Die Profiklubs der Fußball-Bundesliga und 2. Liga haben sich im Dezember 2023 für den Einstieg eines Investors entschieden. Foto: IMAGO / Eibner

Aktuell halten die Proteste gegen den Einstieg von Investoren bei der DFL die Bundesliga auf Trab - dabei stimmten die Fußball-Profiklubs im Dezember mit  knapper Mehrheit für den Einstieg. Wie die Clubs votiert haben.

Der Streit um den Investoren-Deal der Deutschen Fußball Liga (DFL) in der Fußball-Bundesliga eskaliert aktuell immer weiter. Jedes Wochenende sorgen Fans in vielen Stadien der Ersten und Zweiten Liga gewollt für Unterbrechungen, indem sie Gegenstände wie Tennisbälle oder Schokotaler auf den Rasen werfen. Bis diese dann wieder weggeräumt sind, ruht der Ball. Am vergangenen Wochenende stand das Spiel zwischen Union Berlin und dem VfL Wolfsburg (1:0) deswegen kurz vor dem Abbruch. Erst die "letzte Warnung" über die Stadionlautsprecher bremste den Protest. Klub-Vertreter fordern einen Dialog und eine Lösung.

Abstimmung zu Milliarden-Deal im vergangenen Dezember 

Hintergrund der Proteste ist der seit Monaten schwelende Widerstand einiger Fangruppen gegen den Einstieg eines Investors bei der DFL. Im Dezember des vergangenen Jahres erhielt die DFL-Spitze um die beiden Geschäftsführer Steffen Merkel und Marc Lenz bei der Mitgliederversammlung in Frankfurt am Main das Mandat, Verhandlungen für eine strategische Partnerschaft mit einem externen Investor aufzunehmen. 

Möglich war das, weil bei der Versammlung der 36 Erst- und Zweitligisten insgesamt 24 Vereine zustimmten – was gerade so für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit reichte. 10 Clubs stimmten mit „Nein“, zudem gab es zwei Enthaltungen. Martin Kind, Geschäftsführer der Profiabteilung von Hannover 96, spielt dabei eine zentrale Rolle. Er soll entgegen der Anweisung seines Vereins dafür gestimmt haben. Ohne Kinds Stimme wäre der Deal gescheitert. Aber welcher Club hat damals wie abgestimmt?

Öffentliche Zustimmung

Die Abstimmung bei der DFL-Mitgliederversammlung war geheim abgehalten worden. Allerdings gibt es einige Clubs, die in der Vergangenheit bereits öffentlich ihre Zustimmung beziehungsweise Ablehnung für den Einstieg eines Investors geäußert haben. Öffentliche Zustimmung kam von folgenden Vereinen:

  • Bayern München
  • RB Leipzig
  • Borussia Dortmund
  • Bayer Leverkusen
  • 1. FC Heidenheim
  • VfL Wolfsburg
  • Hansa Rostock
  • Borussia Mönchengladbach
  • Werder Bremen
  • Eintracht Frankfurt
  • VfL Bochum
  • Mainz 05
  • Hamburger SV
  • SC Paderborn
  • SpVgg Greuther Fürth
  • Schalke 04
  • Darmstadt 98
  • Karlsruher SC
  • TSG Hoffenheim
  • VfB Stuttgart

Auch der VfB Stuttgart, der durch den Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle in Frankfurt vertreten war, änderte seine Meinung. Im Mai war ein erster Vorstoß noch am Veto der Mehrheit der Vereine gescheitert. Damals sah man in Stuttgart noch zu viele ungeklärte Fragen, unter anderem, nach welchen Kriterien das frisch erlöste Geld verteilt werden soll. „Seitdem sind jedoch sämtliche kritischen Punkte, die aus Sicht des VfB gegen den damaligen Vorschlag sprachen, angemessen berücksichtigt und angepasst worden“, teilte der Club im Dezember mit.

Stuttgarter Fans mit Banner: Schluss mit dem Vermarktungswahn - nein zu Investoren Foto: Pressefoto Baumann/Hansjürgen Britsch

Insbesondere gehe es dem VfB darum, „eine solidarisch finanzierte Wachstumsstrategie für die 1. und 2. Bundesliga einzuschlagen, die keine weitere Öffnung der wirtschaftlichen Schere zwischen den Clubs bedeutet“, hieß es damals in der Vereinsmitteilung weiter. „Diese Möglichkeit besteht mit dem vorgelegten Antrag.“

Von Stuttgarts baden-württembergischem Nachbarn – der TSG 1899 Hoffenheim – kam ebenfalls Zustimmung. „Wir als TSG Hoffenheim bewerten das Ergebnis positiv und sehen es als wichtig an, die Bundesliga gerade mit Blick auf die Vermarktung, Internationalisierung und mediale Inhalte weiterzuentwickeln“, sagte Geschäftsführer Denni Strich ebenfalls im Dezember in einer Clubmitteilung. „Das knappe Ergebnis zeigt aber auch, dass dabei sensibel vorgegangen werden muss.“

Wie der VfB änderte auch der Karlsruher Sport Club (KSC) seine Meinung zum Einstieg eines Investors. Ausschlaggebend dafür sei gewesen, dass „zwei Hauptkritikpunkte“ ausgeräumt worden sein. In einer Mitteilung des KSC heißt es damals: „Hierbei ging es zum einen darum, dass zum damaligen Zeitpunkt noch keine Entscheidung über die zukünftige Geschäftsführung der DFL getroffen wurde. Zum anderen sah die ursprüngliche Planung eine Ausschüttung von finanziellen Mitteln zur freien Verfügung, also ohne Zweckbindung an die Clubs, vor.“

Öffentliche Ablehnung

Eine öffentliche Ablehnung kam von neun Fußballclubs:

  • 1. FC Köln
  • SC Freiburg
  • FC St. Pauli
  • Fortuna Düsseldorf
  • 1. FC Nürnberg
  • Eintracht Braunschweig
  • 1. FC Magdeburg
  • Hertha BSC
  • 1. FC Union Berlin

Union Berlins Präsident Dirk Zingler sagte in einem Statement des Vereins auf X (ehemals Twitter), man habe die eigene Position ausführlich dargelegt „und heute gegen den Antrag gestimmt“.

Zingler hatte im Dezember in einem Schreiben an die DFL und die anderen 35 Profi-Clubs eine Verschiebung der Abstimmung über einen Investoren-Einstieg gefordert und scharfe Kritik am Verhalten anderer Clubs geübt.

Auch Lokalkonkurrent Hertha BSC votierte bei der Abstimmung mit „Nein“. Man hätte sich gewünscht, dass der Prozess ganzheitlich betrachtet werde, „von der Infrastruktur bis hin zur Nachhaltigkeit“, heißt es in einem Statement des Vereins auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Zwei Enthaltungen

Enthalten wollte sich der VfL Osnabrück. Wie die Niedersachsen Anfang Dezember mitteilten, sprachen sich der „Beirat sowie das Präsidium nach langen Beratungen und einer intensiven Abwägung beider Seiten für eine Enthaltung bei der Abstimmung aus“. Die Geschäftsführung des VfL werde dieser Empfehlung in der Versammlung folgen, hieß es.

Der FC Augsburg hat sich bereits öffentlich zu seiner Enthaltung geäußert. Dessen Geschäftsführer Michael Ströll sagte zur Abstimmung gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“, es gehe hier um eine weitreichende, strategische Entscheidung über die nächsten 20 Jahre, die erhebliche Relevanz für den deutschen Fußball habe. Und weiter: „Aus vorgenannten Gründen haben wir uns enthalten, da wir ein klares Votum nur mit der dafür nötigen Sorgfalt und Verantwortung treffen können.“ Der Verein habe sich unter anderem wegen des Wunschs nach einer breiteren und längeren Diskussion enthalten.

Unklarheit bei Hannover 96

Eine gewisse Unklarheit, wie abgestimmt wurde, besteht beim Zweitligisten Hannover 96: Der Mutterverein Hannover 96 hatte den Geschäftsführer der ausgelagerten KGaA, Martin Kind, nämlich zuvor angewiesen, bei der Abstimmung mit „Nein“ zu votieren. Allerdings gilt Kind als Befürworter des Investoren-Einstiegs und soll auch dafür gestimmt haben. Er legte bislang nicht offen, wie er abgestimmt hat.

Noch keine öffentliche Äußerung

Öffentlich noch nicht zum Abstimmungsverhalten geäußert haben sich bislang folgende Vereine:

  • SV Wehen Wiesbaden
  • SV Elversberg
  • 1. FC Kaiserslautern 
  • Holstein Kiel

Worum geht es bei dem Deal überhaupt?

Der neue Plan sieht vor, sechs bis acht Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben.

Im Idealfall gehen 600 Millionen an die DFL-Zentralverwaltung zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells (Digitalisierung, Streamingplattform usw.). 300 Millionen erhalten gemäß des gültigen Verteilerschlüssels die Clubs, um die zunächst entstehenden Medien-Mindereinnahmen auszugleichen. Mit den restlichen 100 Millionen soll ein Vergütungssystem geschaffen werden, das die Clubs belohnt, die zu Werbezwecken ins Ausland reisen.

Es soll vier bis sechs interessierte Geldgeber aus dem sogenannten „Private-Equity-Bereich“ geben. Es handelt sich dabei um Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die auf Beteiligungsformen spezialisiert sind. Jüngst hatte sich der US-Finanzinvestor Blackstone aus dem Bieterprozess für die Medienrechte der Fußball-Bundesliga zurückgezogen. "Aus verschiedenen Gründen" komme das Unternehmen Blackstone "nicht mehr als strategischer Vermarktungspartner der Bundesliga und 2. Bundesliga infrage", hieß es in einem DFL-Statement. Die DFL bestätigte zudem, dass nur noch die Beteiligungsgesellschaft CVC als letzter Anwärter auf eine prozentuale Beteiligung an einer Tochtergesellschaft zur Verwertung der Medienrechte bereitstehe. "Der weitere Prozess wird im vorgesehenen Zeitplan mit CVC fortgeführt", hieß es. 

Wie stehen Fans zu dem Milliardendeal?

Die Mehrheit lehnt den Einstieg eines Investors ab - wie die aktuellen Proteste zeigen. Die meisten Fans befürchten eine intensive Einflussnahme des Investors und damit eine Wettbewerbsverzerrung.  Zudem eine weitere Zerstückelung des Spieltags, die Austragung von Spielen im Ausland sowie eine Beschädigung der 50+1-Regel.

Viele Club-Vertreter fordern einen Dialog und eine Lösung. Und vor allem: eine Neuabstimmung in der Investoren-Frage. Unter anderem VfB-Präsident Claus Vogt – allerdings nicht in offizieller Funktion – sprach sich jüngst für eine erneute Abstimmung aus. 

Ähnlich haben sich auch Vertreter der Hauptstadtclubs Union Berlin und Hertha BSC geäußert. Auch der Karlsruher SC befürwortet "ganz klar" eine neue Abstimmung. "Bei einer so wichtigen und langfristigen Entscheidung dürfen keine Zweifel aufkommen, ob die demokratische Meinungsbildung korrekt zustande gekommen ist", sagte Geschäftsführer Michael Becker kürzlich laut einer Mitteilung des badischen Fußball-Zweitligisten.

DFL-Präsidiumsmitglied Axel Hellmann hatte den Forderungen auch nach etlichen Protesten eine Abfuhr erteilt. „Keiner der 36 Vereine hat während der Anfechtungsfrist eine Schrift eingereicht, wonach die Abstimmung nicht rechtswirksam gewesen ist. Es hat auch keiner der 36 Vereine widersprochen, als es um die geheime Abstimmung ging. Wir müssen das Votum der Clubs ernst nehmen“, forderte der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt unter anderem. 

In der vergangenen Woche hat die DFL Nun offenbar Fanvertreter zu einem Gespräch eingeladen – das lehnen die Fans jedoch ab. In einer gemeinsamen Stellungnahme, das von fünf Fan-Zusammenschlüssen unterzeichnet ist, heißt es dazu unter anderem: Das Ziel der DFL sei es nur, erneut zu „erklären, was der Investoren-Deal bedeutet und was nicht. Zweitens Fanvertreter*innen nahezulegen, die Proteste in den Kurven nicht weiter „eskalieren“ zu lassen. Keine Zeile zur Kritik am Zustandekommen des Abstimmungsergebnisses. Keine Zeile dazu, dass damit 50+1 in seinen Grundfesten erschüttert wird. Keine Zeile dazu, wie die DFL auf die Kritiker*innen zugehen will.“