Sobald ein Auftrag eingegangen ist, werden die Bestellungen in den Baumärkten zur Abholung vorbereitet. Toom-Geschäftsführer Marco Sicuro und seine Mitarbeiter müssen täglich viele Kilometer abspulen, um die Ware einzusammeln. Foto: Sebastian Steegmüller

Im Gegensatz zum ersten Lockdown sind Baumärkte nicht mehr als systemrelevant eingestuft. Die Abholung von Materialien ist aber erlaubt.

Neckartal - Heimwerker und Hobbyschrauber können aufatmen. Seit dem 11. Januar dürfen sie wieder in Baumärkten einkaufen. Jedoch mit Einschränkungen – denn egal, ob Toom in Bad Cannstatt, OBI in Wangen oder Bauhaus in Untertürkheim – das Betreten der Märkte ist den Kunden aufgrund der aktuellen Corona-Verordnung nicht erlaubt. Wer Ware benötigt, muss sie vorher telefonisch, per E-Mail oder übers Internet bestellen und kann sie dann wenig später im Eingangsbereich abholen.

Privatkunden verärgert

Marco Sicuro, Geschäftsführer des Toom-Baumarkts in der Daimlerstraße 104, ist froh, dass er nun auch wieder Privatkunden vor Ort bedienen darf. „Dass wir seit kurz vor Weihnachten nur für Handwerker geöffnet hatten, ist immer wieder auf Unverständnis gestoßen und hat für viele Diskussionen gesorgt. Auch jetzt würden wir gerne Heimwerker wieder in den Markt lassen, dürfen es aber nicht.“ Ähnlich sieht es auch OBI-Sprecherin Franziska Bomm. „Natürlich würden wir unsere Kunden gerne im Baumarkt bedienen.“ Letztendlich stehe aber für das Unternehmen die Gesundheit der Menschen – Kunden sowie Mitarbeiter – an erster Stelle. „Daher halten wir uns selbstverständlich an die Vorgaben der Bundesregierung.“

Nicht mehr systemrelevant

Das Problem: Während Baumärkte im ersten Lockdown von der Landesregierung noch als systemrelevant eingestuft wurden, sind sie es im zweiten nicht mehr. „Für mich unverständlich“, sagt Toom-Filialleiter Sicuro. „Wir haben im letzten Jahr knapp 150 000 Masken und circa 10 000 Flaschen Desinfektionsmittel zu äußerst fairen Preisen verkauft.“ Damit habe man auch einen Beitrag geleistet, um die Grundversorgung zu sichern. „Außerdem muss man sich schon fragen, wo man auf die Schnelle die passende Dichtung, eine Schelle oder ein Abflussrohr herbekommt, wenn zuhause das Wasser bereits in den Eimer tropft? Oder, einen Entlüftungsschlüssel, wenn die Heizung nicht richtig funktioniert?“ Viktor Krutsch, Geschäftsleiter des Bauhauses in der Augsburger Straße 500, betont indes, welche Bedeutung die Baumärkte im Lockdown für die Bürgerinnen und Bürger haben würden. „Viele sind in Kurzarbeit, haben ungewollt Zeit und wollen sich die eigenen vier Wände und den Garten verschönern. Dafür sind wir eine feste Anlaufstelle, bieten durch unser Angebot auch eine Beschäftigungsmöglichkeit.“

Überzeugt vom Hygienekonzept

In allen drei Baumärkten ist man zudem vom Hygienekonzept, das im ersten Lockdown entwickelt wurde, überzeugt. „Bei uns im Toom hat es gut funktioniert“, sagt Sicuro. Statt bis zu 190 Kunden, die sich an einem normalen Tag auf der 4000 Quadratmeter großen Verkaufsfläche verteilen würden, hätte man nur noch 50 Personen in den Markt gelassen. „Jeder kam nur mit einem Einkaufswagen, Mundschutz und vor allem alleine rein.“ Letztere Maßnahme würde er bundesweit gesetzlich einführen. Seinem Team, das aus 30 Mitarbeitern besteht, habe er in Videokonferenzen klar gemacht, wie wichtig es ist, auch privat auf die Abstandsregeln zu achten. „Bislang hatten wir noch keinen Corona-Fall in der Belegschaft.“ Um die Schließung zu verhindern, haben sich zudem bereits zahlreiche Toom-Geschäftsführer gemeinsam in einem Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann gewandt und ihm unter anderem vorgeschlagen, die Öffnungszeiten zu verlängern. „Nicht um mehr Umsatz zu generieren, sondern um die Kundenströme weiter zu entzerren.“

Beengte Supermärkte

Rund 300 Besucher befinden sich zu Stoßzeiten normalerweise im Untertürkheimer Bauhaus, während des ersten Lockdowns wurde nur die Hälfte reingelassen. Und das, obwohl man generell viel mehr Platz hat, als in den meisten Supermärkten, betont Bauhaus-Geschäftsleiter Krutsch und spricht damit seinem Cannstatter Konkurrenten aus der Seele. „In den Supermärkten geht es in den Reihen teilweise doch sehr eng zu“, sagt Sicuro. „Und dennoch finden keine Einlasskontrollen mehr statt. Im Frühjahr waren diese noch üblich“, so der 37-Jährige, der mehr Gleichberechtigung fordert. „Ich bin definitiv kein Corona-Leugner, habe großen Respekt vor dem Virus und muss nicht auf Teufel komm raus geöffnet haben. Aber wenn die Discounter in ihren Prospekten mit Artikeln für Heimwerker werben und wir gleichzeitig schließen müssen, findet eine Kannibalisierung statt.“

Viele Bestellungen am Sonntag

Im OBI in der Hedelfinger Straße 54 in Wangen gibt ein Kunde durchschnittlich 50 bis 100 Euro aus, wenn er die bestellten Waren vor Ort abholt. „Die Einkäufe sind aber ganz unterschiedlich“, sagt Franziska Bomm. Die Unternehmenssprecherin betont, dass das Angebot sehr gut angenommen wird, lässt sich aber ansonsten nicht weiter in die Karten blicken. Deutlicher wird da schon Toom-Geschäftsführer Marco Sicuro. „Der Umsatz liegt im Vergleich zu normalen Zeiten zwischen zehn und 20 Prozent. Das ist zu viel, um zu sterben. Aber auch zu wenig, um zu leben.“ Viktor Krutsch hat sich ebenfalls „etwas mehr“ erhofft, geht von ähnlichen Zahlen aus. 100 bis 200 Aufträge würden pro Tag in dem Untertürkheimer Baumarkt eingehen. Vor allem nach einem Wochenende und morgens gebe es einiges abzuarbeiten, da viele Kunden eben am Sonntag oder abends die Waren bestellen würden. „Wir suchen dann möglichst schnell alles zusammen und geben dem Kunden Rückmeldung, sobald er sie abholen kann – in der Regel innerhalb von ein bis zwei Stunden.“

Ware in 30 Minuten abholbereit

Auch im Cannstatter Toom-Baumarkt hätten sich die Abläufe mittlerweile richtig gut eingespielt. „Teilweise steht die Ware in unter 30 Minuten zur Abholung bereit“, sagt Sicuro, der seine Mitarbeiter lobt. Schließlich würden sie sich auch gesundheitlichen Risiken aussetzen. „Ich bin ihnen sehr dankbar, es ist unglaublich, was sie in der Krisenzeit leisten.“