In Berlin-Neukölln ist es auch in der Nacht zum Donnerstag zu Ausschreitungen gekommen. Foto: dpa/Paul Zinken

Der Regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner, gibt am Donnerstagmorgen eine Regierungserklärung mit klarer Botschaft ab: Die Politik steht zur jüdischen Gemeinschaft. Auf den Straßen Berlins kommt es die zweite Nacht hintereinander zu Krawallen.

Die zweite Nacht hintereinander ist es bei pro-palästinensischen Kundgebungen in Berlin zu Ausschreitungen gekommen. In Neukölln brannten in der Nacht zu Donnerstag mehrere Autos und ein Lastwagen, wie ein Sprecher des Berliner Lagezentrums der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Kurz vor 1.00 Uhr entspannte sich dort die Lage. Am Donnerstagmorgen will der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine Regierungserklärung zur Lage in Berlin mit dem Titel „Berlin hält zusammen - Gemeinsam für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus“ abgeben.

Nach einer Debatte der Abgeordneten will das Parlament zudem eine Resolution gegen Antisemitismus und Israel-Hass beschließen. Als Gäste nehmen der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Berlin an der Parlamentssitzung teil.

In Neukölln gab es bis in die Nacht zu Donnerstag Ausschreitungen. Die Stimmung in Neukölln war rund um die Sonnenallee sehr aufgeheizt. Die Polizei ging eigenen Angaben zufolge gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vor, die Mülltonnen, Reifen und Pyrotechnik anzündeten sowie mit Steinen, Flaschen und Brandsätzen warfen. Dabei wurden auch Polizeikräfte verletzt, sie blieben jedoch vorläufigen Angaben zufolge im Dienst. Wie viele Menschen am Abend in Neukölln demonstrierten und wie viele Polizeikräfte am Abend im Einsatz waren und wie viele von ihnen verletzt wurden, werde vermutlich erst am Donnerstag bekannt, sagte ein Polizeisprecher.

Ein dpa-Reporter sagte, in Neukölln hätten vier Autos und ein Kleintransporter gebrannt. Barrikaden, Mülltonnen und Autoreifen hätten in Flammen gestanden. Feuerwerkskörper seien gezündet, Böller und Steine auf Polizeiautos geschmissen worden. Auch seien antisemitische und pro-palästinensische Parolen skandiert worden.

In Berlin ist die Situation sehr angespannt

Auch vor dem Auswärtigen Amt hatten sich mehrere Hundert Menschen eingefunden, um gegen Gewalt in Nahost zu demonstrieren. Die Versammlung wurde laut Polizei jedoch direkt von der Veranstalterin beendet, weil sie keinen Einfluss auf die Teilnehmer gehabt habe. Ursprünglich waren demnach 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Eine Mahnwache, organisiert von Anwohnern nahe der Synagoge in der Brunnenstraße, wurde abgehalten. Es kamen nach Polizei- und Veranstalterangaben rund 50 bis 60 Menschen.

In Berlin, wo viele Juden und Palästinenser leben, ist die Situation sehr angespannt. Seit dem Angriff auf Israel kam es mehrfach zu pro-palästinensischen Demonstrationen, bei denen einige Teilnehmer die islamistische Hamas bejubelten. Die Polizei verbot mehrere Demonstrationen, so auch die am Mittwochabend. Die Synagoge in der Brunnenstraße war in der Nacht zum Mittwoch bei einem versuchten Brandanschlag mit Molotowcocktails beworfen worden.

Außenministerin Annalena Baerbock schrieb am Mittwochabend auf X, ehemals Twitter, es sei unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland Angst haben müssen, dass Davidsterne an Häuser gemalt würden und Feuer auf Synagogen geworfen werde. „Wir stellen uns dem mit aller Kraft des Staates und unserer Gesellschaft entgegen. Nie wieder ist jetzt.“

Ein Raketeneinschlag bei der Al-Ahli-Klinik im Gazastreifen mit möglicherweise Hunderten Toten löste vor allem in arabischen und islamischen Ländern große Wut aus. Dort und auch in Deutschland kam es zu anti-israelischen Demonstrationen. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde hatte dafür am Dienstagabend umgehend Israel verantwortlich gemacht, arabische Nachbarstaaten schlossen sich dem an. Israel wies dies entschieden zurück und sprach vom Einschlag einer verirrten Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Auch die US-Regierung hält Israel nach „derzeitiger Einschätzung“ nicht für verantwortlich.