Abschlussabend bei den Gute-Nacht-Geschichten im Pomeranzengarten. Das Finale übernehmen Nicole Bender und Peter Höfer gemeinsam mit einer Lesung aus „Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag“ von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais. Foto: Simon Granville

Leichter Regen kann die Stammbesucher der Lesungen im schönen Leonberger Pomeranzengarten nicht erschüttern.

Herbstliche 17 Grad und Nieselregen haben die Besucher nicht von den letzten Gute-Nacht-Geschichten abgehalten: Rund 60 Gäste sitzen im Pomeranzengarten, alle gewappnet mit Regenschirmen, die sie nach der zweiten Lesung auch aufklappen müssen. Aber ein Umzug in die Stadtkirche bleibt allen erspart, denn wer hierher kommt, der will die besondere Atmosphäre der Lesungen im Leonberger Pomeranzengarten genießen und nirgendwo sonst. Entschädigt für das schlechte Wetter werden die Besucher durch eine gelungene Abschlussveranstaltung, eine stimmungsvolle Abendlektüre, die von viel Humor durchzogen ist.

Figaros Hochzeit kommt auf die Bühne

Gekonnt präsentieren die Schauspieler der Theatergruppe „Bühne 16“, Nicole Bender und Peter Höfer, mit verteilten Rollen Auszüge aus „Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag“ von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, später vertont von Wolfgang Amadeus Mozart. Eine modernisierte Version der Komödie wird die „Bühne 16“ im kommenden Jahr im Leonberger Theater im Spitalhof aufführen, Premiere ist am 13. April 2024.

Peter Höfer berichtet, dass Beaumarchais ein spannendes Leben führte. 1732 geboren, wurde er zunächst Harfenlehrer und Uhrmacher und schrieb in den Folgejahren zwei Komödien, in denen er mit scharfem Witz den Adel lächerlich machte. Mit der Geschichte eines gewissenlosen Grafen und seines klugen Dieners und Friseurs Figaro kritisierte Beaumarchais Adel und Ständegesellschaft.

Was, wenn die Natur zurückschlägt?

Ein im Gegensatz zu „Figaros Hochzeit“ durchaus aktuelles Werk angesichts der Klimaveränderungen hat sich der Maler Harry Berndt für seine Lesung ausgesucht, den erst kürzlich veröffentlichten Roman „Blue Skies“ von T. C. Boyle. Die Szenerie ist gängig: Todd und Cat heiraten, die 100-köpfige Hochzeitsgesellschaft trifft sich bei appetitlichen Häppchen im Garten, um zu feiern. Doch das sich wandelnde Klima macht der Gesellschaft schnell einen Strich durch die Rechnung und zeigt, was passiert, wenn die Natur zurückschlägt: da ist die große Hitze, ein plötzlich einsetzender Sturm und eine Insektenplage, der kurzerhand mit gerösteten Heuschrecken begegnet wird. Boyle erzählt sehr unterhaltsam, wie die Klimakrise das Leben einer ganz normalen Familie erschreckend verändert.

Moderiert wird die Abschlusslesung vom Grünen-Stadtrat Sebastian Werbke, der selbst aus „Deutsch – Eine Liebeserklärung“ von Roland Kaehlbrandt vorliest. Der Autor präsentiert spritzig und amüsant die Vorzüge der deutschen Sprache, die doch oft eher als kompliziert und unzugänglich gilt. Werbke konzentriert sich in seiner Textauswahl auf die Integrationsfähigkeit der deutschen Sprache, die schnell Anglizismen und andere Lehnwörter aufnimmt und eindeutscht.

Insgesamt zieht die Stadt Leonberg ein positives Fazit der Gute-Nacht-Geschichten, trotz der widrigen Begleitumstände. Die aktuellen Besucherzahlen bewegten sich je nach Wetterlage geschätzt zwischen 40 und 80 Personen pro Tag. „Täglich um 16 Uhr haben wir je nach Witterungsvorhersage entschieden, ob die Lesung im Pomeranzengarten oder in der Stadtkirche stattfindet“, berichtet Leila Fendrich, die stellvertretende Pressesprecherin. „Die meisten Tage hatten wir Glück. Eine Ausnahme gab es am Mittwochabend: Nachdem die Vorhersage tendenziell positiv war, begann es kurz vor dem Start zu regnen. Deshalb zogen wir in die Stadtkirche um.“ Keine einfache Entscheidung für die Verantwortlichen, aber das auf den Pomeranzengarten eingeschworene Stammpublikum der Gute-Nacht-Geschichten lässt sich auch im 25. Jahr durch schlechtes Wetter kaum schrecken.