Auch ohne Kapitänsbinde ist Marco Reus (li.) beim BVB eine wichtige Säule. Foto: AFP/INA FASSBENDER

fünf der 14 bisherigen Saisonspiele hat Borussia Dortmund mit 1:0 gewonnen – dank neuer Defensivstärke und Pragmatismus. Nun steht die ultimative Reifeprüfung im Schlagerspiel gegen den FC Bayern München an.

Manchmal sind es die ganz einfachen Gedanken, mit denen sich im Fußball Zuversicht erzeugen lässt. Fünf Jahre sind vergangen, seit Borussia Dortmund zuletzt ein Bundesligaspiel gegen den FC Bayern München gewinnen konnte, weshalb BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl sagt: „Es wird mal wieder Zeit.“ Zumal spätestens seit dem Pokal-Aus der Münchner in Saarbrücken klar ist, dass der Dauermeister wie schon in der vergangenen Saison Probleme hat, die nicht so einfach gelöst werden können.

Der viertplatzierte BVB (21 Punkte) geht mit dem Heimvorteil im Rücken als Favorit in die Partie zweier in der Liga diese Saison noch ungeschlagener Teams an diesem Samstag (18.30 Uhr). Denn der Kader der zweitplatzierten Münchner (23 Punkte) hat Schwächen, und der innere Frieden ist labil, während die Dortmunder große Fortschritte gemacht haben, was sich gut am neuen Lieblingsergebnis dieser Elf erkennen lässt.

Für Hans-Joachim Watzke ist ein 1:0 das „Königsergebnis“

Fünf der 14 bisherigen Saisonspiele hat der BVB mit 1:0 gewonnen – mit einem Ergebnis, das für Effizienz, Pragmatismus und Defensivstärke steht. Für genau jene Aspekte also, die in der Vergangenheit nicht zu den wichtigsten Qualitäten des Ensembles von Trainer Edin Terzic zählten. „Wir empfinden uns als ziemlich stabil“, sagt der Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, „für mich ist das Königsergebnis immer ein 1:0-Sieg, weil das ein Zeichen dafür ist, dass man eine Stabilität hat.“

Selbstverständlich ist Vorsicht geboten mit solchen Eindrücken und Serien, die sich im Fußball immer wieder als Täuschung entpuppt haben, was auch in diesem Fall passieren kann. Zumal die Dortmunder bislang in der Bundesliga eher gegen schwächer eingeschätzte Mannschaften gespielt haben, die Duelle mit den Spitzenteams aus München, Leverkusen und Leipzig stehen noch aus.

Die hierarchische Struktur des Teams wurde sinnvoll verändert

Und fußballerisch waren etliche Spiele keinesfalls meisterwürdig, was zunächst den Eindruck hinterließ, dass die Mannschaft nicht an die starke Rückrunde der vergangenen Saison anknüpfen würde. „Spielerisch können wir noch deutlich zulegen“, sagt Marco Reus, „aber am Ende ist es wichtig, dass du die Spiele gewinnst, und das machen wir momentan.“

Diese Effizienz und die dazugehörige Willensstärke als neues Element hat Terzic neulich nach dem 1:0-Erfolg gegen Werder Bremen zu einem prägnanten Leitmotiv erklärt: „Weniger sexy, mehr Erfolg.“ Dahinter ist sehr deutlich die Handschrift des Trainers erkennbar, der seit seinem ersten Arbeitstag als BVB-Chefcoach Seriosität nicht nur in den Spielen, sondern in jeder Trainingseinheit und auch in der Freizeit von seinen Spielern fordert. Das ist für jede Fußballmannschaft eine Herausforderung, die die Dortmunder derzeit aber ziemlich gut meistern. Auch, weil die hierarchische Struktur der Mannschaft sinnvoll verändert wurde. Marco Reus hat das Kapitänsamt abgegeben, und Mats Hummels ist aus dem Mannschaftsrat zurückgetreten; die beiden Routiniers wollten Entwicklungsräume für andere schaffen und sich verstärkt auf die eigene Leistung konzentrieren. In der Vergangenheit hatten Reus und Hummels bei Ihrer Führungsarbeit mit der Mannschaft nicht immer harmoniert, jetzt ist Emre Can Kapitän, „weil er mit allen gut kann“, hat Hummels zu Saisonbeginn im Podcast „Copa TS“ gesagt. „Es gibt immer Gruppen in Mannschaften, egal wo, das ist ganz normal. Emre ist von allen anerkannt, kann mit allen gut umgehen.“

Die Umverteilung von Verantwortung tut aber auch Julian Brandt gut, der jetzt dem Mannschaftsrat angehört und viel konstanter spielt, auch wenn er am Wochenende beim 3:3 in Frankfurt mal wieder mit einem unüberlegten Hackentrick ein Gegentor einleitete. Solche Momente sind jedoch selten geworden, genau wie bei Nico Schlotterbeck, der in diesen Wochen wahrscheinlich der formstärkste deutsche Innenverteidiger ist.

Edin Terzic warnt vor den wütenden Bayern

Seine reifste Leistung hat dieses charakterlich veränderte Team neulich beim Sieg in der Champions League bei Newcastle United hinbekommen, natürlich einem 1:0, von dem die Dortmunder auch viel Selbstvertrauen mitgebracht haben. Dass nicht nur Reus trotzdem das Gefühl hat, spielerisch noch viel Luft nach oben zu haben, nährt nun die Hoffnung auf eine weitere gute Saison.

Leute wie Sebastién Haller oder Karim Adeyemi spielen noch ein Stück schwächer als in ihrem besseren Dortmunder Zeiten, auch Ramy Bensebaini oder der zuletzt immer stärker wirkende Felix Nmecha haben Potenziale, die sich ziemlich schnell entwickeln könnten. „Ich möchte nicht jeden Tag darüber reden, dass wir Titel gewinnen wollen, sondern ich möchte es zeigen. In den Spielen sollen alle das Gefühl haben, das wir bereit sind, um Titel zu spielen“, sagt Trainer Terzic und mahnt: „Ich habe selten zwei schlechte Spiele, zwei schlechte Leistungen der Bayern hintereinander gesehen.“