Die vergangenen Monate haben den bereits angegriffenen Wald in Baden-Württemberg deutlich gestresst. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Hier eine Buche, dort eine junge Eiche, auch ein Ahorn steht in der Baumgruppe. Künftig zählt der Mix im baden-württembergischen Wald, um gegen den Klimawandel gerüstet zu sein. Das zeigt auch der neue Waldzustandsbericht. Dabei gibt es auch eine gute Nachricht.

Wenn Forstminister Peter Hauk durch den heimischen Wald im Bauland bei Adelsheim (Neckar-Odenwald-Kreis) joggt, kann er sich auf Schritt und Tritt ein Bild machen vom langsamen Verschwinden der Buchen und dem neuen Gesicht des Waldes. „Die alten Buchen dort sind in den letzten fünf Jahren alle verschwunden“, erzählt er. „Wenn man sieht, wie schnell das ging und wie rasch sie abgestorben sind, dann ist das schon erschreckend.“ An seiner Joggingstrecke ständen nun vor allem jüngere Buchen, aber auch gepflanzte Eichen und Bergahorn. „Das ist ein reiches Spektrum. Ein Mischwald, wie es ihn künftig häufiger geben wird“, sagt Hauk.

Die „gemischte Platte“, Nadel- und Laubholz, fremde und heimische Baumarten, das ist der Wald von morgen. Nicht mehr die gewaltigen aufgeforsteten Buchen- und Tannenwälder, sondern ein Mix aus den Baumarten, die es seit Jahrhunderten in Baden-Württemberg gibt, und neuen Arten, die nach den Erwartungen der Experten zum Beispiel die Dürre besser aushalten. „Der Wald der Zukunft wird ein Mischwald sein“, sagt Hauk.

Das scheint dringend nötig, denn auch die vergangenen Monate haben den bereits angegriffenen Wald in Baden-Württemberg deutlich gestresst. Trotz einer leichten Verschnaufpause durch Regen und kühlere Temperaturen im vergangenen Frühjahr warnt Hauk vor einem weiteren Absterben der Bäume und einer Zunahme von Schädlingen und Pilzen. Durch den teils noch feuchten Start ins Jahr und den Regen im späten Juli sowie im August hätten sich einige Baumarten zwar leicht erholen können, sagt der Minister. Hitze, Dürre und Schädlinge setzten dem Wald aber weiter deutlich zu. Die Schäden seien landesweit stark zu sehen, weitere würden folgen.

Der Forstminister warnt vor allzu viel Zuversicht angesichts der jüngsten Ergebnisse. „Diese leichte Regeneration der Wälder darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nadel- und Blattverluste der Bäume in Bezug auf den Langzeittrend seit dem Jahr 1985 weiterhin auf einem sehr hohen Niveau liegen“, sagt er bei einem Waldbesuch oberhalb von Stuttgart. Es sind nach wie vor 44 Prozent der Waldfläche im Land deutlich geschädigt, der Anteil ist nur leicht zurückgegangen, wie auch der am Donnerstag vorgelegte Waldzustandsbericht zeigt. „Es wird nicht besser werden, im Gegenteil, es wird eher schlechter“, sagt Hauk. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich der Gesundheitszustand der Bäume nicht erhöht.“

Unverändert stark leiden weiterhin die Baumarten Fichte und Buche, die zusammen deutlich mehr als die Hälfte der Waldfläche in Baden-Württemberg einnehmen. „Den Fichten setzen die Borkenkäfer stark zu“, sagt Hauk. Besonders betroffen waren zuletzt Kiefern und Tannen im Schwarzwald und im Nordosten des Landes.

Laut Bericht haben zudem rund 60 Prozent der Buchenflächen im Land deutliche Schäden, nur 11 Prozent werden als unbeschädigt eingestuft. Bei der Buche ist der Holzeinschlag sprunghaft gestiegen. Bereits Ende September lag der Wert der wegen Dürre geschlagenen Festmeter deutlich über der Summe von 2019. Buchen verlieren laut Bericht enorm viele Blätter als Folge der jüngsten Extremwetterjahre, sie leiden unter Pilzbefall und bilden im Stress zu viele Früchte aus, die sie belasten. „In den wärmsten Regionen des Landes werden ab dem Jahr 2050 klimatische Verhältnisse vorherrschen, die sich nicht mehr mit den Ansprüchen der Buche decken“, sagt Hauk. Die Baumart werde aber weiter eine wichtige Rolle spielen, wenngleich nicht landesweit.

Deutliche Verbesserungen beim Kronenzustand zeigen laut Bericht hingegen die Eiche, die Tanne, die Douglasie, die Kiefer und der Bergahorn. Das bringt Hauk wieder mehr oder weniger zu seiner Joggingstrecke. „Die aktive Waldpflege ist ein Schlüssel, um die Wälder besser an den Klimawandel anzupassen“, sagt er. „Es braucht die Eingriffe des Menschen, damit wir unsere Wälder pflegen.“ An stark gefährdeten Standorten werde das Land auf einen Mix aus anderen Baumarten setzen. „Die Anteile werden sich verändern, um das Risiko zu streuen.“

Die Forstkammer sieht das ähnlich: „Es gibt keine Pauschalrezepte“, sagt Geschäftsführer Jerg Hilt. „Jede Region ist anders und die Waldschäden sind auch regional unterschiedlich.“ Es gelte, Unterschiede anzuerkennen und dann zu schauen, mit welchen, eventuell auch neuen Baumarten wie Baumhasel und Zedern dem Wald mittel- und langfristig geholfen werden könne.

Das Problem bleibt allerdings: Ein Waldumbau dauert Jahrzehnte, die Klimakrise verschärft sich hingegen zunehmend. Waldbesitzer können den Umbau zudem nicht allein stemmen. Sie fahren wegen der Waldschäden schon jetzt hohe Verluste ein, der Holzverkauf bringt kaum noch Erlöse ein und dennoch brauchen sie Geld, um neue Baumgenerationen für den Wald von morgen zu pflanzen.