Quelle: Unbekannt

Von Sabrina Erben

Stuttgart - Als Kolben-Mahle will man schon lange nicht mehr bezeichnet werden. Ziel des Stuttgarter Konzerns ist es, unabhängiger vom Verbrennungsmotor zu werden. Für den Wandel in der Automobilbranche möchte man rechtzeitig die Weichen stellen. Statt Kolben heißt das Zauberwort Elektromobilität. „Vor sechs Jahren waren wir quasi zu 100 Prozent vom Verbrennungsmotor abhängig, heute sind es unter 50 Prozent“, sagt Mahle-Chef Wolf-Henning Scheider (Foto) bei der Vorstellung der Geschäftszahlen gestern in Stuttgart. Bis 2030 soll der Anteil auf ein Drittel sinken.

Der Mahle-Konzern erfindet sich neu, der Wandel hat allerdings Folgen: Die vielen Zukäufe aus den vergangenen Jahren und die daraus resultierenden Abschreibungen haben unter anderem das Ergebnis 2016 belastet. Der Jahresüberschuss halbierte sich im Vergleich zum Vorjahr auf 63 Millionen Euro. „Damit sind wir natürlich nicht zufrieden“, sagt Scheider. Der Vorsitzende der Mahle-Geschäftsführung - seit 2015 an der Spitze des Unternehmens - treibt den Umbau der Produktpalette weiter voran. Seit 2014 hat Mahle unter anderem den slowenischen Elektromotorhersteller Letrika, die Klimaanlagensparte des US-Konzerns Delphi und die japanische Elektromotorfirma Kokusan Denki übernommen. Anfang März wurde angekündigt, den Elektronikspezialisten Nagares übernehmen zu wollen. „Wir erschließen uns zusätzliche Kompetenzen für die Elektromobilität.“ Das spanische Unternehmen liefert Elektronik für Antriebe sowie Batterie - und Ladetechnik. Die Zukäufe wirken sich auch auf den Umsatz aus: Mahle hat im Geschäftsjahr 2016 seine Erlöse um sieben Prozent auf 12,3 Milliarden Euro gesteigert. Das organische Wachstum - also ohne die Zukäufe - betrug 3,4 Prozent. Der Umsatz des neue Geschäftsfeldes Mechatronik steigerte sich um 16 Prozent auf 374 Millionen Euro.

Noch ist man allerdings vom normalen Motor abhängig: „Elektromobilität ist die Zukunft, die Frage ist bloß: Wann wird das sein?“, sagt Scheider. Mahle fährt deshalb eine Doppel-Strategie. Auf der einen Seite möchte das Unternehmen die Produkte rund um den Verbrennungsmotor weiter optimieren, auf der anderen Seite werden intensiv Produkte für die Elektromobilität entwickelt. Auch Motoren für Pedelecs entwickelt Mahle. „Der Bedarf für Komponenten und Systeme für den Verbrennungsmotor wird allerdings weiter steigen“, sagt der Mahle-Chef und begründet das unter anderem mit der steigenden Anzahl von Hybridfahrzeugen.

Kaufen und Verkaufen

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung wurden erhöht, „um neue Produktsegmente zu erschließen“, sagt Scheider. 750 Millionen Euro gab Mahle 2016 für die Forschung aus, 100 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Auch die Anzahl der Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung habe sich auf 6000 Beschäftigte in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt.

Doch es wird nicht nur zugekauft, sondern auch verkauft. Im Oktober veräußerte Mahle das Industriefiltrationsgeschäft in Öhringen, sowie zwei Schmiedewerke im nordrhein-westfälischen Plettenberg und im sächsischen Roßwein. Zudem will Mahle das Gemeinschaftsunternehmen Bosch Mahle Turbo Systems veräußern. „Wir trennen uns von Unternehmensanteilen, in denen wir keine weltmarktführende Position erreichen können“, erklärt Scheider die Strategie des Konzerns. In Deutschland geht der Personalchef Michael Glowatzki von einer stabilen Beschäftigungssituation aus. Eine Beschäftigungssicherung für Deutschland schließt betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2019 aus.

Mit Prognosen für das Jahr 2017 ist der Mahle-Chef noch sehr zurückhaltend: „Die politischen Unsicherheiten sind so groß wie schon lange nicht mehr“, sagt Scheider. Sorge bereiten die Tendenzen zu Handelsschranken und Protektionismus. „Mahle setze daher seinen Kurs fort, den Umsatz auf die Kernmärkte Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien/Pazifik gleichmäßig zu verteilen.“ Die Präsenz in Asien soll weiter ausgebaut werden. Im Mai wird in China ein neues Werk für Klimakompressoren in eröffnet.

Mahle in zahlen

Die Gesamterlöse des Mahkle-Konzerns stiegen 2016 um 7,3 Prozent auf 12,3 Milliarden Euro.

Der Jahresüberschuss sank von 122 Millionen Euro auf 63 Millionen Euro im Jahr 2016.

Die F&E-Aufwendungen betrugen 750 Millionen Euro, einer Steigerung um 100 Millionen Euro. Das entspricht einer Quote von 6,1 Prozent.

Die Eigenkapitalquote betrug 2016 33,9 Prozent nach 34 Prozent im Jahr 2015.

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank 2016 um 7,5 Prozent auf 473 Millionen Euro.

Der Stuttgarter Autozulieferer beschäftigte im Jahr 2016 weltweit rund 77 000 Mitarbeiter, das sind 1,3 Prozent mehr als im Vorjahr. In Deutschland arbeiteten 13 803 Frauen und Männer.