Der Wunsch nach einem neuen Vereinszentrum für die Sportkultur an der Kesselstraße landete auf Rang 25. Foto: Mathias Kuhn - Mathias Kuhn

Sind die Bewohner der Oberen Neckarvororte wunschlos glücklich? Im Bürgerhaushalt wurden nur wenige Vorschläge für die Stadtbezirke Untertürkheim, Obertürkheim, Hedelfingen und Wangen geäußert.

UntertürkheimA b Spätherbst wird der Stuttgarter Gemeinderat den städtischen Haushalt für die Jahre 2020/2021 beraten, die Finanzplanung soll Ende des Jahres verabschiedet werden. Im Vorfeld wurde die Bürgerschaft einbezogen: Sie konnte Vorschläge einreichen, in welche Bereiche und konkrete Projekte die Stadt investieren soll.

Insgesamt, so zieht die Verwaltung Bilanz, ist der fünfte Bürgerhaushalt ein Erfolg: 40 620 Stuttgarterinnen und Stuttgarter haben am Verfahren teilgenommen und 3753 Vorschläge zu den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen der Landeshauptstadt abgegeben. Nachdem gleichartige Beiträge zusammengefasst wurden, konnte über 2901 Vorschläge abgestimmt werden. Welche am höchsten bewertet wurden, steht bereits fest. Die Top 100 sowie die zwei am höchsten bewerteten Vorschläge aus jedem Stadtbezirk werden nun von den Ämtern hinsichtlich ihrer Machbarkeit und der finanziellen Folgen geprüft – ihre Expertise fließt in die Haushaltsberatungen mit ein. Noch vor der Sommerpause erhalten die Gemeinderatsfraktionen die Stellungnahmen. Das Gremium wird in den Beratungen zum Doppelhaushalt sicher den einen oder anderen Vorschlag aus dem Bürgerhaushalt aufgreifen. Eine Verpflichtung, die „Wunschliste“ in der Finanzplanung zu berücksichtigen, gibt es allerdings nicht.

Dass mit der Neckarwelle ein Untertürkheimer Projekt auf der Rangliste des Bürgerhaushaltes an erster Stelle steht, vermag nicht darüber hinwegzutäuschen: Unter die Top 100 haben es nur wenige lokale Wünsche aus den Oberen Neckarvororten geschafft. Genaugenommen nur ein weiterer: Der Vorschlag, ein neues Sportvereinszentrum in der Kesselstraße in Wangen zu errichten, landete auf Platz 25. Erst auf Rang 131 folgt der Wunsch nach dem dauerhaften Erhalt des Untertürkheimer Hallenbades, gefolgt vom Wunsch, das Inselbad im Sommer wieder zu normalen Zeiten zu öffnen (Platz 193). Dann kommt lange Zeit erst mal gar nichts.

Ganz allgemeine Wünsche

Freilich: Ein Großteil der Wünsche der Bürgerschaft war allgemeiner Natur und bezog sich auf das gesamte Stadtgebiet – die Oberen Neckarvororte sind also nicht außen vor. Sie betrafen vor allem den Öffentlichen Nahverkehr – hier wurde beispielsweise der Ruf nach neuen und günstigeren Ticketangeboten sowie besseren Verkehrsanbindungen geäußert. Besonders viele Vorschläge hatten die Stuttgarter Bäder, die Gestaltung des Neckarufers, den Ausbau des Radverkehrs, die Sanierung von Schulgebäuden, die Schaffung von mehr Stadtgrün und Wohnraum zum Inhalt.

Der Grund für die „magere Ausbeute“ ist wohl die eher bescheidene Bürgerbeteiligung in den Oberen Neckarvororten. Nur etwa jeder 15. der insgesamt 40 620 Teilnehmer kam aus einem der vier Stadtbezirke. Bezogen auf den Anteil an der Einwohnerzahl waren Sillenbuch (18,3 Prozent) und Plieningen (11,2 Prozent) einsame Spitze. Untertürkheim (676 Teilnehmer) weist eine Beteiligungsquote von gerade mal 4,0 Prozent auf, Wangen (543) von 5,8 Prozent, Obertürkheim (570) von 6,5 Prozent und Hedelfingen (801) von 7,8 Prozent. Immerhin: Im Vergleich mit 2017 konnte zumindest in Wangen und Untertürkheim die Beteiligung leicht gesteigert werden. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Liste mit lokalen Wünschen, die von den Teilnehmern konkret den vier Stadtbezirken zugeordnet wurden, eher kurz ausfällt. Die meisten der insgesamt 2901 Wünsche, nämlich 210, betrafen Bad Cannstatt, gefolgt von Mitte (185), Vaihingen (170), West (138) und Süd (133). Für Untertürkheim waren es nur 62, für Wangen und Hedelfingen jeweils 30 und Obertürkheim gerade mal 18.

Sind die Bewohner der Oberen Neckarvororte nahezu wunschlos glücklich? Oder erreicht sie die Stadt mit dieser Form der Bürgerbeteiligung schlichtweg nicht? Auch diese Fragen werden nun von der Verwaltung analysiert.