Am Leuze ist in diesem Jahr erstmals die Millionenmarke in Sicht. Foto: Nagel - Nagel

Der Radverkehr soll gestärkt werden: Im Doppelhaushalt 2018/2019 sind deshalb zusätzliche 7,6 Millionen Euro für den Ausbau der Hauptradrouten und weiterer Radwege vorgesehen.

Bad CannstattAuf vielen Stuttgarter Straßen herrscht das Chaos. Ob in Vaihingen, Zuffenhausen, Hedelfingen und natürlich in Bad Cannstatt, Stop-and-go – vornehmlich im Berufsverkehr – ist an der Tagesordnung. Angesichts der prekären Zustände will OB Fritz Kuhn den Autoverkehr in der Landeshauptstadt um 20 Prozent senken. Der ÖPNV-Ausbau spielt dabei eine tragende Rolle. Bekanntermaßen soll in fünf Jahren die Stadtbahnlinie U 1 mit 80 Meter langen Zügen fahren. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die U 16, die mit dem Fahrplanwechsel die U 13 unterstützen soll.

Doch nicht nur in das Stadtbahnnetz werden in den kommenden Jahren Millionensummen investiert, auch der Radverkehr soll gestärkt werden. Im Doppelhaushalt 2018/2019 sind deshalb zusätzliche 7,6 Millionen Euro für den Ausbau der Hauptradrouten und weiterer Radwege vorgesehen. Ende Oktober präsentierte Andreas Hemmerich, Verkehrsexperte beim Stadtplanungsamt, in diesem Zusammenhang die Umgestaltung des Knotenpunktes Gnesener/Hofener Straße durch Markierungen von Radspuren. Insgesamt weist der Haushalt bis Ende 2019 stattliche 11,2 Millionen Euro für solche Investitionen aus. Dazu kommen noch einmal rund fünf Millionen Euro für Personal, das sich um die Projekte kümmern soll. Zusätzlich 5,5 neue Stellen wurden dafür geschaffen. Unterm Strich stellt die Stadt bis Ende 2019 also 16,2 Millionen Euro für Radprojekte zur Verfügung.

Radler auf dem Vormarsch

Und das Fahrradfahrer auch in der Automobilhauptstadt Deutschlands weiter auf dem Vormarsch sind, steht außer Frage. Denn das laufende Jahr wird auf jeden Fall ein Rekordjahr in Sachen Radverkehr in der Stadt. Von Januar bis zum 14. November passierten mehr 1,21 Millionen Radler die beiden elektronischen Zählstellen in Kaltental und auf der König-Karls-Brücke in Bad Cannstatt. Damit liegt die Zahl der Fahrten auf der von West nach Ost führenden Hauptradroute 1 bereits jetzt um etwa 120 000 über der des vergangenen Jahres, in dem insgesamt 1 078 265 Radfahrten gezählt wurden. Allein beim Mineralbad Leuze wurden bis zum 14. November 921 335 Radfahrer gezählt. Bleibt Stuttgart bis zum Jahresende von einem Wintereinbruch verschont, so könnte hier erstmals die magische Grenze von einer Million Radfahrer pro Jahr erreicht werden.

So ganz zufrieden ist die Radfahrgemeinde Stuttgarts mit der Entwicklung jedoch nicht. Denn angesichts des vorhandenen Geldes, werde viel zu schleppend investiert. So jedenfalls die Kritik von Cornelius Gruner, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) für Stuttgart. Stuttgart werde so seinem Ziel, das Radfahren attraktiver zu machen, aktuell nicht gerecht. Im Klartext: Der Ausbau des Radwegenetzes müsse zügiger realisiert werden.

Mehr Personal

Stuttgarts Radbeauftragter Claus Köhnlein hält dagegen, dass die Planungen laufen, aber das neue Personal erst seit Kurzem die Arbeit aufgenommen hat. „Jetzt sind alle Stellen besetzt“, so Köhnlein, der optimistisch ist, dass jetzt auch die zur Verfügung stehenden Mittel abgerufen werden. Für die Einarbeitungszeit der Radwegplaner zeigt ADFC-Chef Gruner Verständnis, sagt aber auch, dass der Sinneswandel hin zum Rad bei den Stadtoberen durchaus noch steigerbar sei. Dass zum Beispiel beim Einrichten von Baustellen oft schlicht vergessen werde, an eine sinnvolle Umleitung für Radler zu denken, ist für ihn ein Unding.

Laut Köhnlein soll es im nächsten Jahr spürbare Verbesserungen geben. Der zum Jahresende in den Ruhestand wechselnde Fahrradbeauftragte rechnet damit, dass unter anderem im kommenden Jahr die Hauptradroute 2 vom Stuttgarter Osten nach Hedelfingen fertig wird. Und wenn nicht, sei das Geld nicht verloren. „Dann nimmt man es in den nächsten Haushalt mit“, sagt Köhnlein.