Tiefgang verboten: Auch das niederländische Binnenschiff „Wiljette“ wird nicht voll beladen, weil der Rhein Niedrigwasser führt. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

In Stuttgarts Neckarhafen wachsen die Wertstoff-, Container- und Baustoffberge an. Dies liegt am Rhein. Durch die lang anhaltende Trockenheit führt er zu wenig Wasser. „Die meisten Schiffe können wegen der geringen Fahrrinnentiefe nicht voll beladen werden“, erklärt Walter Braun vom Wasser- und Schifffahrtsamt Stuttgart. Die Binnenschiffe müssen abspecken. Je nach Gewicht der Ware um bis zu 50 Prozent der normalen Lademenge.

Roel Schuitemaker saß gestern Vormittag geduldig im Führerhaus der „Wiljette“. Das niederländische Binnenschiff wird im Hafen mit Altmetall beladen. „Schreddermaterial für Übersee, das wir zu den niederländischen Seehäfen transportieren“, sagt der Kapitän. Den Auftrag hat er einige Wochen vor Weihnachten angenommen und einen Pauschalpreis ausgemacht. Glücklicherweise, für ihn. Denn wegen des Niedrigwassers auf dem Rhein darf er den Bauch der „Wiljette“ nicht voll laden. „Der Neckar bereitet uns dank seiner Stauhaltung keine Probleme. Aber die Wasserstände am Rhein sinken“, erklärt Schuitemaker.

In den vergangenen Wochen hat es zu wenig geregnet. In Stuttgart betrug die Niederschlagsmenge im Dezember nur 14 Prozent eines durchschnittlichen Dezembers. Im Schwarzwald und in den Schweizer Alpen, die den Rhein speisen, regnete oder schneite es ebenfalls kaum. Wegen der lang anhaltenden Trockenheit führen die Flüsse im Südwesten immer weniger Wasser - vor allem der Rhein. Am Montag sank der Pegelstand bei Karlsruhe-Maxau auf 3,34 Meter und lag damit nur 19 Zentimeter über dem Tiefstwert von 1985. Bei Koblenz lag der Pegel gestern 76 Prozent unter dem Mittelwert und in Köln liegen sogar weite Teile des Rheinbetts frei.

Für die Schifffahrt hat das Niedrigwasser am Rhein allerdings erhebliche Konsequenzen. „Die meisten Binnenschiffe können nicht so schwer beladen werden, wie bei einem normalen Pegelstand“, erklärt Braun. Die Fahrrinnentiefe betrage bei Bingen gerade noch 1,70 Meter. Je nach Art der Frachtgüter bedeute dies eine Verringerung der Ladekapazität um bis zu 50 Prozent, rechnet Schuitemaker vor. Das bedeutet: Die Transportkosten pro Tonne verteuern sich - meist für den Abnehmer.

Die finanziellen Konsequenzen tragen in der Regel nämlich die Unternehmen, die die Ladung abnehmen, erklärt ein Mitarbeiter eines Wertstoffunternehmens im Stuttgarter Hafen. Er steht dagegen vor einer logistischen Herausforderung. Er muss organisieren, wie er die Güter abtransportiert bekommt, zusätzliche Schiffe ordern oder sie per Bahn verschicken. „Dies ist der Vorteil unseres trimodalen Umschlagplatzes“, sagt Carsten Strähle, der Geschäftsführer der Hafengesellschaft Stuttgart. Der Umstieg auf die Bahn gelingt oft nur theoretisch. Für lange Strecken sei dies zu teuer, zudem fehlen Kapazitäten. Waggons seien knapp, so der Wertstoffexperte. Mit Blick auf das künftige Wetter richtet er sich auf stressige Tage ein. Meteorologen sagen geringe Niederschläge und Kälte voraus. Bedeutende Zuflüsse durch Schneeschmelze scheinen ausgeschlossen.

„Wir bräuchten einen mehrwöchigen Landregen, nicht nur für den Rhein, auch für den Neckar“, sagt Braun. Die geringe Grundwasserabgabe erschwere die Steuerung des Durchflusses an den Staustufen. Normalerweise erfolge die Regelung über die Kraftwerke. Wenn zu wenig Wasser zufließe, um Strom zu erzeugen, müsste dies über die Wehre geregelt werden.