Wer sich registrieren lässt und eine Speichelprobe abgibt, kann helfen. Foto: Werner Kuhnle

Alle 16 Minuten erhält ein Patient in Deutschland die Diagnose Blutkrebs. Darunter auch Antonio Schembri (24) aus Ingersheim. Seine Familie hofft auf eine Knochenmarkspende.

Antonio Schembri, den alle Toni rufen, war schon immer ein Kämpfer. Als Zweijähriger erlitt er schwere Verbrennungen. Die Prognose der Ärzte war nicht gut. Doch er hat sich zurückgekämpft ins Leben, und das verlief dann ziemlich unbeschwert. Der 24-jährige Einzelhandelskaufmann leitete eine Tankstelle in Ingersheim und tanzte in seiner Freizeit für sein Leben gern. Bis zum Februar.

Dann folgte die Hammerdiagnose

Es begann mit einem geschwollenen Lymphknoten. Nur eine Erkältung? Aber die Beschwerden wurden schlimmer, und es folgte die Hammerdiagnose: Leukämie Typus All – eine besonders aggressive Form von Blutkrebs. Und jetzt durchlebt der Italiener seinen nächsten schweren Kampf, der von Chemotherapien, Bestrahlungen, stationärer Isolation, kurzen Hoffnungsmomenten sowie herben Rückschlägen geprägt ist.

Toni Schembri kann seinen Leidensweg nicht selbst schildern. Er liegt auf der Onkologie im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, wieder steht eine Chemo an. Stattdessen sitzt seine Mutter Tanja Guarino an diesem Dienstag in der Sporthalle in Pleidelsheim, wo sie mit Helfern aus der Familie eine Stammzellenregistrierung bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) für ihren Sohn organisiert hat. Es gibt Muffins, Kaffee, vor der Halle Bratwürste. Ihre Nichte Emanuela Fusco weist die potenziellen Spender in das Prozedere ein. Der Aufwand ist gering. Auf dem Tisch liegen drei Wattestäbchen, die Leben retten können. Eine Speichelprobe genügt. 600 haben sich schon für Toni testen lassen, zuletzt auf den Weihnachtsmärkten in Ingersheim und Pleidelsheim. Auch ein Stand auf dem Ludwigsburger Weihnachtsmarkt ist geplant.

Es ist vergleichsweise leicht, ein Lebensretter zu sein

Vor Ort ist Pleidelsheims Bürgermeister Ralf Trettner und seine Ingersheimer Kollegin Simone Lehnert. „Wir wollen jede Möglichkeit nutzen, um Toni zu unterstützen, haben im Amtsblatt und über Social Media zur Typisierung aufgerufen“, sagt Trettner. Simone Schöllmann aus Pleidelsheim ist dem Aufruf mit ihrem Lebensgefährten gefolgt und stochert gerade mit einem Wattestäbchen in ihrem Mund herum. „Das macht natürlich betroffen. Ich habe selbst Kinder und möchte helfen“, sagt Schöllmann. Es ist so leicht, Lebensretter zu sein und gleichzeitig doch so schwer, den passenden genetischen Zwilling zu finden. Für eine erfolgreiche Stammzellenspende müssen die Gewebemerkmale zwischen Spender und Patient übereinstimmen. Noch immer halten diverse Falschinformationen Menschen davon ab, sich testen zu lassen. Für erwachsene Patienten setzt man schon lange nicht mehr auf Eingriffe am Rückenmark ein, sondern setzt auf die sogenannte periphere Stammzellspende, die ähnlich abläuft, wie eine Blutspende.

Tanja Guarino bleibt die Hoffnung, dass ihr Sohn die Chance auf ein zweites Leben bekommt. Und wenn für ihn niemand gefunden wird, dann vielleicht für einen Bettnachbarn. Die 50-Jährige ist täglich in der Klink, lobt das Engagement der Ärzte, der Pfleger und Schwestern: „Jeder Einzelne macht da seinen Job mit Herz.“ Gerade lenkt sie sich ein wenig mit der Fußball-WM ab, auch wenn Italien nicht dabei sind. Sie selbst hat auch einmal eine Jugendmannschaft trainiert. „Für den Toni war Fußball nichts. Der ist lieber Tanzen gegangen.“ Sie lächelt kurz.