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Die in die Jahre gekommene Schwimmhalle ist seit den Sommerferien geschlossen, der Zustand der Hallendecke machte einen Weiterbetrieb unmöglich. Eine Sanierung würde 26 Millionen Euro kosten.

Bad CannstattWer derzeit an einem Samstagmittag im Mombach-Bad seine Runden ziehen möchte, dem bietet sich ein bemitleidenswertes Schauspiel: In der Schwimmhalle tummeln sich rund 20 Kinder auf einer schmalen Bahn. Egal ob Brustschwimmzug, Rückenlage oder Kraulbeinschlag – auf der zwei Meter breiten und 25 Meter langen Bahn will nicht viel gelingen, immer wieder ist die Hand oder der Fuß eines anderen im Weg. Dabei hat es der Verein aus der Neckarvorstadt noch gut – wenigstens kann er auf eigenem Grund und Boden einen Großteil der vorgesehenen Kurse durchführen. Ursprünglich sollten die SVC-Kinder im Stadtbad Cannstatt bei deutlich komfortableren Platzverhältnissen betreut werden. Doch die in die Jahre gekommene Schwimmhalle blieb nach den Sommerferien geschlossen, der Zustand der Hallendecke machte einen Weiterbetrieb unmöglich (wir berichteten). Bei den betroffenen Vereinen herrscht deswegen absoluter Notstand: Nicht wenige Kursteilnehmer und Leistungssportler sitzen auf dem Trockenen, seitdem die Bäderbetriebe im Stadtbad Cannstatt den Stöpsel zogen.

„Es war unsere Pflicht, die Halle zu schließen, da wir die Sicherheit nicht mehr gewährleisten konnten,“ wirbt Bädersprecher Jens Böhm um Verständnis für die verzwickte Lage. Einem Gerücht jedoch widerspricht Böhm, denn aus den betroffenen Kreisen war zu hören, die Renovierungsarbeiten würden dem Zeitplan deutlich hinterherhinken, die geplante Inbetriebnahme im Mai sei undenkbar. „Was die Sanierung angeht, liegen wir weiter im Plan.“ Der Rückbau der abgehängten Decke und die Schadstoffbeseitigung seien im Dezember erledigt worden, nun folge seit dem Jahreswechsel der Innenausbau. „Diese Arbeiten sollen bis Ende März abgeschlossen sein, sodass im Anschluss das Gerüst in der Schwimmhalle abgebaut und die Endreinigung erfolgen kann“, erklärt Böhm. Läuft während eines Probebetriebs dann alles nach Plan, sollen die Vereine am 4. Mai zurück ins Stadtbad ziehen können. Die Öffentlichkeit muss sich länger gedulden, denn Beckenzeiten sind erst nach Beendigung der Freibadsaison im September wieder vorgesehen.

„Die vorläufigen Kosten für diese Sanierung liegen bisher bei rund 150 000 Euro“, sagt Jens Böhm. Angesichts der Debatte um den Erhalt des Stadtbads wolle er jedoch mit offenen Karten spielen. „Stand heute und mit dem Beschluss des Gemeinderats für den Sportbadneubau wird im Sommer 2022 das Stadtbad abgerissen“, so der Bädersprecher. Eine Generalsanierung komme für den Eigenbetrieb betriebswirtschaftlich nicht in Frage, denn eine Voruntersuchung des Hochbauamts habe ergeben, dass die mit sage und schreibe 26 Millionen Euro zu Buche schlagen würde. Und nach der Sanierung muss wegen der Folgekosten aus dem Betrieb und für den baulichen Unterhalt des Bades mit einem jährlichen Defizit in einer Größenordnung von rund 500 000 Euro gerechnet werden.

„Wir investieren nur noch für einen gesicherten Betrieb für die kommenden zwei Jahre“, sagt Detlef Szlamma, Technischer Leiter bei den Bäderbetrieben. Aus diesem Grund dürfen sich die Badbesucher nach der Wiedereröffnung im Mai auch nicht wundern, dass die abgehängte Decke in der Schwimmhalle nicht mehr ersetzt wurde. Ein weiteres Problem hat sich in den vergangenen Tagen zudem immer mehr offenbart. In vielen Bereichen werden wohl die Fliesen erneuert werden müssen.

Für Sabrina Rederer, Geschäftsführerin beim Schwimmverein Cannstatt und damit Hausherrin im Mombach-Bad, ist die momentane Lage unbefriedigend: „Unsere Schwimmkurse mussten wir ins übervolle Mombach-Bad verlegen oder auf die Optionen der Stadt zurückgreifen, die es glücklicherweise gab.“ Die Eltern müssen mit ihren Kindern nun teilweise bis nach Zuffenhausen an die Ernst-Abbe-Schule fahren. Dabei gilt für Rederer: „Wir sind mit dem eigenen Mombach-Bad noch auf der guten Seite, für andere Vereine ist es deutlich schwieriger.“

Unter den besonders Leidtragenden befindet sich auch der Turnerbund Cannstatt, der zu den Interessensgruppen mit den meisten Belegzeiten im Stadtbad gehört und kein Vereinsbad als Ausweichfläche zur Verfügung hat. Seitdem in der Hofener Straße Dürre herrscht, weiß die Vorstandsriege des Traditionsvereins weder ein noch aus. „Wir sind in einem schlimmen Dilemma“, bringt es Abteilungsleiterin Edeltraud Kowalski auf den Punkt. Obwohl sich die Vereinsführung unverzüglich auf die Suche nach Ausweichquartieren gemacht habe, müsse sich der TB Cannstatt nun „mit ein paar Stündchen“ im Hallenbad Untertürkheim und in Feuerbach begnügen. Noch dazu fallen diese auf das Wochenende, was schwierig für Trainer, Kinder und Eltern sei. Rund 30 Kinder musste der Verein wegen den begrenzten Kapazitäten abweisen, der Mitgliederstand der Schwimmabteilung ist im vergangenen Jahr um zehn Prozent gesunken. „Und das, obwohl wir uns seit Jahren im Aufwärtstrend befanden“, sagt Edeltraud Kowalski. Auch finanziell bekam die Abteilung die fehlende Wasserfläche zu spüren: „Durch die weggefallenen Kurse ist uns im letzten Quartal 2019 ein finanzieller Schaden von mehreren tausend Euro entstanden. Mindestens der gleiche Verlust droht für das erste Quartal 2020. Das ist Geld, das wir zur Aufrechterhaltung des Übungsbetriebs dringend benötigen.“