Bei Bayern München rückt Trainer Thomas Tuchel immer mehr in den Fokus. Wann bröckelt der Rückhalt der Bosse?
Bei Bayern München rückt Trainer Thomas Tuchel immer mehr in den Fokus. Wann bröckelt der Rückhalt der Bosse?
München (SID) Noch hält Uli Hoeneß seine schützende Hand über Thomas Tuchel. Der FC Bayern brauche „mehr Kontinuität“ auf der Trainerposition, sagte der langjährige Vereinspatron vor dem von Trainer Tuchel und dessen Mannschaft vergeigten Gipfel in Leverkusen - diese Aussage hat auch nach der Demütigung beim Titelfavoriten Gültigkeit. Oder?
„Mir kommt Thomas Tuchel in der Öffentlichkeit zu schlecht weg“, sagte Hoeneß der FAZ. Und überhaupt: „Wenn wir mal länger mit einem Trainer zusammengearbeitet haben, dann war das immer gut: mit Pep Guardiola, mit Jupp Heynckes, mit Ottmar Hitzfeld, mit Udo Lattek. Diese Konstanz, diese Stabilität haben wir derzeit noch nicht.“
Tuchel, sollte das heißen, solle Zeit bekommen - als erster Bayern-Trainer seit Guardiola, dem bislang letzten, der nicht nach weniger als zwei Jahren flog. „An der Trainerfrage“, betonte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen nach dem bitteren 0:3 bei Bayer, „ändert sich gar nichts.“
Tuchel braucht schnellstmöglich überzeugende Siege
Dennoch: Tuchel braucht schnellstmöglich überzeugende Siege. Im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) bei Lazio Rom, damit nicht auch noch der dritte Titel frühzeitig aus dem Blick gerät. Und danach in der Liga gegen Bochum, Leipzig sowie Freiburg, um die Restchance auf die Schale aufrechtzuerhalten.
Der Boulevard zündelt schon. „Ab jetzt wackelt Tuchel“, titelte die Bild am Montag, dazu die vermeintliche Nachricht, Startrainer Jose Mourinho habe „Bock auf Bayern“ und lerne Deutsch. Letzteres hatte der Portugiese allerdings schon im September 2019 (!) verraten.
Trotzdem: Für Lothar Matthäus wäre es kein „Wunder“, wenn Tuchels Job in Gefahr geriete. „Intern wird bestimmt diskutiert. Muss es sogar. Alles andere wäre nicht Bayern-like“, schrieb der Rekordnationalspieler in seiner Sky-Kolumne.
Tuchel verzichtete bei Bayer zunächst auf Kimmich und Müller
Tuchel sei in Leverkusen „all-in gegangen und hat sich verzockt“, meinte Matthäus: „Man hatte den Eindruck, dass er es allen zeigen wollte und es hat leider nicht funktioniert. Ein bisschen wie Carlo Ancelotti damals in Paris.“ Der Italiener hatte sein Aus im September 2017 mit einer Aufstellung ohne zahlreiche Führungsspieler bei Paris St. Germain (0:3) provoziert.
Tuchel verzichtete bei Bayer zunächst auf die Leitwölfe Joshua Kimmich sowie Thomas Müller und ließ Matthijs de Ligt 90 Minuten auf der Bank schmoren. Laut Sky-Experte Dietmar Hamann habe er damit Kimmich und de Ligt wie zuvor schon Leon Goretzka regelrecht „demontiert“.
Tuchel, meinte Matthäus, habe das Recht dazu. „Ein Trainer kann die Anführer der Kabine reizen, ignorieren, links liegen lassen oder demontieren“, schrieb er, „aber dann muss er gewinnen, und zwar überzeugend.“ Das misslang krachend.
Liegt es am Trainer? Oder, wie Thomas Müller nahelegte, an den Stars? Tuchel hat oft genug betont, für wie unausgewogen er seinen Kader hält und dass er seine Spielidee fortwährend anpassen müsse. Subtext: Wenn ich könnte, wie ich wollte, liefe es besser.
Wie sehr diese Argumentation bei den Bossen verfängt, muss demnächst Max Eberl beantworten. Dessen Einstellung als Sportvorstand zum 1. März gilt als Formsache. Eberl ist ein Hoeneß-Mann. Das könnte Tuchel schützen - vorerst.