Frl. Wommy Wonder feiert am 27. Juli Premiere der neuen Sommershow „Hereinspaziert!“ Foto: Veranstalter

In der heißen, kulturell schwierigen Zeit steht Michael Panzer als Frl. Wommy Wonder für vier Wochen auf der Bühne. Vor seiner Sommershow (diesmal im Theaterhaus) sprachen wir mit dem Travestiekünstler über Kultur nach Corona, den CSD und rechte Parteien.

„Hereinspaziert!“ – so heißt die neue Sommershow von Frl. Wommy Wonder, die am Donnerstag, 27. Juli, in Halle 3 des Theaterhauses Premiere feiert. Gespielt wird – zum Teil mit unterschiedlichen Gästen – bis zum 20. August.

„Wer keine Eier hat, bekommt nix gebacken“ haben Sie vor einem Jahr bei Ihrer Sommershow gesagt. Was macht Ihre Bäckerei fürs neue Programm?

In meiner Bäckerei laufen die Maschinen vor der Premiere auf Hochtouren - natürlich ökologisch nachhaltig und mit grünem Strom – und mit veganem Ei-Ersatz, man will ja niemanden brüskieren. Meine Backzutaten sind eine Prise Alltagsbetrachtung, sehr viel Humor, ein Quentchen Tiefgang, ein bisschen Zynismus und ganz viel Liebe zum Publikum. Wenn man das alles warmhält, geht’s meist gut auf.

Im warmen Sommer legen sich andere ans Meer - Sie aber wollen in der heißen Jahreszeit bella figura auf der Bühne machen. Was treibt Sie an? Warum gönnen Sie sich keinen Urlaub?

Meine Figur war noch nie bella, deswegen sind alle mit einem Gespür für Ästhetik dankbar, wenn ich sie nicht am Strand meinen Mitmenschen aufnötige. Auf der Bühne gibt’s dann auch nur eine inszenierte und in Form gepresste Variante von Realität, man will ja genau wie das Publikum für eine gewisse Zeit dem Alltag entfliehen und nicht mit dem konfrontiert werden, was man den ganzen Tag über sieht oder hört. Insofern ist Bühne für mich Auszeit vom Alltag, und auf der Bühne lade ich meine Batterien wieder auf. Ist das nicht die Definition von Urlaub?

Wie haben Sie die Corona-Zeit überstanden? Läuft’s wieder wie vor der Pandemie?

Meine Devise war immer: Augen zu und durch. Und nicht weiter drüber nachdenken, sonst wird man irre. Das und mein fehlender Hang zum Luxus sowie die Fähigkeit zu stoischem Pragmatismus und preußischer Disziplin haben dazu geführt, dass ich ohne große Depressionen durch die Zeit gekommen bin – anders als viele in meinem Umfeld. Mich ärgert nur die welt- und lebensferne Politik, die auch jetzt noch die Branchen besonders gängelt, die während der Pandemie am meisten zu leiden hatten, mit den meisten Einschränkungen konfrontiert wurden und dennoch am meisten dafür gesorgt haben, dass das Volk wenigstens etwas zu lachen hatte.

Etliche Kulturveranstalter klagen, das Publikum würde nur zögernd zurückkommen, sehr kurzfristig Karten kaufen und lieber für große Konzerte wie von Helene Fischer Geld ausgeben. Wie sehen Sie die Lage?

Ähnlich, die Leute müssen sich erst wieder von Netflix und Co sowie Live-Streams und Konservenunterhaltung entwöhnen und ins Leben zurückfinden. Man darf nicht vergessen, dass neben Corona auch der Ukraine-Krieg und die Inflation ihren Teil dazu beitragen, dass der Geldbeutel nicht mehr so locker sitzt. Wenn jemand sich entscheiden muss zwischen „Kühlschrank füllen“ und „abends ins Theater gehen“, zieht die Kultur halt im Bedarfsfall verständlicherweise den Kürzeren. Unterm Strich kommen die ganz Großen der Branche noch einigermaßen gut durch die Krise und die, die ständig im TV präsent sind, bei allen anderen geht es mehr oder weniger ans Eingemachte. Die Krise ist noch lange nicht überstanden. Da sollte man sich keinen falschen Illusionen hingeben.

Wie kommt es, dass Sie diesmal im Theaterhaus spielen? Davor waren sie im Friedrichsbau, im Theater der Altstadt und in der Sparda-Welt. Eine lange Liebe hat sich in den anderen Häusern nicht ergeben?

Doch, ich bin mit allen Theatern in gutem Einvernehmen und spiele dort auch regelmäßig unterm Jahr, mit Zerwürfnis oder bösen Geschichten von hinter den Kulissen kann ich so gar nicht dienen. Die Gründe für den jeweiligen Spielort sind meist recht banal: Im einen Theater wird saniert, beim anderen stehen TÜV-Überprüfungen der Gerätschaften an, andere sind aufgrund von Personalengpässen als Corona-Spätfolge einfach so knapp aufgestellt. Ich muss im Sommer halt immer mindestens vier Wochen spielen, um die enormen Kosten, die jetzt noch mal gestiegen sind, zu bewältigen. Daher bin ich Werner Schretzmaier und dem Team vom Theaterhaus, in dem ich seit 1995 jährlich auf dem Spielplan stehe, sehr dankbar, dass sie für mich ein paar Termine umgeworfen und verschoben haben.

Was sind die Unterschiede zwischen Michael Panzer und seiner Kunstfigur Wommy?

Wir haben denselben Humor, aber wo Wommy naturgemäß extrovertiert auftritt, ist Michael eher zurückhaltend. Michael reflektiert, Wommy philosophiert, und die Schäufele ist dann eher fürs Grobe, ich decke in Gesamtheit also die ganze Bandbreite ab. Und was Liebe angeht: die Schäufele sucht ständig und bedient sich gerne ungefragt am Büffet des Lebens. Die Wommy ist irgendwie unantastbar und eher hypothetisch fürs Hormonelle empfänglich. Und Michael sucht nicht wirklich, weil er nichts verloren hat.

Ist Michael der ewige Single?

Falls das Schicksal will, dass der Michael gefunden wird, wird er sich nicht sträuben. Das muss aber dann ein spezieller Mensch sein, der zwischen Bühnen- und Privatfigur unterscheiden kann und der mir die Gewissheit gibt, dass er mich für meine Bühnenfigur weder bevorzugt noch benachteiligt. Ich brauche Menschen mit Tiefgang und Humor, die mit mir gemeinsam in dieselbe Richtung blicken, auch wenn sie sich in Details unterscheiden. Partylöwen oder Groupies mit Kreisch- und Anhimmelungsattitüde sind so gar nicht mein Ding.

Ihre Premiere im Theaterhaus feiern Sie kurz vor der CSD-Parade. Warum ist der CSD heute noch wichtig? Haben Sie Sorge, dass durch das Erstarken der rechten Parteien die Rechte der Community in Gefahr sind?

Der CSD ist nach wie vor wichtig, weil die Community noch längst nicht so in die Gesellschaft integriert ist, wie man es sich wünschen würde. Ich glaube aber nicht, dass durch Erstarken rechter Parteien die Rechte der Community ernsthaft in Gefahr wären, dafür ist der grundsätzliche Rückhalt in der Bevölkerung zu groß. Ich glaube auch nicht, dass die Menschen wirklich so rechtsextrem sind wie die Zahlen es vermuten lassen, da ist viel genereller politischer Frust oder Angst wegen der aktuellen Situation mit dabei, der sich dann halt leider ein falsches Ventil sucht. Dieses psychologische Phänomen findet sich in allen Krisen. Das macht es nicht besser, aber erklärbarer. Ich möchte nicht wirklich glauben müssen, dass die Menschen sich gegenseitig mehr hassen als akzeptieren. Dafür ist mein Harmoniebedürfnis zu groß.

Infos

Karten
für die Wommy-Show „Hereinspaziert“ gibt es im Netz unter: ttps://theaterhaus.reservix.de/events.