Für Rücklagen bleibt bei 424 Euro im Monat kein Geld. Foto: dpa/Andreas Gebert - dpa/Andreas Gebert

Im Stadtbezirk beziehen mehr als 5000 Menschen Hartz IV. Alleinstehenden Personen erhalten laut Regelsatz 424 Euro im Monat, das sind etwa 107 Euro pro Woche. Wie kommt man damit aus? Ein Selbstversuch.

Bad Cannstatt Im Stadtbezirk beziehen mehr als 5000 Menschen Hartz IV. Alleinstehende Personen erhalten laut Regelsatz 424 Euro im Monat, das sind etwa 107 Euro pro Woche. Für unterschiedliche Bedürfnisse wie Kleidung, Lebensmittel, Verkehr oder Gesundheit ist eine bestimmte Summe eingeplant. Diese Werte werden vom Gesetzgeber anhand einer Statistik ermittelt. Wie es ist, mit diesem Betrag auszukommen, habe ich sieben Tage getestet.

Lebensmittel: Für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sind vom Gesetzgeber 147,83 Euro pro Monat vorgesehen. Das sind für eine Woche 36,96 Euro oder 5,28 Euro pro Tag. Angesichts dieses Budgets wird schnell klar: Markenprodukte werden nicht eingekauft. In meinem Einkaufswagen landen unter anderem Brot, Nudeln, passierte Tomaten, Reis, Zucchini, Paprika, Kartoffeln, Karotten, Salat, Kaffee, Saft, Käse, Butter, Müsli, Milch und Äpfel. Insgesamt gebe ich für meinen vegetarischen Speiseplan knapp 24 Euro aus. Statt Mineralwasser trinke ich in dieser Woche Leitungswasser. Es bleiben noch etwa 13 Euro. Der Einkauf reicht für vier Gerichte sowie Frühstück und Vesper. Bedürftige Menschen, Hartz-IV- und Sozialhilfeempfänger sowie Menschen mit zu geringer Rente oder zu geringem Bafög sind außerdem dazu berechtigt, in einem Tafelladen einzukaufen. Für den Nachweis der Hilfebedürftigkeit genügt der jeweilige Leistungs- oder Einkommensnachweis. Die Vorlage der Bonuscard der Stadt Stuttgart in Verbindung mit einem Lichtbildausweis berechtigt auch zum Einkauf bei der Schwäbischen Tafel Stuttgart.

Hobbys und Kleidung: Für Musikunterricht – in meinem Fall wöchentliche Gitarrenstunden – gebe ich monatlich etwa 120 Euro aus. Mit dem Hartz-IV-Regelsatz sind solche kostspieligen Aktivitäten undenkbar. Zur finanziellen Herausforderungen wird aber auch eine Reparatur: Ist wie in meinem Fall der Gitarrenverstärker defekt, belaufen sich die Kosten schnell auf mehr als 50 Euro. Auch wenn der Regelsatz einen Betrag in Höhe von 33,62 Euro für „andere Waren und Dienstleistungen“ vorsieht, wäre eine Reparatur ohne Rücklagen wohl nicht so einfach zu stemmen. Viele Leute gehen in ihrer Freizeit gerne Bummeln und kaufen dabei zum Beispiel neue Kleidung ein. Doch wie viel Geld kann ich dafür ausgeben? Das Budget für Bekleidung beträgt pro Monat 37,16 Euro. Ich beschließe, mich in einem Secondhand-Laden umzusehen. Einen Pullover gibt es hier für 9,90 Euro, eine Jeans kostet zwischen 4,90 Euro und 9,90 Euro. Für einen Kurzmantel aus Wolle werden 29,90 Euro verlangt. Fündig werde ich auf Anhieb allerdings nicht.

Mobilität und Kommunikation: Für Verkehr sieht der Regelsatz monatlich 35,33 Euro vor, pro Woche sind das 8,83 Euro. Zwar kann ich die meisten meiner Wege zu Fuß gehen, dennoch benötige ich in dieser Woche vier Tickets für jeweils eine VVS-Zone, Kostenpunkt 2,37 Euro pro Fahrschein. Insgesamt bezahle ich für die Stadtbahnfahrten in dieser Woche 9,48 Euro – damit ist das Budget überschritten. Allerdings gibt es auch Sozialtickets für den öffentlichen Personennahverkehr. Besitzer einer Bonuscard bezahlen für ein Monatsticket für eine Zone 33,80 Euro, zwei Zonen kosten 43,20 Euro. Gekauft habe ich die Tickets über eine App auf dem Smartphone. Für Nachrichtenübermittlung, also auch die Telekommunikation, stehen mir im Monat 37,92 Euro zur Verfügung. Mein aktueller Handyvertrag kostet 19,90 Euro pro Monat. Dazu kommen noch 29,90 Euro für Festnetz und Internet. Ich müsste mich also auf jeden Fall nach einem günstigeren Anbieter umschauen.

Zwischenbilanz: Der zweite Einkauf steht an. Die mir bekannten einfachen Gerichte habe ich gekocht. Nun suche ich kulinarische Inspiration im Internet. Es gibt Sammlungen mit Hartz-IV-Rezepten – entsprechende Kochbücher sind übrigens auch erhältlich. Ich entscheide mich für Chili sin carne, also Chili ohne Fleisch, und eine Griechische Gemüsepfanne. Dafür benötige ich Linsen, Mais und Bohnen aus Konservendosen, Gemüsebrühe, Eier, eine Packung passierte Tomaten, zwei Tomaten, Paprika und Feta-Käse. Dazu kommen Brot, Käseaufschnitt und Joghurt – Kostenpunkt: 12,36 Euro. Mit meinen Lebensmitteleinkäufen liege ich im Wochenbudget. Außerdem stehen Drogerieprodukte auf meiner Liste. Für Gesundheitspflege kann ich in einer Woche etwa vier Euro (16,11 Euro im Monat) ausgeben. Davon kaufe ich eine Zahnbürste, Duschgel, Shampoo, eine Haarkur, Zahnpasta, Wattestäbchen, Taschentücher, Waschmittel und Toilettenpapier und bezahle 14,43 Euro. Wie auch schon bei den Lebensmitteln kaufe ich ausschließlich No-Name-Artikel. Ob mir die verbleibenden 1,68 Euro für den Rest des Monats ausreichen würden, wage ich zu bezweifeln.

Freizeit: In dieser Woche bin ich einmal Essen gegangen (17 Euro) und habe mich einmal in einem Café getroffen (sieben Euro). Zur Verfügung für Restaurant- oder Hotelbesuche stehen mir pro Monat unter dem Posten „Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen“ 10,55 Euro. Dieses Budget habe ich überzogen. Auch Konzert-, Kino- oder Schwimmbadbesuche müssen wohl überlegt sein. Für Freizeit, Unterhaltung und Kultur kann ich im Monat 40,68 Euro ausgeben. Das sind etwa zehn Euro pro Woche. Davon kann ich mir zum Beispiel eine Kinokarte leisten. Auf kleine Extras wie eine Kugel Eis, ein Stück Kuchen beim Bäcker oder einen Besuch im Fast-Food-Restaurant verzichte ich.

Fazit: Der siebentägige Selbstversuch hat mir nur einen kleinen Einblick gegeben, wie es ist, mit dem Hartz-IV-Regelsatz auszukommen. Es hat sich gleich beim ersten Einkauf herausgestellt, dass Kosten und Ausgaben genau kalkuliert werden müssen. Für Freizeitvergnügen wie ein Besuch im Restaurant, Theater oder Konzert bleibt bei 424 Euro nur wenig Spielraum. Dass es während eines Monats oder mehreren Jahren noch ganz andere finanzielle Herausforderungen zu stemmen gibt, ist mir bewusst.