Um politischen Austausch in der Stadt zu fördern, will Roland Müller die Parteien für die Stadtgespräche in den Bürgertreff holen. . Foto: Jürgen Bach

Vor zwei Jahren ist der Bürgertreff ins Lindeareal in Weil der Stadt eingezogen – und dient seitdem als Ort des offenen Austauschs. Mit der neuen Veranstaltungsreihe „Stadtgespräch“ wird es wieder politisch.

Eine Plattform für engagierte Bürger, ein Ort der Begegnung für eine ungezwungene Tasse Kaffee und ein Pläuschchen, Veranstaltungsfläche für Einzelpersonen und Vereine sollte der Bürgertreff in Weil der Stadt bei seiner Eröffnung vor zwei Jahren werden. Ist er das geworden? „Es entwickelt sich gut“, findet Roland Müller, Sprecher des Bürgertreffs. „Und es kann sich gerne weiterentwickeln. Da geht noch mehr“, ist er überzeugt.

Jahrelange hatte der Bürgertreff – die Idee dazu war im Jahr 2016 bei einer Zukunftswerkstatt der Stadt entstanden – nach einer Wirkungsstätte gesucht. Gefunden hat er sie schließlich in einem Neubau von Atrio, einem diakonischen Unternehmensverbunds aus Leonberg, in der Weiler Kernstadt, in dem es auch stationäre Wohnplätze für Menschen mit und ohne Behinderung gibt. Seit nunmehr zwei Jahren hat der Bürgertreff im Erdgeschoss des Gebäudes viermal die Woche regulär geöffnet, hier kann Zeitung gelesen oder die Wechselausstellungen an den Wänden können begutachtet werden. Das machen die Besucher oft mit Regelmäßigkeit: Alle zwei Wochen etwa würde eine Gruppe Frauen nach dem gemeinsamen Spaziergang hier vorbeikommen.

Jeder kann eine Veranstaltung anbieten

Teil des Konzeptes ist nach wie vor, dass nicht nur Vereine, Parteien und andere Institutionen die Räumlichkeiten nutzen können, sondern auch Einzelpersonen, die ein eigenes Programm oder eine Veranstaltung organisieren wollen. „Wir wollen Menschen gewinnen, die freiwillig etwas für die Stadt machen möchten“, sagt Müller. Deshalb ist die Nutzung der Räumlichkeiten auch in jedem Fall kostenlos. Lediglich der Kaffee kostet 1,50 Euro.

Und das wurde bisher auch gut angenommen. Rund 30 Vereine und Gruppen nutzen den Bürgertreff inzwischen. Elternbeiräte versammeln sich hier ebenso wie der AK Asyl, der Schwarzwald- und Heimatverein oder die Manufaktur, der französische Stammtisch findet in den Räumlichkeiten statt, es gibt eine Demenz- und eine Trauergruppe. „Auch die Kinderuni und Fridays for Future waren schon hier“, erzählt Müller. Der Belegungsplan kann online eingesehen werden – in dem Kalender steht inzwischen fast jeden Tag ein Eintrag. Zwei bis dreimal im Jahr gibt es zudem eine Zukunftswerkstatt im Bürgertreff, bei der auch immer wieder neue Ideen für die Nutzung entstehen – etwa für ein Bücherregal, das inzwischen eingezogen ist, einen Vorlesesamstag oder ein Weißwurstfrühstück. Neu ist auch ein Strickcafé, das am 28. September erstmals stattfindet und dann an jedem letzten Donnerstag des Monats wiederholt werden soll.

Gefördert vom Land und der Stadt Weil der Stadt

Gefördert wird der Bürgertreff durch das Landesprogramm „Quartiersimpulse“, die Stadt übernimmt die Mietkosten. Trotzdem kann die Gruppe aus rund 25 Ehrenamtlichen ihren Bürgertreff ganz autark bespielen, sagt Müller. „Da redet uns niemand rein. Diese Selbstständigkeit ist schon ein Alleinstellungsmerkmal.“ Ein ganz ungewohntes Gesicht ist Bürgermeister Christian Walter aber trotzdem nicht im Bürgertreff. Zu Gast war er in der Vergangenheit bereits bei der Veranstaltungsreihe „Bürger treffen Politiker“, die Roland Müller gleich nach Einzug in die Räumlichkeiten ins Leben gerufen hatte. Auch Ende September ist er wieder da, dann zum Thema: „Drei Jahre im Amt – die Herausforderungen nehmen nicht ab“.

Auch mit Blick auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr startet im Bürgertreff eine weitere politische Veranstaltungsreihe – für Müller, der auch regelmäßiger Besucher in den Sitzungen des Gemeinderats ist, ist das ein besonderes Anliegen. Bei den „Stadtgesprächen“ sollen die Bürgerinnen und Bürger direkt mit ihren gewählten Kommunalvertretern ins Gespräch kommen können.

„Stadtgespräche“: Niedrigschwelliger Diskurs über Stadtpolitik

Zwar könnten Bürger, die sich in ihrer Heimat politisch engagieren wollen, auch zu den Fraktionssitzungen oder Gremiensitzungen gehen, aber da sei die Hemmschwelle natürlich viel größer, findet Müller. „Deshalb weg von den Parteien und rein in die Neutralität des Bürgertreffs.“

Eingeladen wurden zu den Stadtgesprächen alle im Gemeinderat vertretenen, demokratischen Parteien, sagt Müller. Ein festgelegtes Thema gibt es nicht, stattdessen soll die Veranstaltung als eine Art Stammtisch zum niedrigschwelligen Austausch zwischen Politik und Menschen dienen. Auch für die Parteien sei das, angesichts der anstehenden Wahlen, eine gute Plattform. Die Stadtgespräche sollen jeden dritten Samstag des Monats von 10 bis 12 Uhr im Bürgertreff stattfinden. Los geht es am 16. September.