Die Exporterwartungen der Industrie sind eingebrochen. Foto: imago/Arnulf Hettrich

Die schwächelnde Inlandsnachfrage und der Fachkräftemangel machen der Südwestwirtschaft immer mehr zu schaffen. Nur noch 16 Prozent der Unternehmen blicken optimistisch in die Zukunft, wie aus einer Konjunkturumfrage hervorgeht.

Nach einer kurzen Aufhellung im Sommer zeigt sich im Land ein trüber Konjunkturherbst. Nicht nur die Erwartungen, auch die Lage in den Unternehmen hat sich deutlich verschlechtert, wie aus der aktuellen Konjunkturumfrage der baden-württembergischen Industrie- und Handelskammer (BWIHK) hervorgeht.

Inzwischen beschreiben nur noch 33 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, 17 Prozent bezeichnen sie sogar als schlecht. Im Frühsommer meldeten noch fast die Hälfte der Firmen (41 Prozent) gute und nur zehn Prozent schlechte Geschäfte. Befragt wurden zwischen Mitte September und Anfang Oktober 2024 landesweit 3340 Unternehmen aller Größen und Branchen.

Deutlich eingebrochen sind die Geschäftserwartungen. Nur noch 16 Prozent blicken optimistisch in die Zukunft, während doppelt so viele von einer weiteren Verschlechterung ausgehen (33 Prozent). Im Frühsommer rechneten noch 23 Prozent mit einem Aufschwung und 20 Prozent mit einer Verschlechterung der Lage. „Das Ergebnis der Umfrage zeigt deutlich, dass es allerhöchste Zeit ist zu handeln “, sagte Claus Paal, Präsident der für die Volkswirtschaft federführenden IHK Region Stuttgart.

Schlechteste Umfragewerte seit gut 20 Jahren

Abgesehen von der Finanzkrise und der Pandemie seien die Umfragewerte so schlecht wie zuletzt vor mehr als 20 Jahren ausgefallen. Als größtes Risiko sehen die Unternehmen die nachlassende Inlandsnachfrage (64,1 Prozent nach 52,6 Prozent im Frühjahr), gefolgt vom Fachkräftemangel (63,5 Prozent). Im Sommer lag dieser mit dem Höchstwert von 68 Prozent mit großem Abstand an der Spitze. Hier mache sich die Konjunkturschwäche mit den derzeit überwiegend nach unten korrigierten Beschäftigungsaussichten bemerkbar.

Der Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Zwar haben 32,2 Prozent der Unternehmen keinen Personalbedarf, vor einem Jahr waren es 24,8 Prozent, doch jedes zweite Unternehmen kann seine offene Stellen zumindest teilweise nicht besetzen. Am häufigsten scheitern Unternehmen wie im Vorjahr an der Stellenbesetzung für Fachkräfte mit dualer Berufsausbildung (78 Prozent).

Der Blick in die Branchen fällt unterschiedlich aus. Im Baugewerbe erwartet jede zweite Firma schlechtere Geschäfte. Hier belasten vor allem hohe Preise für Energie und Baumaterial, fehlende Fachkräfte und die Auftragsrückgänge durch steigende Zinsen und die allgemeine Ausgabenzurückhaltung. Dem Handel machen Inflation und Nachfragerückgang zu schaffen. Stark abgekühlt hat sich das konjunkturelle Umfeld in der Industrie. Nur 23 Prozent der Betriebe stufen ihre Lage noch als gut ein – 29 Prozent als schlecht. Exporterwartungen sind eingebrochen. Für jeden zweiten Industriebetrieb ist die nachlassende Auslandsnachfrage ein Geschäftsrisiko. Nur der Fahrzeugbau erwartet leichtes Wachstum.

Arbeitskosten und Energiepreise als Risiken

Für die Wirtschaft insgesamt sind nicht nur die nachlassende Inlandsnachfrage und der Fachkräftemangel bedeutende Risiken. Auf Platz drei und vier folgen die hohen Arbeitskosten (55,1 Prozent) und die hohen Energiepreise (54 Prozent). Jedes dritte Unternehmen (31 Prozent) sieht mittlerweile sogar die politischen Rahmenbedingungen als bedeutendes Geschäftsrisiko. Bei Themen wie Bürokratieabbau, Arbeitsmarkt und Kalkulierbarkeit der politischen Vorgaben müsse man ansetzen. „Die Unternehmen brauchen Planbarkeit“, sagte Paal. Unter der E-Mail-Adresse buerokratieabbau@stuttgart.ihk.de können Unternehmen ihren Bürokratieärger loswerden.