jahren verliert Tobias Mayer auch die Mutter. Im Waisenhaus und vor allem beim Esslinger Bürgermeister, bei dem sich das schlaue Kind oft aufhalten durfte, fiel der Jugendliche durch genaue Skizzen auf. Aus eigenen Antrieb erstellte der 16-Jährige einen Grundriss der Stadt – der Magistrat ließ diesen ersten Stadtplan der Reichsstadt von einem Kupferstecher 50-fach vervielfältigen, gab dem Jungen dafür zwei Silbermünzen und beauftragte ihn weiter. „Der Stadtplan ist Ausfluss von Mayers ausgeprägtem Interesse an Mathematik und Geometrie“, urteilt der Biograf Thomas Knubben in einem Aufsatz zum 300. Geburtstag. Schon in dieser Zeit deutete sich das unermüdliche Streben Mayers an, sich auch in den Nachtstunden der Wissenschaft zu widmen.

Intelligenz und Instrumente – diese Mischung sollte Mayer auf seinem Weg zum Kartenperfektionisten begleiten. In Augsburg fand Mayer als 21-Jähriger Arbeit bei einer Firma für Kartografie und Kupferstich. Er feierte ein Jahr später mit dem Mathematischen Atlas einen enormen Erfolg. Was ihm den weiteren Weg ebnete, war sein Wissen über Astronomie, mit dem er die bis dahin ungenauen Landkarten entscheidend präzisieren konnte. Das zeigte Mayer als 27-Jähriger in einer Mappa Critica, die Deutschland abbildete, nachdem er vier Jahre zuvor zum Homännischen Verlag nach Nürnberg gewechselt war. Als Grundlagenforscher mit Teleskop, Fernrohrquadrant und einem selbst entwickelten Mikrometer erforschte der Newcomer auf der Nürnberger Sternwarte den Mond. So perfektionierte er ein Verfahren, mit dem er den Längengrad bestimmen konnte. Das gelang Mayer, indem er die Entfernung des Mondes von Fixsternen zu verschiedenen Zeiten maß: die sogenannte Mond-Distanzen-Methode. „Mayers Ortung ist ein Vorläufer von modernen GPS-Systemen und Navigatoren“, sagt Rainer Abbenseth, aktuell Vorsitzender des Tobias-Mayer-Vereins.

Ein Ruf an die Göttinger Universität war der Lohn für den 27-Jährigen. Aber auch dort forschte der Professor für praktische Mathematik unentwegt und gewann mit seiner verbesserten Monddistanz-Methode den Längenpreis der britischen Admiralität, der 1765 seiner Witwe 3000 Pfund erbrachte. Mayer selbst war da schon tot. Er starb 1762 an Typhus. Das Faulfieber hatte ein französischer Besatzungsoffizier eingeschleppt.

Wo und wann gibt es Mayer am Festwochenende?

Buchpremiere
 „Tobias Mayer oder Vermessung der Erde, des Meeres und des Himmels“: Lesung mit dem Autor Thomas Knubben am Mittwoch, 15. Februar, um 19.30 Uhr im Schlosskeller Marbach.

Laternenlauf
 Zum Geburtstag Lesung aus der Autobiografie, anschließend Laternenlauf vom Tobias-Mayer-Museum zur Stadthalle am Freitag, 17. Februar, 18 Uhr.

Festabend  „Mayer immortalis“, unter anderem mit dem Festvortrag „Die Vermessung der Erde aus dem All“ mit Nico Sneeuw, Professort für Geodäsie an der Uni Stuttgart. am Freitag, 17. Februar, 20 Uhr, Stadthalle Marbach.

Vernissage „Die privaten Briefe der Mayer-Familie“, Ausstellung im Tobias-Mayer-Museum, feierliche Eröffnung am Samstag, 18.  Februar, 16 Uhr.

Show „Science Slam – Bühne frei für die Wissenschaft!“ Wissenschaftler präsentieren ihre Projekte unterhaltsam am Samstag, 18. Februar, 20 Uhr, Stadthalle Marbach.

Gottesdienst Festgottesdienst mit Bach-Kantate der evangelischen Kirchengemeinde am Sonntag, 19. Februar, 10 Uhr, in der Marbacher Stadtkirche.

Vortrag „Tobias Mayers Winkelmessinstrumente“ mit Günther Oestmann am Sonntag, 19. Februar, 11.30 Uhr im Bürgersaal des Marbacher Rathauses.

Für Kinder Vorlesestunde „Zum Tobias-Mayer-Jahr: Weltraum“, für Erst- und Zweitklässler am Donnerstag, 16. Februar, 16.30  Uhr, Ortsbücherei Rielingshausen. „Eichhörnchen Stella fliegt zum Mond“ für Kinder ab 4 Jahren am Mittwoch, 1. März, 16  Uhr, Stadtbücherei Marbach.

Podcast Die Stadt Esslingen hat einen Podcast zu Mayer veröffentlicht: