Die Wartezeiten auf einen Termin im Bürgerbüro sind lang. Foto: /Edgar Rehberger

Ein 80 Jahre alter Cannstatter versteht die Welt nicht mehr. Um seinen neuen Ausweis im Bürgerbüro abzuholen, wurde ihm ein Termin im Juli angeboten – in acht Wochen. „Bürgerservice geht auch anders.“

Bad Cannstatt - Rolf Schmidt ist genervt und sauer. „Ich wusste gar nicht, wie unwichtig ein gültiger Personalausweis ist“, sagt der 80-Jährige voller Sarkasmus. Was er in den vergangenen Wochen erlebt hat, kann er immer noch nicht recht begreifen. „Wie mit einem im Bürgerbüro umgegangen wird, ist eine Frechheit.“ Was ist passiert?

Seit Februar mit dem Thema beschäftigt

Im Februar bemerkte der Cannstatter, dass sein Personalausweis demnächst abläuft. Er ging ins Bürgerbüro Bad Cannstatt am Marktplatz, wo ihm für die Antragstellung ein Termin in knapp zwei Monaten zugewiesen wurde. Da er nicht wusste, dass inzwischen ein spezielles Passbild benötigt wird, bekam er am vereinbarten Tag einen neuen Termin – vier Wochen später. Da konnte er den Antrag abschließen. Wieder vier Wochen später erhielt er Post aus Berlin: „Ihr Ausweis ist da.“ Mit der dazugehörigen PIN und PUK. Inzwischen war der Mai angebrochen. Er rief freudig im Bürgerbüro Bad Cannstatt– und fiel aus allen Wolken. Er könne seinen Ausweis im Juli abholen. Weitere acht Wochen warten, nur um den Personalausweis abzuholen?

Am Telefon abgewürgt

Geschockt rief er einen Tag später wieder an, er wolle das Dokument doch nur abholen. Hingehen, entgegennehmen, unterschreiben, fertig. Dies dauere doch keine zwei Minuten. „Dann wurde mir der 29. Juni als Abholtermin angeboten. Auf meine Frage, in welchem Jahr, wurde einfach aufgelegt.“ Danach kam er telefonisch nicht mehr durch. Zwischenzeitlich hat seine Frau per Internet einen Termin vereinbart. „Kommende Woche kann ich meinen neuen Personalausweis abholen.“ Sein Ärger ist noch nicht verraucht. „Das ist alles andere als Bürgerservice.“ Seit Februar sei er mit dem Thema befasst.

„Die Corona-Pandemie macht auch vor unseren Bürgerbüros nicht halt“, so eine Sprecherin des Rathauses. Der Infektionsschutz habe zur Folge, dass besondere Maßnahmen zur Steuerung des Kundenverkehrs notwendig seien. „Wir versuchen, Einschränkungen gering zu halten. Dennoch kommt es pandemiebedingt auch in den Bürgerbüros zu Wartezeiten. Abholungen sind nach Absprache möglich.“ Grundsätzlich gelte: Termine zur Abholung werden nach Verfügbarkeit vergeben. „Aktuell sind die Terminkalender der Bürgerbüros bis Ende Juni ausgebucht.“ Und: „Reisepässe, die schnell gebraucht werden, werden auch schnell ausgehändigt, sofern sie fertiggestellt sind. Individuelle Termine für Ausnahmefälle könnten jederzeit vereinbart werden.

Im Terminkalender geirrt

„Im konkreten Fall hat sich die Mitarbeiterin im Terminkalender geirrt und zunächst einen Termin im Juli angeboten“, beschreibt Beate Wiesner, die Leiterin des Bürgerbüros. Die Einschränkung der Kundenbedienung nur mit Terminen sei nicht optimal. Für Kunden und Mitarbeiter sei der zusätzliche Aufwand für das Terminmanagement sehr zeitaufwändig und belastend, vor allem, weil der beim Betrieb mit Laufkundschaft gewohnte Output und Service nicht erreicht werden kann. „Bei den Kunden führt dies zunehmend zu Verärgerung, auch zu unmütigen Äußerungen und pauschalen Beleidigungen. Persönliche Beleidigungen bleiben glücklicherweise auf ganz wenige Einzelfälle beschränkt.“