Für dieses Wohnhaus in Trallong, Großbritannien, wurden ausschließlich natürliche Materialien aus der Region verwendet. Foto: Feilden_Fowles_Ty_Pren/©DavidGrandorge

Architektur und Klima sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden. Ein bildstarkes Buch zeigt auf, wie ohne viel teure Technik umweltschonend gute Architektur entsteht.

Rechnet man die CO2-Emissionen aus der Herstellung all des verbauten Baumaterials zusammen, macht allein der Gebäudesektor mehr als ein Drittel des weltweiten CO2-Ausstoßes aus. Das bedeutet allerdings auch, dass Architektur bei der Anpassung an den Klimawandel helfen oder sie behindern kann.

Mangel an bezahlbarem Wohnraum

Spürbar wird das jetzt schon durch die aktuelle Energiekrise und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, die gepaart mit den steigenden Baukosten nachhaltigen, sparsamen Bauweisen eine neue Dringlichkeit verschaffen. Die Politik fordert und fördert dementsprechend Projekte, die auf den ersten Blick ökologisch erscheinen.

Um Kosten zu sparen, werden zunehmend ältere Häuser gedämmt, Fenster ausgetauscht, Heizungen modernisiert. Neubauten werden unter anderem mit Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Lüftungen mit Wärmerückgewinnung ausgestattet, damit sie als Energieeffizienzhäuser zertifiziert und mit Krediten gefördert werden.

Es stellt sich dennoch die Frage, ob da nicht ein Widerspruch besteht: Zwischen dem enormen Einsatz und Aufwand einer neuen Technologie und dem Anspruch einfacher und damit ressourcenschonender zu bauen. Wie nachhaltig ist es tatsächlich, wenn ich in ein Holzhaus mit Wänden aus gestampftem Lehm eine störanfällige Hightech-Heizungsanlage samt Alarmanlage und Videokameras integriere? Bedeutet mehr Technik auch wirklich immer mehr Fortschritt?

Mehr Dauerhaftigkeit

Sinnvolle Antworten liefert Edeltraud Haselsteiner in ihrem Buch „Robuste Architektur – Lowtech Design“. Darin macht sich die Architektin und Autorin für Dauerhaftigkeit statt Hightech stark. Neben einem ausführlichen Analyseteil enthält das Buch konkrete Strategien, wie das einfache Bauen gelingen kann. Und eine Erkenntnis lautet für Haselsteiner: Komplizierte Technologien können das Gegenteil bewirken – man spart nicht, sondern verbraucht noch mehr Energie.

Wichtig sei es, dass man das Problem ganzheitlich betrachtet, und nicht erst auf der Baustelle mit dem Rechnen anfängt, vielmehr sollte wesentlich mehr Wert auf den Herstellungsprozess der Materialien, die Haltbarkeit der Gebäude sowie die Lage und die Konstruktionsweise gelegt werden.

„Wird auf Technik verzichtet, sind die Planenden stärker gefordert, alternative Lösungen zu entwickeln“, schreibt die Architektin Haselsteiner. „Gebäudeform und -konzept in Wechselwirkung mit Klima und Standort werden zu den zentralen Herausforderungen eines nachhaltigen Planungskonzepts.“

Gelungene Beispiele für eine vorausschauende Miteinbeziehung der klimatischen Verhältnisse hat Haselsteiner mit großer Detailkenntnis in Bild und Wort zusammengetragen, darunter zählen etwa die Wohnhäuser in Bad Aibling, die von Florian Nagler Architekten entworfen und mit Hilfe der TU München als Forschungsprojekt realisiert wurden.

Altbau als Vorbild

Interessant bei diesem Lowtech-Vorhaben sind die Ergebnisse: Räume in Wohnungen funktionieren dann am besten, unabhängig von Materialeinsatz und Orientierung in der Landschaft, wenn sie den klassischen Geometrien von Altbauwohnungen entsprechen, also etwa drei Meter hohe Räume mit eine Grundfläche von circa sechs mal drei Meter sowie passenden Fenstergrößen. Lichteinlass, Energieverbrauch, Luftqualität – all diese Faktoren kann man optimieren und auf unnötige Technik verzichten. Weitere Projekte aus London, Kopenhagen, Utrecht und Basel werden in dem lesenswerten Buch ausführlich erklärt.

Info zum Buch

Robuste Architektur – Lowtech Design:
Edeltraud Haselsteiner. Edition Detail, 199 Seiten, 59,90 Euro. www.detail.de