Thaipusam ist ein Fest zu Ehren des Hindu-Gottes Lord Murugan, das besonders von Tamilen am Vollmond des tamilischen Monats Thai im Januar und Februar gefeiert wird. Foto: Imago/Pond5 Images

Schon der Anblick tut weh: Bei einem wichtigen Hindu-Festival verstümmeln sich viele Gläubige in Malaysia selbst. Teilnehmer sagen, sie spüren keinen Schmerz. Wie kann das sein?

Autsch! Durchbohrte Wangen, Haken im Rücken, Ornamente an den Lippen: Zahlreiche hinduistische Tamilen haben in Malaysia das bedeutende Thaipusam-Festival gefeiert und sich dabei teilweise selbst verstümmelt.

Fest zu Ehren des Gottes Murugan

Das religiöse Fest, das unter anderem auch in Indien, Sri Lanka und Singapur begangen wird, wird zu Ehren von Murugan abgehalten, einer der populärsten Gottheiten unter tamilischen Hindus. Mit dem Ritual gedenken die Teilnehmer des Sieges Murugans über einen Dämon – dank eines Speers, den er von seiner Mutter Parvati erhalten hatte.

Offizieller Feiertag in Teilen Malaysias

Eigentlich ist Malaysia muslimisch geprägt, aber die ersten tamilischen Auswanderer aus Indien nahmen Ende des 19. Jahrhunderts ihre Bräuche und Traditionen mit, als sie nach Malaysia zogen. Das Land war damals britische Kolonie, viele fanden Arbeit auf Plantagen. Heute ist Thaipusam in Teilen Malaysias ein offizieller Feiertag.

Zentrum der Feierlichkeiten sind die Batu Caves in der Nähe der Hauptstadt Kuala Lumpur. In den riesigen Kalksteinhöhlen befinden sich heilige Hindu-Schreine. Zehntausende Gläubige nahmen am Donnerstag (25. Januar) seit den frühen Morgenstunden an der Prozession teil und stiegen die 272 Stufen zu einer Statue von Murugan empor. Auch auf der Insel Penang pilgerte eine riesige Zahl Gläubiger zu einem bekannten Tempel.

Pusam bezieht sich auf einen Stern, der während des Festes seine höchste Position erreicht hat. Foto: AP/Vincent Thian/dpa
Das Fest gedenkt einerseits des Geburtstags von Gott Murugan (auch Subramaniam oder Skanda genannt), dem jüngsten Sohn von Shiva und Parvati . . . Foto: Imago/Pond5 Images
. . . sowie der Übergabe einer vel (Lanze) von Parvati an Murugan, damit er den Dämonen (Rakshasa) Soorapadman besiegen könne. Foto: Imago/Pond5 Images
Das Fest wird nicht nur im Süden von Indien ausgelassen gefeiert, sondern ebenso in Malaysia und Singapur. Auf den Maskarenen wird das Fest unter dem Namen Kavadi (Cavadee) gefeiert. Foto: Imago/Pond5 Images
Die Selbstverstümmelungen sind ein Opferakt, mit dem Gläubige Murugan um Hilfe anflehen. Foto: Imago/Pond5 Images
Die Anhänger bereiten sich sorgsam auf die Rituale vor und haben wochenlang gebetet und gefastet. Foto: Imago/Pond5 Images
Oft sind sie in einer Art Trance, wenn ihre Haut mit Haken und kleinen Speeren durchbohrt wird. Foto: Imago/Pond5 Images
Es ist ein schaurig-schönes Ritual und definitiv nichts für zarte Gemüter. Die Gläubigen bohren sich silberne Spieße durch Wangen und Zungen oder reich verzierte Nadeln in Stirn und Augenbrauen. Foto: AP/Vincent Thian
Andere durchstechen ihre Rücken- und Brusthaut mit unzähligen Haken, an denen sie pralle grüne Limonen hängen. Foto: Imago/Pond5 Images
Dann gibt es jene, die an den Haken Seilen befestigen, mit denen sie kleine rollende Altäre für Murugan oder auch den Elefantengott Ganescha hinter sich herziehen. Foto: Imago/Pond5 Images
Der goldene Wagen mit dem Bildnis des Hindu-Gottes Murugan verlässt zum Beginn von Thaipusam einen Tempel auf der Insel Penang. Foto: AP/Vincent Thian/dpa

Selbstverstümmelungen als Opferakt

Die Selbstverstümmelungen sind ein Opferakt, mit dem Gläubige Murugan um Hilfe anflehen, etwa für die Heilung eines geliebten Menschen. Die Anhänger bereiten sich sorgsam auf die Rituale vor und haben wochenlang gebetet und gefastet. Oft sind sie in einer Art Trance, wenn ihre Haut mit Haken und kleinen Speeren durchbohrt wird.

„Dies ist eine Form strenger Buße, die Lord Murugan gewidmet ist“, sagt der 34-jährige Harish. Er hatte sich Hunderte kleine Haken tief durch die Haut gezogen, an denen kleine Gefäße hingen, aber es floss kaum Blut. „Die meisten von uns spüren keinen Schmerz, da wir unseren Körper Lord Murugan geweiht haben. Und er übernimmt den Schmerz. Das ist es, woran wir glauben: Das ist göttliche Besessenheit.“

Info: Hinduismus

Religionen
Der Hinduismus besteht aus verschiedenen Religionen, die sich überlagern und gegenseitig beeinflussen, in Lehre, Götterwelt und Riten aber teilweise große Unterschiede aufweisen.

Veden
Vor 4000 Jahren entstanden die ersten heiligen Schriften, die Veden, danach bildeten sich die großen Richtungen des Brahmanismus, Vishnuismus, Shivaismus heraus.

Götter
Der Hinduismus besitzt keinen Stifter, sondern hat sich in vielen Sekten aus der vedischen Religion entwickelt. Hindus huldigen einer Götterwelt, die wichtigsten Götter sind Brahma (Weltenschöpfer), Vishnu (Welterhalter), Shiva (Weltenzerstörer).

Wiedergeburt
Zentral sind die Lehren von der Wiedergeburt und vom Karma. Demnach wirken gute und schlechte Taten fort und bestimmen das Schicksal.

Anhänger
Mit rund 900 Millionen Anhängern ist der Hinduismus die drittgrößte Weltreligion und vor allem in Indien, Nepal, Bangladesch, auf Sri Lanka und Bali verbreitet.