Die erste (Mädchen-)Klasse der Stuttgarter Falkert-Grundschule vor 90 Jahren. Das Mädchen ganz rechts in der hintersten Reihe ist Doris Bloch. Irene Epple, ihre heute 97-jährige ehemalige Schulfreundin, ist in derselben Reihe die Vierte von links. Die Pünktchen auf einigen der Köpfe stammen von Frau Epple; sie wollte damit markieren, wen sie noch kennt. Doris Bloch gehörte dazu. Foto:  

Wer war Doris Bloch, das jüdische Mädchen, das 1939 mit einem Kindertransport Stuttgart in Richtung England verließ? Dank zweier Leserinnen wissen wir jetzt mehr über ihr Leben.

Ein Stein, der Kreise zieht, Erinnerungskreise – so war ein Beitrag überschrieben, der sich mit den Kindertransporten beschäftigte, durch die vor 85 Jahren rund 10 000 jüdische Kinder aus Nazi-Deutschland nach England in Sicherheit gebracht wurden. Eines dieser Kinder war die gebürtige Stuttgarterin Doris Bloch, über die anfangs nur wenige Daten Auskunft gaben: „Doris Bloch, geb. 26.11.1926 in Stuttgart, Besuch des Hölderlin-Gymnasiums. Jan. 1939 allein nach England, Eltern folgten im März 1939. März 1940 nach USA.“ So steht es in einem Erfassungsbogen der Dokumentationsstelle zur Erforschung der Schicksale der jüdischen Bürger im Südwesten, der im Hauptstaatsarchiv lagert.

Auf die Veröffentlichung hin meldete sich eine Schulfreundin jener Doris Bloch in der Redaktion: Irene Epple, die in Berglen bei Schorndorf lebt. Die 97-Jährige erinnerte sich an den gemeinsamen Schulweg zur Falkert-Grundschule im Stuttgarter Westen, an Besuche bei den Blochs, die in der Schwabstraße wohnten und daran, „dass die Doris das schönste Mädchen in der Klasse war“. In ihren Unterlagen fand sie ein Foto vom Sommer 1934, das ihre damalige Mädchenklasse zeigt: 39 herausgeputzte Erstklässlerinnen, die fröhlich in die Kamera schauen.

Wie der weitere Lebensweg von Doris Bloch verlief, weiß Irene Epple nicht, denn nach der Grundschule trennten sich die Wege. Doris Bloch wechselte aufs Hölderlingymnasium, Irene Epple besuchte die Mittelschule, später das Königin-Olga-Stift. Dass ihre jüdische Schulkameradin 1939 mit einem Kindertransport nach England kam, erfuhr Epple erst jetzt aus der Zeitung: „Gerne würde ich wissen, wie es Doris später ergangen ist.“

Jetzt findet die Geschichte eine Fortsetzung; der Stein zieht weitere Kreise. Aus Korntal-Münchingen meldete sich Birgit Arnold, die sich mit Familienforschung beschäftigt und in den Stolperstein-Initiativen engagiert ist. Nachdem sie den Bericht in unserer Zeitung gelesen hatte, recherchierte sie und wurde schließlich im Archiv der „New York Times“ fündig.

Demnach starb Doris Bloch, am 24. Juli 2002 im Alter von 75 Jahren in New York. Mit dem 17 Jahre später verstorbenen Journalisten J. Robert Moskin hatte sie drei Kinder: Mark, David and Nancy. Die Ehe ging später auseinander. Erwähnt werden auch ihre drei Enkelkinder – Isaac, Lillian und Mae Rose – und dass Doris Bloch in „Stuttgart, Germany“ geboren wurde, ehe sie über England noch als Kind in die USA kam. Den Angaben zufolge machte sie ihren Schulabschluss im Queens College und war beruflich erfolgreich; sie stieg zur Verwaltungsratspräsidentin an der Scarsdale-Erwachsenenschule auf. Dank der beiden Leserinnen bekommt das Leben von Doris Bloch, die Stuttgart vor 85 Jahren mit einem Kindertransport verließ, Konturen.

In New York war sie beruflich erfolgreich