Das Elterngeld ist eine stark nachgefragte Leistung des Staates. Foto: dpa/Jan Woitas

Beim Elterngeld soll sich etwas ändern – damit der Bund Geld einspart. Wer ist davon betroffen? Welche Probleme gibt es? Das Wichtigste kompakt zusammengefasst.

Der Haushalt schrumpft: von mehr als 476 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 445,7 Milliarden Euro in diesem Jahr. Das bedeutet: Alle Ressorts müssen sparen – auch das Bundesfamilienministerium. Ministerin Lisa Paus (Grüne) hat sich für eine Änderung beim Elterngeld entschieden, die viel Widerspruch hervorruft. Das Wichtigste in Fragen und Antworten:

Was genau ist das Elterngeld?

Wer nach der Geburt des Kindes nicht oder nur wenig arbeitet, kann Elterngeld beantragen. Es wird bis zu 14 Monate gezahlt. Der volle Zeitraum kann nur ausgeschöpft werden, wenn beide Partner mitmachen und sich die Zeit untereinander aufteilen. Dabei muss auch derjenige, der sich weniger um die Kinderbetreuung kümmert – das ist meist der Vater –, mindestens zwei Monate Auszeit vom Job nehmen. Wer wenig verdient, bekommt bis zu 100 Prozent des Netto-Verdienstes ersetzt. Wer ein höheres Einkommen hat, bis zu 65 Prozent. Nach oben gedeckelt ist das Elterngeld bei 1800 Euro.

Für wen soll sich jetzt etwas ändern?

Für Menschen mit hohen Einkommen. Bislang können Paare mit einem gemeinsamen Einkommen von 300 000 Euro kein Elterngeld beziehen. Ministerin Paus will diese Einkommensgrenze nun deutlich niedriger ansetzen – nämlich nur noch halb so hoch. Das bedeutet: Paare mit einem zu versteuernden Einkommen von 150 000 Euro sollen künftig leer ausgehen. Ein zu versteuerndes Einkommen von 150 000 Euro entspricht nach Einschätzung von Experten ungefähr einem Bruttoeinkommen von 180 000 Euro. Genau lässt es sich aber nur im Einzelfall sagen.

Wie viele Paare wären betroffen?

Tatsächlich wären deutlich mehr Paare von der Kappung betroffen als jene 60 000 Gutverdienerhaushalte, von denen bisher oft die Rede war. Diese Zahl umfasst nur Paare, die bereits mindestens ein Kind haben. Der „Spiegel“ berichtet, dass es in Deutschland ausweislich des sozioökonomischen Panels 435 000 Paarhaushalte unter 50 gibt, die fortan keinen Anspruch auf Elterngeld hätten. Über die Grenze kommen beispielsweise die mit einem Bosch-Ingenieur liierte Mercedes-Teamleiterin oder auch ein mit einer zur Stationsleiterin aufgestiegenen Krankenpflegerin verheirateter SAP-Softwareingenieur, der zusätzlich Mieteinnahmen aus einer geerbten Wohnung erzielt.

Was kostet den Staat das Elterngeld?

Das Elterngeld ist eine viel nachgefragte Leistung. Im Haushaltsentwurf für 2024 sind 7,99 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind 290 Millionen Euro weniger als im Jahr 2023: ein Effekt, der mit der vorgeschlagenen Änderung erreicht werden soll.

Schadet die Kürzung der Gleichstellung der Geschlechter?

Die Idee hinter dem Elterngeld, das im Jahr 2007 eingeführt wurde, war, mehr Menschen dazu zu ermutigen, Kinder zu bekommen. Die Regelung der sogenannten Partnermonate sollte mehr Männer motivieren, sich an der Familienarbeit zu beteiligen. Kritiker fürchten, jetzt könne wieder stärker das Argument gelten: Wer weniger verdient – das ist oft die Frau –, muss zu Hause bleiben.

Gäbe es alternative Modelle, um das Geld einzusparen?

Eine andere Möglichkeit, als das Elterngeld für hohe Einkommen zu beschränken, wäre gewesen, es für alle Bezieher zu kürzen. Ansonsten hätte die Familienministerin auch anderswo in ihrem Haushalt sparen können. Das wäre aber erst recht schwierig gewesen. Das Elterngeld ist eben ein besonders großer Posten.

Wer ist denn jetzt verantwortlich für den Kürzungsvorschlag beim Elterngeld?

Letztlich ist es die gesamte Bundesregierung. Sie hat am Mittwoch den Haushalt beschlossen. Trotzdem versuchen Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben. Bekannt geworden ist ein Schreiben von Finanz-Staatssekretär Werner Gatzer ans Familienministerium, in dem von Einsparungen die Rede ist, die „durch eine ausgabenreduzierende Reform des Elterngeldes“ zu erzielen sei. Finanzminister Christian Lindner betonte bei der Vorstellung des Haushalts am Mittwoch, die Ministerien seien frei gewesen in der Entscheidung, wie sie ihre Einsparungen erbringen wollten.

Kommt die Regelung wie geplant?

Die Kritik ist groß – und kommt sowohl vom DGB als auch von der Union. Die Frage, ob nachjustiert wird, steht also im Raum – doch es gibt keine einfachen Antworten, woher sonst das Geld kommen sollte. SPD-Chefin Saskia Esken forderte unterdessen, die Regeln für das Elterngeld müssten zu einer besseren Aufteilung der Familienarbeit zwischen Männern und Frauen beitragen. „Uns ist es wichtig, dass wir den Zielen von Partnerschaftlichkeit und Gleichstellung durch das Elterngeld auch tatsächlich näherkommen“, sagte sie unserer Redaktion. „Wir schlagen ein 6+6+6-Modell vor“, sagte Esken unter Verweis auf ein SPD-Konzept. Damit wäre das Elterngeld sechs Monate lang fest an einen Partner gebunden, sechs Monate könnten frei verteilt werden und für weitere sechs Monate müssten die Partner zu gleichen Teilen die Arbeitszeit verringern, so Esken. (mit jgp)