Team Elternbegleitung im Haus der Familie (von links): Corinna Kleemann, Anne Ruckhaberle, Ou Jiao Whang Foto: Ibrahimovic

In Bad Cannstatt gibt es seit gut einem Jahr ein Projekt zur Begleitung sozial benachteiligter Eltern. Es ist eines von deutschlandweit 64 – die Arbeit mit den Eltern soll vor allem ihren Kindern zugute kommen.

Auch in Bad Cannstatt gibt es viele Familien, die von Armut betroffen sind. Um die Chancen auf Bildung und Teilhabe der Kinder aus diesen Familien zu verbessern. braucht es niederschwellige Angebote für Familien und eine individuelle Begleitung der Eltern. Im Juni 2022 hat deshalb das Projekt mit dem Titel „Zusammen im Stadtteil – Elternbegleitung in Bad Cannstatt“ begonnen. „Bad Cannstatt ist ausgewählt worden, um modellhaft die intensive Begleitung von Familien in benachteiligten Lebenslagen zu erproben“, erklärt Anne Ruckhaberle, die Koordinatorin des Projekts und des Stadtteil- und Familienzentrums im Haus der Familie. Beim Haus der Familie wurden zwei zertifizierte Eltenbegleiterinnen angestellt: Corinna Kleemann und Ou Jiao Whang bieten einmal wöchentlich bei einer Tasse Kaffee „Formularhilfe“ im Café des Hauses der Familie an. Eltern können hier Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen für Kindergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag, bei der Suche nach einem Kitaplatz oder bei der Kommunikation mit Schule oder Kita erhalten. „Und nebenbei finden sie bei den Mitarbeiterinnen ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte“, sagt Ruckhaberle.

Große Bandbreite an kostenlosen Treffs und Angeboten

„Oft entstehen über den ersten Kontakt bei der Formularhilfe langfristige Beziehungen der Eltern und ihrer Kinder zum Haus der Familie“, berichtet Ou Jiao Whang und ergänzt: „Hier gibt es eine große Bandbreite an kostenlosen offenen Treffs und Angeboten für Klein und Groß. Familien mit Bonuscard erhalten starke Ermäßigungen, sowohl in unserem Café als auch für die Teilnahme an kostenpflichtigen Kursen und Ferienfreizeiten.“ Die Elternbegleiterinnen öffnen den Familien aber nicht nur die Türen zum eigenen Haus. Sie helfen dabei, Bildungs- und Teilhabeleistungen zu beantragen, um zum Beispiel Nachhilfestunden oder die Teilnahme an Ausflügen der Kita zu ermöglichen. Und sie binden Familien gezielt auch an Freizeit- und Bildungsangebote außerhalb des eigenen Hauses, zum Beispiel von Cannstatter Sportvereinen, der Musikschule oder der Stadtteilbibliothek.

Viele Eltern helfen im Haus der Familie mit

Besonderer Wert wird im Haus der Familie darauf gelegt, die Eltern nicht nur zu beraten, sondern auf Augenhöhe zu begleiten und in die eigenen Aktivitäten einzubinden. „Viele Mütter, die zunächst Unterstützung bei uns gesucht haben, arbeiten inzwischen im Haus der Familie und helfen anderen Familien“, sagt Corinna Kleemann. So sind sie beispielsweise innerhalb des Projekts als Kulturvermittlerinnen oder Dolmetscherinnen im Einsatz, in der Küche und an der Theke des Cafés oder indem sie eigene offene Treffs initiieren und umsetzen. „Für das Stadtteil- und Familienzentrum sind sie wertvolle Mitarbeiterinnen und Multiplikatorinnen“, berichtet Kleemann. Von den Angeboten im Haus der Familie erfahren die Familien durch einen bunten Flyer in 16 Sprachen und durch Einrichtungen, die Teil des Cannstatter Netzwerks Elternbegleitung sind und die eng mit Familien arbeiten.

Dazu gehören die Martin-Luther- und die Schillerschule, mehrere Kitas aus dem Stadtteil, das Beratungszentrum Jugend und Familie Bad Cannstatt des Jugendamts und das Haus für Kinder des Caritasverbands in der Heinrich-Ebner-Straße. Um mehr Familien in finanziell prekären Lebenslagen erreichen zu können, sollen künftig auch das Sozialamt und das Jobcenter Bad Cannstatt stärker in das Netzwerk eingebunden werden.

16-sprachiger Flyer informiert

Bereits mehr als 80 Familien begleitet

Die Projektkoordinatorin Anne Ruckhaberle zieht ein positives Zwischenfazit: „Wir haben im letzten Jahr schon über 80 Familien begleitet, und das teilweise sehr intensiv. Basis für die gelingende Zusammenarbeit mit den Eltern sind unsere gute Vernetzung in Bad Cannstatt, die Ressourcen und Erfahrungen, die das Haus der Familie als Stadtteil- und Familienzentrum und die Partnereinrichtungen mitbringen und die Beziehungsarbeit, die unsere Elternbegleiterinnen leisten.“ Das Projekt „Zusammen im Stadtteil“ wird im Rahmen des ESF Plus-Programms ElternChanceN vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und durch die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert und läuft noch bis 2025.

Die Formularhilfe findet immer montags von 11 bis 12.30 Uhr im Café im Haus der Familie, Elwertstraße 4, statt.

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