Endlich wieder geöffnet: Reiner Gross vom gleichnamigen Sportfachgeschäft freut sich auf seine Kunden. Foto: Alexander Müller

Es ist ein erster Schritt zurück zur Normalität. In Hedelfingen haben die Fachgeschäfte und die Gastronomie wieder geöffnet. Die Gewerbetreibenden hoffen nun auf die Unterstützung der Kunden.

Hedelfingen - Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, spricht Sabrina Seebäck vom traditionsreichen Elektrofachgeschäft E. & R. Sauereisen GmbH, allen Gewerbetreibenden im Stadtbezirk Hedelfingen aus der Seele. „Es lässt uns wieder einen gewissen Spielraum, die Kunden auch in der vernünftigen Art und Weise beraten zu können.“ Die Vorbereitungen hatte man bereits lange zuvor abgeschlossen. Denn Seebäck weiß, was die Kunden nun verlangen: „Während des Lockdowns war genügend Zeit, um Zuhause festzustellen, was noch fehlt oder erneuert werden sollte.“ Vor allem ein neues Telefon oder Radio sowie kleine Haushaltsgeräte werden stark nachgefragt. Auch wenn es jetzt wieder ohne Voranmeldung möglich ist, im Einzelhandel einzukaufen, rät Seebäck dennoch dazu, einen Termin zu vereinbaren. Denn das Elektrofachgeschäft lässt aus Vorsicht vorerst nur einen Kunden in die Ausstellungsräume. „Wenn aber niemand da sein sollte, geht der Besuch natürlich auch spontan.“ Das Konzept kommt an: Trotz aller Schwierigkeiten hat Seebäck der Corona-Pandemie auch eine positive Erkenntnis abgewinnen können. „Viele scheuen noch das Getümmel in den großen Zentren, die Tendenz geht wieder hin zu den kleinen Fachgeschäften vor Ort. Dort können sie sich persönlich und ganz in Ruhe beraten lassen“.

Verkürzte Öffnungszeiten

Diesen Vorteil sieht auch Dino Pichler vom Bike Center Hedelfingen. Seine Werkstatt konnte er während des gesamten Lockdowns offen lassen, denn „Fahrradfahren geht immer.“ Was ihn ärgert, ist aber die Tatsache, dass die kleinen Fachgeschäfte mit den großen Märkten in einen Topf geworfen wurden. „Während sich die Menschen dicht an dicht durch den Supermarkt drängen, war bei uns nicht einmal ein einziger Kunde erlaubt. Wir hätten leicht mehr Sicherheit gewährleisten können.“ Umso mehr ist die Freude nun aber groß, dass dies nun auch wieder im Bikecenter erlaubt ist – „wir streben schließlich alle nach Normalität“. Den weiterhin gültigen Testzwang sieht er aber kritisch. „Es ist nach wie vor eine gewisse Hemmschwelle da, anstatt einfach spontan vorbeizuschauen.“ Insofern fährt Pichler zunächst weiter mit verkürzten Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 15 bis 18 Uhr.

„Es ist ein erster Schritt, aber von der Normalität sind wir noch weit entfernt“, weiß auch Reiner Gross trotz der Freude über die wiedererlangte Öffnung. Seinem Sportfachgeschäft, dem einzigen in den Oberen Neckarvororten, fehle das komplette Wintergeschäft. „Davon leben wir aber zu einem großen Teil.“ Und auch jetzt sei die Nachfrage noch überschaubar. Vor allem die Vereine hielten sich aufgrund der unsicheren Lage mit Großbestellungen zurück. „Richtig anlaufen wird das erst, wenn die Kinder Fußball spielen und auch alle Mannschaftssportarten wieder regulär ausgeübt werden dürfen. Dann wird auch neues Material benötigt“. Sobald dies möglich sei, werde das Fachgeschäft auch wieder die üblichen Öffnungszeiten anbieten. So lange ist man für die Kunden lediglich am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 10 bis 13 und von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

Noch länger zurück hält sich dagegen Frank Haasis. Die Küchenausstellung im Sanitärgeschäft ist für Kunden wieder ab 7. Juni geöffnet. „Wir warten zunächst einmal ab, da wir generell nicht viel Laufkundschaft haben. Zudem ist in der kommenden Woche noch Ferienzeit und auch ein Feiertag“, erklärt Haasis.

Lieferservice bleibt bestehen

Hingegen bereits in den Startlöchern stand Antonio Bugia. „Wir haben auch lange genug gewartet“, fällt dem Wirt vom „Da Noi“ – Trattoria Pizzeria Cafe Gelateria, der Vereinsgaststätte der GolfKultur Stuttgart auf dem Steinprügel, ein Stein vom Herzen. Nach der langen Schließung können sich seit Freitag die Gäste auf der Terrasse wieder von 11.30 bis 20.30 Uhr verwöhnen lassen. Am Eingang werden die Tests kontrolliert, die Besucher dann an die Plätze gebracht. „Wir haben den Donnerstag noch nicht genutzt, da wir zunächst einmal alles mit unseren Lieferanten wieder organisieren mussten“, erklärt Bugia, den alle nur Toni nennen. Die Plätze im Innenbereich bleiben zunächst aber noch leer. Denn über die sieben Monate lange Pause hat sich der umtriebige Wirt ein zweites Standbein mit einem Lieferservice aufgebaut. „Das hat uns das Überleben gesichert und ist sehr gut angekommen. Deshalb werde ich das auch in Zukunft auf jeden Fall beibehalten“, sagt Rugia. Daher müssten noch einige organisatorische Angelegenheiten geklärt werden, bis auch die Tische im Innenbereich wieder genutzt werden können. Entscheidend sei aber, „dass wir endlich wieder Gäste vor Ort bewirten können“, freut sich Toni.

Noch einen Schritt weiter denkt bereits wieder Markus Wegst, der Vorsitzende der Weingärtnergenossenschaft Rohracker. Zwar konnte man als reiner Getränkehandel den Verkauf durchweg fortsetzen, aber „was uns natürlich gefehlt hat, sind die Veranstaltungen. Das haben wir bislang wie eine Bugwelle vor uns hergeschoben“.

Weingärtner planen Veranstaltungen

Das soll sich nun aber wieder ändern. Der WG-Vorstand denkt dabei ganz konkret an zwei Abende mit Wein & Crime. Die Lesungen eines Krimi-Autors mit passender Weinprobe könnten bereits im Juni oder Juli stattfinden. Daneben soll der Platz vor der Kelter als Weintreffpunkt im Sommer genutzt werden. Unter dem Motto „Ziel Kelter“ könnten so sonntags von 15 bis 18 Uhr die unzähligen Spaziergängern in den Weinbergen rund um Rohracker zum Abschluss einen guten Tropfen genießen. „Wir müssen auch ein Stück weit zur Veranstaltungsnormalität zurückkehren“, ist Wegst überzeugt. Beibehalten werden, sollen die Online-Weinproben. „Das Feedback war überwältigend. Es hat gezeigt, dass auch wir als kleine WG viele Fans von außerhalb haben.“

Doch egal, ob nun im eigenen Fachgeschäft oder bereits wieder bei einem kleinen Weinfest. „Wichtig ist nun, dass die Anstrengungen, die die Gewerbetreibenden über Monate unternommen haben, um weiter für die Kunden in unserem Stadtbezirk da zu sein, nun auch die notwendige Unterstützung erfahren“, betont Michael Weber, der Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins Hedelfingen-Rohracker. Nur so könne das vielfältige Angebot vor Ort auf Dauer gesichert werden. Und so „hoffentlich alle Schritt für Schritt wieder zur wirklichen Normalität zurückkehren“.