Auf welche Preise an der Zapfsäule müssen sich Verbrauchen einstellen? Foto: Kevin Lermer/7aktuell.de

Kommende Woche greift das lange angekündigte Entlastungspaket für Autofahrer. Wie teuer ist Sprit dann?

Am Freitag hat der Bundesrat den sogenannten „Tankrabatt“ beschlossen. Das bedeutet, dass vom 1. Juni an die Preise für Benzin und Diesel sinken sollen. Doch wie teuer ist Sprit dann?

Eine Datenanalyse unserer Zeitung zeigt: Auch mit „Tankrabatt“ wird Sprit nicht günstiger sein als noch Mitte Februar, also kurz vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Gemessen an den aktuellen Preisen (Stand: 23. Mai) ist Diesel auch inklusive Rabatt um etwa zehn Prozent teurer, nämlich 1,98 Euro je Liter gegenüber 1,78 Euro am 14. Februar. E 10 (1,84 Euro) und Super (1,90 Euro) wären ungefähr so teuer wie Mitte Februar.

Der Bundeswirtschaftsminister Christian Lindner (FDP) hatte den „Tankrabatt“ genau einen Monat nach dem russischen Einmarsch angekündigt. In der Folge sanken die Spritpreise zunächst, Ende April stiegen sie aber wieder an. Die folgende Grafik zeigt die Preisentwicklung – und die Kosten je Liter Kraftstoff einschließlich „Tankrabatt“:

Um die Entwicklung in Stuttgarter seit Jahresbeginn beispielhaft abzubilden, haben wir die täglichen Höchstpreise der Aral-Tankstelle an der Stuttgarter Schwabengarage unter die Lupe genommen. Diese zählt zwar zu den teureren im Stadtgebiet, ist aber sehr prominent an der B 14 gelegen. Zehntausende fahren täglich daran vorbei, das dortige Preisschild dient also vielen als Orientierung. Daten des Statistischen Bundesamtes legen zudem nahe, dass die deutschlandweite Entwicklung der Spritpreise in den letzten Monaten vergleichbar verlaufen ist.

Neuerlicher Preisanstieg seit April

Bemerkenswert ist, dass sowohl Diesel- als auch Benzinpreise im April bereits niedriger lagen. So kostete ein Liter Super am 26. April höchstens 2,12 Euro, bei Diesel lag der niedrigste Wert immerhin bei 2,13 Euro am 12. April. Seit Ende April werden die Kraftstoffe jedoch wieder teurer. Dies hängt nach Angaben des ADAC auch mit steigenden Rohölpreisen im gleichen Zeitraum zusammen.

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Doch es gab auch Vorwürfe, dass die Mineralölkonzerne die Spritpreise künstlich anheben würden – um den „Tankrabatt“ sozusagen vorab einzupreisen. Beweisen kann man das nicht. Doch der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat vergangene Woche angekündigt, das Bundeskartellamt werde die Preise „sehr genau beobachten und bei jeglichem Hinweis auf missbräuchliches Verhalten tätig zu werden“. Der ADAC-Kraftstoffmarktexperte Jürgen Albrecht sagte zum Nachrichtenportal ntv.de, das Niveau der Spritpreise sei nach wie vor viel zu hoch. In Zeiten mit ähnlichen Ölpreisen und Dollarkursen, normalerweise zentrale Treiber der Spritpreisentwicklung, sei Treibstoff in der Vergangenheit deutlich billiger gewesen.

Was den Spritpreis beeinflusst

Die Kraftstoffpreise werden in Deutschland neben den Rohstoffpreisen durch den Dollarkurs beeinflusst, obendrauf kommen die Margen der Raffinerien, Zwischenhändler und Tankstellen sowie Transport- und Lagerkosten. Neben der Mehrwertsteuer (19 Prozent) wird die Energiesteuer fällig: bei Diesel sind es 47 Cent je Liter, bei Benzin 65 Cent. Der „Tankrabatt“ senkt diese Steuer beim Diesel um 14 Cent, bei Benzin um 30 Cent. Das ist der europarechtlich zulässige Mindestsatz.

Der Blick auf das obige Schaubild zeigt, dass Autofahrer sich trotz „Tankrabatt“ auf höhere Preise als vor dem Ukrainekrieg einstellen müssen. Vergangenen Freitag, als der Bundesrat dem „Gesetz zur Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe“ zustimmte, kostete Super am Neckartor bis zu 2,21 Euro pro Liter, E 10 kostete 2,15 Euro und Diesel 2,13 Euro. Mit „Tankrabatt“ auf Energiesteuer und Mehrwertsteuer wären es bei Diesel 17 Cent je Liter weniger, bei Benzin etwa 35 Cent.

Diesel bald wieder teurer als Benzin?

Als Finanzminister Lindner ankündigte, kostete Benzin gleich viel, Diesel sogar 2,30 Euro je Liter. Der Preis ist seither deutlich gefallen, seit dieser Woche ist Diesel an der Schwabengarage erstmals seit März wieder günstiger als Benzin. Weil die Steuersenkung auf Benzin höher ausfällt, würde sich das zum 1. Juni aber wieder ändern – zumindest wenn bis dahin bei den Preisen nicht sehr viel Bewegung hereinkommt.

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Während Autofahrer von dem „Tankrabatt“ unmittelbar profitieren, regt sich weiter Kritik an dem Entlastungsgesetz – etwa vom haushaltspolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler. Der Vorschlag sei sozial wenig ausgestaltet, Menschen mit „fetten SUVs“ – also Autos mit hohem Verbrauch – würden am meisten davon profitieren. Auch Kindler will stattdessen die großen Konzerne der Ölförderung und -Verarbeitung stärker in die Pflicht nehmen und eventuelle illegale Preisabsprachen verhindern.

Diese Gefahr sieht man auch beim ADAC. „Trotz aller kriegsbedingten Sondereffekte und Erklärungen für die hohen Spritpreise – irgendwo zwischen Ölförderung und Tankstelle bleibt das zusätzliche Autofahrergeld hängen“, sagte der Kraftstoffmarktexperte Jürgen Albrecht der Nachrichtenagentur dpa. „Die Mineralölkonzerne verdienen im Raffineriegeschäft derzeit richtig gutes Geld.“