Ludwigsburg lockt jedes Jahr viele Touristen in die Stadt – aber wie wohl fühlen sich die Ludwigsburger selbst? Foto: Jürgen Bach

Die Stadt Ludwigsburg hat mit ihrer Umfrage einen Schatz gehoben. Sie sollte anderen Kommunen ein Vorbild sein.

Stolze 50 000 Euro hat sich die Stadt Ludwigsburg die Bürgerumfrage kosten lassen. Sie soll den Akteuren in Verwaltung und Gemeinderat in den kommenden Monaten und Jahren als Entscheidungsgrundlage dienen. 50 000 Euro – da mag der ein oder andere schlucken. In der Tat ist es eine Stange Geld. Gerade in Zeiten, in denen die kommunalen Haushalte auf Kante genäht sind – nicht nur, aber auch weil Bund und Land die Städte und Gemeinden im Regen stehen lassen. Bei der Unterbringung Geflüchteter etwa.

Doch die 50 000 Euro sind gut investiert. Die Ergebnisse, die jetzt auf dem Tisch liegen, sind ein wahrer Schatz. Ein Schatz, den jede Kommune für sich heben sollte. Die wissenschaftlich fundierte, repräsentative Studie zeichnet ein Bild der Stadt im Großen und der Stadtteile im Kleinen – über alle Generationen, alle Schichten und alle Bevölkerungsgruppen hinweg.

Junge Leute vermissen Freizeitangebote

Die groß angelegte Umfrage ist ein wichtiges Werkzeug aus dem Instrumentenkoffer der Bürgerbeteiligung. Nachfragen, hinhören, aber dann bitteschön auch ernstnehmen. Vor allem die kritischen Töne, die es bei allen positiven Rückmeldungen der befragten Ludwigsburger auch gibt.

Etwa die der jungen Generation, der es an Plätzen zum Feiern, zum Chillen und an kulturellen ebenso wie an sportlichen Angeboten fehlt. Ludwigsburg hat einiges im Freizeitbereich zu bieten, das Programm spricht aber offenbar eher das ältere Publikum an. Die Jüngeren sind unzufrieden. Das muss ernstgenommen werden, ohne in unüberlegten Aktionismus zu verfallen. Wobei man sich den eh nicht leisten kann.

Erfreulich sind auch die guten Noten für das soziale Klima in der Stadt. Man kennt sich, man hilft sich, man sieht die gesellschaftliche Vielfalt als Gewinn. Allerdings sehen viele Nachholbedarf bei der Integration von Menschen aus dem Ausland, die in Ludwigsburg leben. Hier muss die Stadt noch zulegen und sich noch mehr als bisher für die Akzeptanz verschiedener Bevölkerungsgruppen einsetzen. Mehr denn je.

Aufhorchen lässt aber noch etwas anderes. Gut jeder fünfte Ludwigsburger hat schon einmal Diskriminierung im persönlichen Umfeld oder aber selbst erlebt. Vor allem Jüngere sind betroffen. Die meisten wurden wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer Herkunft aus einem anderen Land diskriminiert. Aber auch die Religion oder das Geschlecht sind Ursachen von Benachteiligungen. Bei Frauen ist das wesentlich häufiger der Fall als bei Männern. Vermutlich wird in der Barockstadt nicht mehr gemobbt und gedemütigt als in vergleichbaren Städten. Eine heile Welt gibt es nirgendwo. Umso wichtiger ist es, die gesellschaftliche Schieflage ernstzunehmen. So wie es jetzt generell darum geht, die Ergebnisse der Bürgerumfrage ernstzunehmen. Sonst wären die 50 000 Euro an anderer Stelle besser eingesetzt gewesen.