Das Kölsch im Kranz gehört dazu: Bei der Kölner Karnevalsparty im Mash ist der Spaß groß. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Köln ist von Stuttgart 370 Kilometer entfernt, doch im Mash ist Stuttgart total jeck. Die „Rheingeschmeckten“ feiern mit kölschem Bier und kölschen Hits die Lebenslust. Der häufigste Satz der Nacht: Das ist die beste Karnevalsparty der Stadt!

Bis Stuttgart in die Champions League des Karnevals aufsteigt, muss es noch viel Konfetti regnen. Was hat Köln, was wir nicht haben? Im Mash im Bosch-Aral kann man in dieser wilden Nacht den gar nicht kleinen Unterschied erleben, sich dieser Faszination des Miteinanders und dieser Superlaune nicht entziehen! Dieser Strudel reißt jeden Faschingsfremden mit. Narrenhut ab und Alaaf, ihr Jecken, ihr habt’s drauf!

Die 900 Karten für die „größte Kölner Karnevalsparty außerhalb von Köln“ waren innerhalb von 16 Stunden ausverkauft. Seit knapp 20 Jahren lädt der Verein Die Rheingeschmeckten, in dem sich gebürtige Rheinländer versammeln, die in Stuttgart wegen der Liebe, des Berufs oder wegen was auch immer gelandet sind, zum Feiern auf die kölsche Art ein.

Zunächst genossen die eingewanderten Frohnaturen ihren Exotenstatus. Doch längst hat sich bei Ur-Schwaben herumgesprochen, wo Stuttgarts wildeste Faschingssause steigt. In der Nacht zum Samstag feiert Gudrun Nopper (verkleidet als Zarin) mit, die Frau des Stuttgarter Oberbürgermeisters Frank Nopper, die daheim erzählen kann, wie gut die Integration des Rheinländers im kochenden Multi-Kulti-Kessel gelungen ist.

„Leev Marie, ich bin kein Mann für eine Nacht“

Was die Erfolgsformel der Jecken ist? Die Musik! Die Musik! Die Musik! Keine Hits vom Ballermann sind zu hören, keine Layla, die schöner, jünger, geiler ist, stattdessen dröhnt’s ultrastark aus 900 Kehlen: „Leev Marie, ich bin kein Mann für eine Nacht. Leev Marie, das habe ich noch nie gemacht. Leev Marie, es muss die wahre Liebe sein. Für eine Nacht bleib ich lieber allein.“

Textsicher singt im engen Gedränge und Getanze der ganze Saal die Ohrwürmer der Höhner, der Brings, der Räuber, von Kasalla und Co. mit – DJ BaLou aus Köln, der Kola statt Kölsch trinkt, begeistert mit seiner Musik alle Generationen. Seine Auswahl an Partyknallern ist riesig. So eine gigantische Musikszene wie in Köln gibt’s in Stuttgart nicht – schon allein deshalb kann der Fasching in unseren Breiten nicht so ekstatisch werden.

DJ BaLou ist begeistert vom Publikum im Mash. Die Stimmung, sagt er, erinnere ihn an eine Karnevalsparty in einem Kölner Vorort, urig, lustig, authentisch. In den Kneipen der Kölner City seien oft „zu viel Touristen“, die nur schauen wollten. Dass im Karneval oft Uniformen getragen werden, habe einen einfachen Grund, sagt er: Die Karnevalsgarden seien als Persiflage auf die Armee entstanden, seien also nicht militaristisch zu verstehen, sondern als Ausdruck gegen den Krieg.

Der nächste Trumpf im Mash: Kölsch im Kranz! Abwechselnd holen die Gäste zehn 0,2-Gläser für 25 Euro mit einem Griff, auf dass sich später auch die Taxifahrer freuen können – oder das benachbarte Hotel Maritim, in dem etliche Narren morgens gegen 4 Uhr in die Betten purzeln.

Die Kostüme sind der dritte Grund, warum das Feiern bei den Rheingeschmeckten so viel Spaß macht. Mönche, Ärzte, Astronauten, Banditen – kennt man ja. Neu aber sind die Klimakleber der letzten Generation. „Wenn wir jetzt nicht feiern, feiert keiner mehr“, steht bei ihnen hinten auf dem Rücken drauf – und den Alleskleber haben sie um den Hals gehängt.

Autogrammkarten mit Rosenduft

Ein anderer Jeck trägt den Basketball-Korb auf dem Rücken, verteilt die Bälle, dreht sich um. Beim Treffer flippt die Runde aus. Die unbeschreibliche Leichtigkeit des Feierns steckt an. Laut ist’s – und trotzdem kommt man mit Fremden rasch in Kontakt. Für eine Nacht sind Krisen, Kriege, Klimanotstände vergessen – bei den Rheingeschmeckten tankt man auf, um sodann die Welt umso besser retten zu können.

Dies gefällt auch Stuttgarter Karnevalisten, die im Mash reichlich vertreten sind. Franz Mühlbäck etwa vom Möbelwagen ist da und verteilt neuartige Autogrammkarten von Musicalstar Hannes Staffler, der mit seiner Frau erneut das Stadtprinzenpaar der Möbler bildet. Wer auf diesen Karten reibt wie beim Rubbellos, wird mit einem Rosenduft belohnt.

So verschieden der Rhein und der Nesenbach plätschern – so verschiedenen feiert man da wie dort auch den Fasching. Die kölsche Sprache bietet wunderschöne Wörter wie „Plüschprumm“, „puddelrüh“ oder auch „Jedöns“. In dieser Nacht lernt der Schwabe viel – nicht nur, dass man für Gläser, die so groß sind wie ein Fingerhut, oft ewig an der Theke anstehen muss. Doch man tut’s ja abwechselnd. Jeder ist mal dran. „Man glaubt gar nicht, dass man in Stuttgart ist“, sagt ein Fan des Festes, „so locker sind alle drauf.“

Beim Fest der Rheingeschmeckten geht’s dem Schwaben wie seinem Hund beim Gassigehen: Wenn plötzlich ein Wildtier auftaucht, bricht die wahre Natur durch. Schon gibt’s kein Halten mehr! Ach ja: Man sollte rechtzeitig Karten kaufen für die nächste Kölner Party 2025 im Mash. Wir sind halt keine Männer nur für eine Kölner Nacht.