Ein großer Tag für mehr als 70 Jugendliche: Sie feierten am 26. März 1950 in Obertürkheim Konfirmation mit anschließendem Abendmahl. Foto: Hermann Schall

Am vergangenen Erntedank-Sonntag feierten 12 Obertürkheimerinnen und Obertürkheimer die Gnadenkonfirmation in der Andreaskirche. Vor 70 Jahren hatten sie ihre Erstkonfirmation.

Obertürkheim - Die Aufregung unter den zwölf Konfirmandinnen und Konfirmanden von einst war am vergangenen Sonntag fast so groß wie vor 70 Jahren. „Es ist wegen der Corona-Bestimmungen ein wenig kompliziert, aber es ist eine Gnade, dass wir uns 70 Jahre nach unserer Erstkonfirmation wieder treffen und beim Gottesdienst in der Andreaskirche im Mittelpunkt stehen dürfen", freut sich Organisator Hermann Schall. Die 84- bis 85-Jährigen erinnerten sich noch gut an den 26. März 1950. „Wir waren mehr als 70 Jugendliche, die an dem Sonntag konfirmiert wurden. Deswegen wurden wir in zwei Gruppen eingeteilt. Für die eine Hälfte wurde in der Petruskirche, für die andere Hälfte hier im damaligen evangelischen Gemeindehaus ein Festgottesdienst ausgerichtet“, erzählt Waltraud Finkbeiner. Die Spuren des Krieges waren damals, fünf Jahre nach Kriegsende, noch nicht zu übersehen. Die Andreaskirche war zerstört gewesen, der Gottesdienst wurde dennoch im voll besetzten Saal gefeiert. „Obwohl natürlich noch auf jeden Pfennig Acht gegeben werden musste, habe ich ein schwarzes Kleid aus Samt erhalten und wir trugen alle eine Nelke am Revers“, erzählt Ursula Wetzel. Verwandte kamen zum Festgottesdienst und blieben danach auch zum Konfirmandenessen im Familienkreis. „Beim Bäcker Paule“, wie Wetzel sich erinnert. „Es war das erste große Familienfest nach Kriegsende.“

Andere feierten nach dem Festgottesdienst am Vormittag daheim. „Für das Festessen wurde ein Stallhase geschlachtet, dazu gab es Spätzle und Salat“, erzählt Dieter Schall. Große Geschenke, so wie es heute üblich ist, habe es nicht gegeben, sagt Hermann Schall. Am Nachmittag trafen sich alle Konfirmandinnen und Konfirmanden aber nochmals in der Petruskirche zum gemeinsamen Abendmahl mit Pfarrer Mauch und Vikar Krull. „Es war der Abschluss einer langen, gemeinsamen Zeit im Konfirmandenunterricht und als Zuhörer in den Gottesdiensten“, sagt Schall.

Die Erlebnisse verbinden die Mitglieder des Konfirmandenjahrgangs 1950 noch heute. Unter der Regie von Hermann Schall treffen sich die Verbliebenen normalerweise zwei Mal im Jahr. Einmal im Frühjahr in der Besenwirtschaft und am eigentlichen Kirbemontag beim Haus- und Hoffest im Weingut Zaiß. Dieses Jahr war Ende März ursprünglich ein weiteres Treffen geplant: die Gnadenkonfirmation. „Wir hatten alles bereits organisiert, doch dann kam der Lockdown“, erzählt Schall. Der Festgottesdienst und das Beisammensein mussten abgesagt und verschoben werden. Mit Pfarrerin Friderike Weltzien fand Schall den geeigneten Ersatztermin: den Erntedank-Gottesdienst am 4. Oktober. Ursprünglich wollte die evangelische Kirchengemeinde im Anschluss an den Erntedank-Gottesdienst ein Essen im Saal anbieten, zu dem sich auch die zwölf Gnadenkonfirmanden angemeldet hatten. Doch es musste abgesagt werden. „Schade darum. Aber der Gottesdienst war eine schöne Zeremonie und wir zwölf Konfirmierte werden hoffentlich bald wieder eine Gelegenheit bekommen, uns zu treffen“, sagt Schall.