Der coole Kyle (Timothée Chalamet) hat es Christine (Saoirse Ronan) Foto: Universal Pictures - Universal Pictures

Greta Gerwigs Regie-Debüt „Lady Bird“ war für fünf Oscars nominiert und wurde mit einem Golden Globe für den besten Film ausgezeichnet. Mit Saoirse Ronan in der Hauptrolle erzählt Gerwig die Geschichte einer 17-Jährigen, die in der Provinz aufwächst und trotz einer schwierigen Beziehung mit ihrer Mutter unerschütterlich von einem besseren Leben träumt.

EsslingenMütter und Töchter verbindet zuweilen ein schwieriges Verhältnis: Sie kabbeln sich, sie streiten sich, und trotzdem können sie ein Leben lang nicht voneinander lassen. Solche Beziehungen haben schon viele Filmemacher inspiriert. Schon deshalb ist es nicht leicht, Mutter-Tochter-Beziehungen etwas Neues abzugewinnen. Wie reizvoll es noch immer sein kann, sich solchen Konstellationen filmisch zu nähern, zeigt die Schauspielerin und Drehbuchautorin Greta Gerwig in ihrem Regiedebüt „Lady Bird“. Dieser hinreißende Film hat in den USA Publikum und Kritiker begeistert, er wurde mit einem Golden Globe als bester Film ausgezeichnet und für fünf Oscars nominiert. Nun kommt die Geschichte einer ungewöhnlichen jungen Frau, die nicht einfach in der Provinz versauern möchte, in die deutschen Kinos.

Auch wenn Greta Gerwig nicht ihre eigene Geschichte erzählt, fühlt sie sich ihrer Titelheldin nah: „Ich bin in Sacramento aufgewachsen und liebe die Stadt“, erzählt die Regisseurin. „Mein erster Impuls, diesen Film zu machen, war daher eine Liebeserklärung an einen Ort, der für mich erst wirklich in den Fokus geriet, nachdem ich ihn verlassen hatte. Denn die Tiefe der eigenen Empfindungen für das Zuhause zu begreifen, ist noch einigermaßen schwierig, wenn man 16 Jahre alt und davon überzeugt ist, dass das echte Leben woanders stattfindet. Keines der Ereignisse in ‚Lady Bird’ hat exakt so stattgefunden. Aber dem Film wohnt ein wahrer Kern inne, was Themen wie Zuhause, Kindheit und Aufbruch angeht.“ Und das spürt man als Zuschauer, denn dieser Film strahlt eine Wahrhaftigkeit aus, wie man sie im Kino nicht alle Tage sieht.

Sie streiten und sie lieben sich

Sie ist süße 17 Jahre jung und kann dem Leben im nordkalifornischen Sacramento nicht allzu viel abgewinnen. Umso mehr hat Christine (Saoirse Ronan) eine unbändige Lust auf ein erfülltes Dasein. Sie würde gerne an der Ostküste leben, wo Kultur noch etwas gilt, und am liebsten würde sie an einer der Elite-Unis studieren – dass ihre Noten das nicht mal im Traum erwarten lassen, sieht Christine als Problem, das sie getrost vernachlässigen kann. Und während sie von einem Leben träumt, in dem sie eine Hauptrolle spielt, zofft sie sich leidenschaftlich mit ihrer Mutter Marion (Laurie Metcalf), die ihr gewaltig auf die Nerven geht, obwohl sie sie tief in ihrem Herzen liebt. So nimmt sich Christine das bisschen Freiheit, das ihr das Leben bietet, nennt sich fortan Lady Bird und zeigt dem Rest der Welt, dass sie sich nicht so einfach unterbuttern lässt. Denn sie weiß: Irgendwo wartet das wahre Leben auf sie.

Greta Gerwig begleitet ihre Protagonistin ein ganzes Jahr lang durch den Alltag: die verknöcherte katholische Highschool, der Ärger mit den Konventionen, der ständige Streit mit Marion, in dem Christine und Marion alle Register der großen Gefühle ziehen, die Zeit mit ihrer Freundin Julie (Beanie Feldstein) und die erste große Liebe, die die junge Frau gleich mit zwei Altersgenossen erlebt – dem braven Danny (Lucas Hedges) und dem coolen Kyle (Timothée Chalamet). Und trotz aller Widrigkeiten schafft sie es immer wieder, sich nicht so einfach unterkriegen zu lassen. Dass sich Christine plötzlich Lady Bird nennt, ist für Greta Gerwig viel mehr als nur irgendeine Äußerlichkeit: „Sich einen neuen Namen zu geben, ist sowohl ein kreativer als auch ein religiöser Akt, bei dem es um Urheberschaft geht und darum, durch das Schaffen einer neuen Identität sein wahres Ich zu finden.“

„Lady Bird“ lebt vor allem von der komplexen Mutter-Tochter-Beziehung – und von den großartigen Hauptdarstellerinnen Saoirse Ronan und Laurie Metcalf. Auch wenn Christine im Laufe des Schuljahrs, durch das Greta Gerwigs Film sie begleitet, ein Wechselbad der Gefühle erlebt und bisweilen die absonderlichsten Momente auszuhalten hat, steht das schwierige Verhältnis von Christine und Marion doch klar im Mittelpunkt. Vor allem aber fühlt man sich unwillkürlich verbunden mit „Lady Bird“, die auf so unwiderstehliche Weise ihr Leben meistert und all den Schwierigkeiten und Herausforderungen des Erwachsenwerdens mit einer unerschütterlichen Weltsicht begegnet.

Greta Gerwig erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die vom Leben mehr erwartet als die Langeweile ihrer provinziellen Heimatstadt und die ständigen Kabbeleien mit ihrer Mutter, die sie im Grunde genauso liebt, wie sie von ihr geliebt wird.