Otto Kuhnle, Michael Gaedt und Roland Baisch (von links) nennen sich nicht mehr KGB sondern Kuhnle, Gaedt & Baisch. Foto: Veranstalter

Otto Kuhnle, Roland Baisch und Michael Gaedt treten an diesem Freitag gemeinsam im Theaterhaus auf. Wir haben uns vorher mit den drei Stuttgarter Komödianten über Humor in Stuttgart unterhalten. Ein Ergebnis: „In Stuttgart denkt man, der Humor sei tief, aber das denkt man auch nur, weil Stuttgart im Tal liegt.“

Otto Kuhnle, Wahlberliner mit Wurzeln in  Schwäbisch  Gmünd, tritt mit seiner Comedy auch in Großbritannien auf. Michael Gaedt hat Jahrzehnte lang als Rampensau der Kleinen Tierschau in Stuttgart fungiert, und Roland Baisch wechselt seit langem von Korntal aus zwischen Comedy und Country. Gemeinsam nannten sie sich die drei Humoristen bis vor kurzem KGB. Jetzt treten sie ohne die Abkürzung als Kuhnle, Gaedt & Baisch mit ihrem Programm „In 180 Jahren um die Welt“ im Theaterhaus auf. Vom Humor in Stuttgart sind die drei Entertainer nicht restlos überzeugt.

Herr Gaedt, Herr Baisch, Herr Kuhnle, viele Leute hierzulande scheinen sich unter britischem Humor mehr vorstellen zu können, als unter Stuttgarter Humor. Wie würden Sie als Protagonisten den Stuttgarter Humor beschreiben?

Baisch: Ich habe mich eigentlich stark an ausländischem Humor orientiert. Damals bei den Shy Guys haben wir versucht,  das Lokalkolorit nicht wahrzunehmen, sondern wir wollten einfach raus.

Gaedt: Es gibt definitiv einen spezifischen Stuttgarter Humor, aber wir sind nichts anderes als Feldspieler im Stadion: Uns fehlt der Ausblick, den der Trainer hat, wenn er sich das ganze Gewusle und Tohuwabohu anguckt. Auch der Waidmann, der morgens um 4 Uhr auf dem Hochstand sitzt, mag das alles überblicken.

Hat Ihre Luxus-Position nicht schon immer darin bestanden, zugleich Feldspieler, Trainer und Waidmann sein zu dürfen?

Baisch: Und Publikum! Aber davon abgesehen gibt es intelligenten schwäbischen Humor und jenen, wo die Frau auch heute noch mit dem Nudelholz hinter der Bühne steht, und der Mann kommt besoffen heim und kriegt eins auf den Deckel.

Kuhnle: Selbstverständlich gibt es einen spezifischen Stuttgarter Humor. Aber das kann man als jemand, der in Stuttgart lebt, natürlich nicht erkennen. Den Stuttgarter Humor kann man einfach beschreiben: mit Sparsamkeit. Bitte schwerere Fragen.

Die Leute sind sich weitgehend einig, dass so etwas wie ein spezieller Wiener Humor existiert, aber . . .

Gaedt: Wahrscheinlich könnten sich andere Menschen als wir auch einig sein, dass es einen speziellen Stuttgarter Humor gibt: Wenn die A-Klasse den Elchtest nicht besteht, hat das durchaus eine gewisse Komik.

Baisch: Der Schwabe neigt ja zur Verkleinerung: Schätzle, Häusle, Autole. Der Wiener oder der Hamburger hat oft etwas Großspuriges. Aber Stuttgart hat ja in dem Sinne keinen Glamour: Bei Promi-Partys ist immer der Mittelstand da, aber keine Promis.

Wie kommen Sie als Handelnde im Stuttgarter Humorbusiness mit dieser Verkleinerung zurecht?

Baisch: In Amerika kann einer, der keinen Humor hat, kein Geschäftsmann sein. Dort muss man Witze machen können, aber diese Form des Smalltalks gibt es bei uns nicht. In Stuttgart ist Humor suspekt: Wenn man lustig ist, wirkt das für viele Leute leicht oberflächlich. Das ist ein Dilemma.

Gaedt: Aber guck mal. Wenn wir uns nur an Häberle und Pfleiderer erinnern, an diesen kleinen Sketch, in dem der eine zum anderen sagt: „Ich habe Ihre Frau gestern gesehen. Sie ist auf der anderen Straßenseite gelaufen. Ich habe gewunken und gerufen, aber sie hat mich nicht gesehen. Und der andere antwortet: „Ja ja, sie hat mir’s erzählt.“

Baisch: Das ist hinterfotziger Volkshumor. Bayerischer Humor ist anarchisch und teilweise brachial – das haben wir Schwaben nicht.

Gaedt: Das liegt auch an unserer Sprache. Wir haben ja keine Kanzelsprache, unser Dialekt trägt ja nicht, sondern älles rutscht a bissle henta na.

Kuhnle: In Stuttgart denkt man, der Humor sei tief, aber das denkt man auch nur, weil Stuttgart im Tal liegt. In Wirklichkeit führt die Tallage aber nicht zu tiefgründigem Humor, sondern einfach zu schlechter Luft.

Warum haben Sie Stuttgart Richtung Berlin verlassen, Herr Kuhnle?

Kuhnle: Einfach, weil es die Möglichkeit gab.

Ist eine Umgebung, in der ein Unternehmer keine Witze erzählen können muss, für hauptberufliche Humoristen einfacher oder schwieriger?

Baisch: Die Leute verwechseln Humor und lustig sein. Humor versucht, Tragik leichter zu machen. Wenn einer nur lustig ist, dann ist er Animateur aber kein Humorist. Ein Humorist muss einen philosophischen Gedanken haben. Aber das Genre Humor ist hier nicht in der Bevölkerung verwurzelt.

Gaedt: Deiner Meinung nach. Humor ist die Verbindung von Wahrheit und Schmerz. Und da gewinnt das schwäbische Understatement an Bedeutung.

Lässt es Ihre Interpretation des Stuttgarter Humorverständnisses derzeit nicht zu, wie die letzten Jahre unter dem aus den Anfangsbuchstaben Ihrer Nachnamen zusammengesetzten Akronym KGB im Theaterhaus aufzutreten?

Baisch: Wir haben unseren Namen geändert und heißen jetzt Kuhnle, Gaedt & Baisch.

Gaedt: Es ist in den letzten 40 Jahren viel passiert. Beispielsweise hatte ich am 13. September 2001, also zwei Tage nach den Twin Towers, eine Gala, die ich dann nicht gespielt habe. Das hatte nichts mit dem Stuttgarter Humorverständnis zu tun, sondern es geht einfach nicht. Ich glaube, es ist richtig, dass wir nicht weiterhin als KGB auftreten.

Kuhnle: Ich wurde überstimmt.

Gaedt: Nein, es gab keine Zweidrittelmehrheit, sondern wir hatten Vetorecht.

Wie tragen Sie der Weltveränderung auf der Bühne Rechnung?

Baisch: Jeder von uns hat ein paar Tausend Auftritte hinter sich. Wir wissen zwar immer noch nicht, wie es geht, aber wir wissen, wie man überlebt. Und wir tun nicht nur so, als ob uns etwas weh tut, sondern uns tut’s wirklich weh, wenn wir auf der Bühne hinfallen.

Gaedt: Humor gab es immer. Wenn Du eine humorvolle Person bist, rettet Dich der Humor.

Baisch: Als ich ein junger Bursche war, bin ich am Mädcheninternat in Korntal vorbeigelaufen. Ich wollte die Mädchen beeindrucken, hatte meine Gitarre dabei, flirte so und renne gegen einen Laternenpfosten . . .

Gaedt: . . . und davon hast Du Dich nicht erholt . . .

Baisch: . . . Nein. Es haben alle über mich gelacht, und ich stand da und habe mir überlegt: „Was machsch?“ Dann habe ich mitgelacht. Das war gut. Das hat mich geprägt.

Gaedt: Wenn Du in Stuttgart im Humorbusiness so erfolgreich bist wie Herr Baisch, Herr Kuhnle und Herr Gaedt, dann wird es doch auch einen spezifischen Stuttgarter Humor geben.

Ist er vielleicht etwas aus der Mode gekommen, sodass die drei genannten Herren mittlerweile gemeinsam auftreten müssen, um die Halle zu füllen?

Kuhnle: Wir könnten ja an drei Tagen jeder einzeln auftreten. Dann müsste jeder alleine zwei Stunden verbringen. Was für eine traurige Angelegenheit – und komplett ineffizient. Besser, man macht es zu dritt, dann hat man die Hälfte an G’schäft. Außerdem hat man im Alter manchmal Gebrechen, dann muss einem jemand auf die Bühne helfen.