Schnelles Laden für E-Autos wird immer stärker ausgebaut – doch nicht unbedingt in der Fläche (Symbolbild). Foto: dpa/Patrick Pleul

Der Verkehrsforscher Moritz Bergfeld sagt: Öffentliche, besonders schnelle Ladesäulen für E-Autos sind auf dem Land nur unter bestimmten Bedingungen sinnvoll. Doch Löcher wie im Handynetz dürfe es nicht geben.

Herr Bergfeld, Schnellladesäulen konzentrieren sich in Baden-Württemberg vor allem auf Autobahnen und große Städte. Stehen sie dort, wo sie gebraucht werden?

Wir sehen hier zwei Anwendungsfälle: Der erste Anwendungsfall sind Langstreckenfahrten mit dem E-Auto. Wenn wir zwischendurch laden müssen, wollen wir möglichst keine Zeit verlieren. An großen Straßen ist Schnellladeinfrastruktur also sehr sinnvoll. Der zweite Anwendungsfall ist Schnellladeinfrastruktur in den Städten. Eigentlich funktioniert Elektromobilität am besten, wenn die Fahrzeuge dort laden, wo sie im Alltag parken. Wenn Menschen in der Stadt keinen privaten Platz zum Laden haben, muss es entsprechend mehr öffentliche Lademöglichkeiten geben. Um diesen Bedarf zu decken, kann man öffentliche Ladeinfrastruktur entweder dort ausbauen, wo die Fahrzeuge lange parken (also zum Beispiel am Straßenrand in Wohngebieten oder beim Arbeitgeber) oder in Form von Schnellladehubs an zentralen Orten entsprechend einem Tankstellenmodell. Da ein Schnellladevorgang länger dauert als ein typischer Tankvorgang, lässt sich ein Ladevorgang zum Beispiel gut mit einem Supermarkteinkauf verknüpfen.

In der Fläche haben im Südwesten etwa drei Viertel der Gemeinden keine einzige Schnellladesäule. Gibt es da einen Bedarf?

Im ländlichen Raum haben viele Menschen einen privaten Stellplatz, da ist eine Wallbox oft attraktiver als öffentliche Ladesäulen. Hinzu kommt, dass man in kleinen Ortschaften teils auch das Stromnetz verstärken müsste, wenn man Schnellladepunkte mit zum Beispiel mehr als 150 Kilowatt aufbauen möchte. Das liegt daran, dass ein Schnellladepunkt in der Spitze mehr Leistung braucht als zehn Einfamilienhäuser. Das ist teuer und planungsintensiv und macht vor allem da Sinn, wo viel Verkehr durchkommt – das muss aber nicht nur an der Autobahn sein. In der Fläche sind öffentliche Ladesäulen insbesondere auch in touristischen Regionen sinnvoll, damit dort die (Tages-)Touristen mit Elektrofahrzeug die Möglichkeit haben, ihr Auto zu laden.

Moritz Bergfeld forscht am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt zur Transformation der Automobilität. Foto: DLR

Reichen dafür nur die Standorte, die sich am meisten für die Betreiber lohnen?

Bei den Ausschreibungen des Deutschlandnetzes wurden Gebiete, sogenannte Suchräume, die einen lukrativen Betrieb von Ladeinfrastruktur versprechen, mit Gebieten, die einen weniger lukrativen Betrieb versprechen, gebündelt. Damit soll sichergestellt werden, dass ein flächendeckendes Netz entsteht und eine Situation, die wir teilweise beim Mobilfunk haben (das heißt kein Handyempfang in manchen Gegenden), vermieden wird. Gegen die Reichweitenangst hilft zudem, dass die Reichweite der neuen Elektrofahrzeuge immer weiter steigt. Die Schnellladestationen sind bereits dicht genug, um mit dem E-Fahrzeug quer durch Deutschland reisen zu können. Eine andere Frage ist, ob an den Standorten genügend Ladepunkte zur Verfügung stehen, damit die Leute auch in Stoßzeiten mit viel Verkehr nicht Schlange stehen müssen. Zu diskutieren wäre auch, ob man die Schnellladeinfrastruktur für Zeiten wie den Ferienanfang, wenn alle gleichzeitig in den Urlaub fahren, ausbauen möchte und dafür in der restlichen Zeit Überkapazitäten in Kauf nimmt.

Sie forschen zum Ladeverhalten von E-Auto-Fahrern. Was sind die typischen Szenarien?

Viele Elektrofahrzeugbesitzende bevorzugen ihre private Wallbox vor der öffentlichen Ladeinfrastruktur, was vor allem daran liegt, dass privates Laden günstiger und komfortabler ist. Sie laden gerne dort, wo sie ohnehin parken und nur ihr Fahrzeug anschließen müssen. Dabei werden vor allem private Lademöglichkeiten zu Hause und am Arbeitsplatz präferiert. Schnellladeinfrastruktur wird nur ab und zu genutzt. Aktuell besitzen jedoch vor allem Personen Elektrofahrzeuge, die auch über einen Stellplatz auf ihrem Privatgrundstück und oft auch über eine eigene Solaranlage verfügen. In vielen dicht besiedelten Räumen in Städten fehlen noch Lademöglichkeiten, um auch Personen ohne privaten Stellplatz zu überzeugen – hier braucht es einen stärkeren Ausbau. Und letztendlich sollte es natürlich auch günstiger sein, ein E-Auto zu fahren als einen Verbrenner, auch wenn man auf öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen ist.