VfBler mit Karlsruher Vergangenheit: Philipp Förster (von links) sowie die Trainer Tim Walter und Rainer Ulrich. Auf der anderen Seite KSCler mit Stuttgarter Vergangenheit: Die Trainer Alois Schwartz und Dimitrios Moutas sowie Torhüter Benjamin Uphoff. Auch deshalb sind die Rivalitäten auf ein gesundes Normalmaß geschrumpft. Foto: Baumann - Baumann

„Haut die Sauschwoba weg!“ Nichts war den KSC-Anhängern früher wichtiger als ein Sieg über den VfB. Und umgekehrt. Heute sind die Rivalitäten auf ein gesundes Maß geschrumpft. Dank Profi-Pendlern.

Stuttgart Es ist nicht überliefert, ob das aktuelle Trainerteam des Karlsruher SC noch immer mit dem Appell einiger Rentner vom KSC-Trainingsplatz auf die Derbywoche eingestimmt wird: „Haut die Sauschwoaba weg!“ wurde Winfried Schäfer regelmäßig mit auf den Weg gegeben, wenn es darum ging, dem schwäbischen Rivalen eine lange, sportliche Nase zu drehen. Woraufhin der wilde Winnie selbst gern noch Öl ins bereits gelegte Feuer goss.

Nun ist die Ära der Karlsruher Trainerlegende, die später auf der anderen Seite des Bindestrichlandes ins Unglück stürzte, lange vorbei. In Alois Schwartz und Co-Trainer Dimitrios Moutas leiten mittlerweile zwei Fußballlehrer die Geschicke beim Aufsteiger aus Mittelbaden, an denen der Sauschwabe ohnehin abprallen würde: Schwartz stammt aus Nürtingen, Moutas ist gebürtiger Stuttgarter. Beide gelten bis heute bei den Stuttgarter Kickers als Idole.

Es hat sich einiges verändert seit der wilden Zeit in den 90ern. Zumindest im rein sportlichen Bereich ist die Rivalität auf ein gesundes Normalmaß geschrumpft. Was sich auf den Trainerbänken widerspiegelt. Ein Schwaben-Duo beim KSC – und auf der anderen Seite Tim Walter. Der Chefcoach des VfB Stuttgart hat die Integration als Badener im Schwabenland professionell vollzogen. Wo er es als früherer Jugendtrainer des KSC durchaus verstand, seine Jungs vor Spielen gegen den Rivalen aus der Landeshauptstadt heißzumachen, hat Walter seit seinem Wechsel nach Stuttgart die Vergangenheit nüchtern abgestreift. Kein Wort kam dem Bruchsaler vor dem Duell an diesem Sonntag (13.30 Uhr) mit seinem Ex-Club über die Lippen, nach der 0:1-Niederlage in Osnabrück sagte der Trainer lapidar: „Mir ist total egal, gegen wen wir jetzt spielen.“

Enge Beziehungen zum „Feind“

Kurioserweise hat auch der Stuttgarter Cheftrainer einen Assistenten mit engen Beziehungen in die aus Sicht vieler Fans feindlichen Stadt an seiner Seite: Rainer Ulrich schwang sich in den 70er Jahren mit 338 Spielen im KSC-Dress zu einer Legende im Wildpark auf. Der inzwischen 70-Jährige gilt als enger Vertrauter von Tim Walter. Gemeinsam arbeiteten sie zuletzt beim FC Bayern München und Holstein Kiel. Dort lebten die beiden gar zusammen in einer Wohngemeinschaft. Öffentlich hält sich Ulrich lieber zurück – so auch vor dem Duell mit seinem Ex-Club. Das auf Stuttgarter Seite ansonsten nur in Philipp Förster Erinnerungen wecken wird. Der Brettener hat als einziger im aktuellen VfB-Kader eine Karlsruher Vergangenheit; bis zu seinem 15. Lebensjahr lief der Mittelfeldspieler in Blau und Weiß auf.

Auf Karlsruher Seite dürfte da mehr Derbystimmung aufkommen: In Marvin Wanitzek, David Pisot, Benjamin Uphoff und Alexander Groiss trugen gleich vier KSC-Profis einst das Trikot mit dem Brustring. Beim VfB blieb ihnen allesamt der Durchbruch verwehrt, über die zweite Mannschaft kam keiner der vier hinaus. „Beim VfB“, blickte Wanitzek kürzlich zurück, „hieß es immer, wir setzen auf den Nachwuchs. Am Ende wurde aber nur auf die Erfahrenen gesetzt.“ Seit seinem Wechsel nach Karlsruhe im Jahr 2017 hat sich der 26-Jährige aus Bruchsal zu einem der Top-Mittelfeldspieler der zweiten Bundesliga entwickelt. Beim Tabellen-Zehnten spielt der laufstarke Spielmacher so beständig gut, dass ihm Sportchef Oliver Kreuzer bereits ein neues Vertragsangebot vorgelegt hat. Wanitzek zögert aber noch. Auch Benjamin Uphoff hat sich im Team von Alois Schwartz zu einer echten Größe entwickelt. Der Torhüter ist unumstrittene Stammkraft. Bei ihm gilt das Gleiche wie bei Wanitzek: Der KSC möchte den früheren VfB-II-Keeper gerne länger an sich binden. Während sich Mittelfeldspieler Alexander Groiss mit der Reservistenrolle begnügen muss, hat David Pisot (32) ebenfalls sein Glück im Badischen gefunden. Der Mannschaftskapitän, ein gebürtiger Karlsruher, ist seit zwei Jahren der Leader im Team und hatte maßgeblichen Anteil an der Rückkehr in die zweite Bundesliga.

Schwäbisch-badische Profipendler

Nur die wenigsten VfB-Fans dürften sich an den einzigen Profi-Auftritt des Abwehrspielers im weiß-roten Trikot erinnern. Ein 1:4 2007 beim Hamburger SV, in dem Ivica Olic drei Tore gelangen und der junge Innenverteidiger nicht gut aussah. Für Pisot sollte es kein weiteres Spiel bei den Stuttgarter Profis mehr geben, 2009 zog es ihn weg nach Ingolstadt. Am Sonntag folgt nun die Rückkehr in die Mercedes-Benz-Arena. An Motivation wird es keinem der schwäbisch-badischen Profipendler fehlen. Dafür braucht es auch keine Sprüche über Sauschwaben mehr.