Stuttgart (eh) - Auf der Suche nach Nazi-Raubgut wird die stadtgeschichtliche Sammlung des künftigen Stadtmuseums Stuttgart noch vor Eröffnung des Hauses im nächsten Jahr genauer unter die Lupe genommen: Eine eigens eingestellte Mitarbeiterin soll die Herkunft sämtlicher zwischen 1933 und 1945 erworbenen Objekte überprüfen.

Ab Herbst 2017 wird im Wilhelmspalais am Charlottenplatz auf 4000 Quadratmetern Fläche Stuttgarts Entwicklungsgeschichte präsentiert. Mehr als 10 000 Objekte wurden für die künftige Dauerausstellung bereits zusammengetragen - und nicht immer ist eindeutig geklärt, woher so manches gute Stück stammt. Als problematisch gilt der sogenannte Altbestand: Im Jahr 2007 hat der Planungsstab Stadtmuseum die stadtgeschichtliche Sammlung übernommen. Mit dem Aufbau dieser Sammlung, bestehend vor allem aus Möbeln, Textilien, Silber-, Glas-, Keramik- und Zinnobjekten, wurde kurz nach der Gründung des Stadtarchivs im Jahr 1930 begonnen. In den darauffolgenden Jahren wurde sie durch Gaben aus städtischen Ämtern, durch Schenkungen und durch gezielte Ankäufe erweitert. Eine Vielzahl der Objekterwerbungen fällt in die Zeit des Nationalsozialismus - und dieser Altbestand soll nun systematisch auf einen möglichen NS-verfolgungsbedingten Entzug untersucht werden. Dass es solche Fälle gibt, sei sicher, räumt die städtische Kulturverwaltung ein: Einige Objekte seien nachweislich jüdischen Bürgern unrechtmäßig entzogen und durch städtische Stellen in die Sammlung übergeben worden. Andere historische Objekte würden aus Auktionen und dem örtlichen Antiquitätenhandel stammen - hier müssten die Vorbesitzer und Einlieferer sowie die Umstände der Veräußerungen untersucht werden, um verdächtige Objekte ausfindig zu machen und sie gegebenenfalls an Nachfahren ihrer einstigen Besitzer übergeben zu können. Zur Rückgabe von sogenanntem Nazi-Raubgut hat sich Deutschland im Jahr 1999 verpflichtet.

Die Recherche zur Herkunft fraglicher Stücke ist allerdings eine ziemlich zeitaufwendige Angelegenheit. Eine, die der Planungsstab Stadtmuseum personell nicht stemmen kann. Für die Provenienzforschung wird eine zusätzliche Stelle benötigt - und dass diese nun zumindest für die Dauer von zwölf Monaten geschaffen werden kann, ist der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste zu verdanken, die für das Vorhaben rund 80 000 Euro zur Verfügung stellt. Im ersten Schritt der Forschung soll der Fokus zunächst auf potenziell verdächtige Bestände gerichtet werden. Dies sind im Falle des Stadtmuseums die Sammlungsbereiche Silberobjekte, kunsthandliche Objekte und Judaica.

Die Stiftung fördert in Stuttgart übrigens noch zwei weitere Povenienzforschungsprojekte: am Linden-Museum und an der Württembergischen Landesbibliothek.